/ Kinderlos glücklich: Der Fortpflanzungs-Smalltalk und seine Tücken
Früher erfuhr man es durch das wohl effizienteste Überwachungssystem der Welt, nämlich Dorfbewohner und -bewohnerinnen auf der Fensterbank. Heutzutage übernehmen soziale Medien diesen Job: Wenn ein Baby geboren wird, dann nur ganz selten, ohne dass das Umfeld irgendwie Wind davon bekommt. So bevölkern Säuglinge nicht nur die Welt, sondern eben auch die News-Feeds im digitalen Raum. Meist folgen Glückwünsche, positive Kommentare und häufig, wie in Luxemburg üblich, sogar Geldspenden. Diese Teilhabe ist – in einem gesunden Ausmaß – unproblematisch. Jedoch gilt es, sich stets auf ein unumstößliches Faktum zu besinnen: Wenn jemand Kinder haben möchte, dann obliegt ihm oder ihr allein die Entscheidung, ob dieser Wunsch auch in die Tat umgesetzt wird. Hierbei hat die Entourage kein Mitspracherecht. Gleiches sollte indes auch für jene gelten, die diesen Schritt nicht gehen. Letzteres scheint trotzdem nicht jedem klar zu sein.
Nicht auf gesetzlicher, sondern auf gesellschaftlicher Ebene fühlt man sich ab und zu an eine Art westliche Umkehrung des chinesischen Ein-Kind-Modells erinnert. Während im Reich der Mitte verlangt wurde, sich auf einen Spross zu beschränken (um unter anderem Überbevölkerung zu vermeiden), hat man in Luxemburg nicht selten den Eindruck, man müsse als Frau doch wenigstens ein Kind in die Welt setzen, damit man nicht wider die angeblich eigene Natur handelt (und damit neue Menschen, die Renten finanzieren).
Wenn man beschließt, keine Kinder zu bekommen, obwohl man im gebärfähigen Alter (man lasse sich diesen Terminus einmal auf der Zunge zergehen und spucke dann bitte kräftig aus) ist, dann fallen spätestens um die 30 herum bei fast jeder Gelegenheit alles andere als lustige Fragerunden an, die nicht selten darauf hindeuten, dass man, wenn man sich gegen die bestehende Konvention entscheidet, nicht für voll genommen wird. Jedweden klaren Aussagen zum Trotz folgen oft Sätze wie „Du hast ja noch Zeit“, „Vielleicht überlegst du es dir noch“, „Du bist dir schon bewusst, dass …?“. Dass man die Entscheidung reichlich reflektiert hat und im Vollbesitz seiner geistigen Fähigkeiten beschließen kann, auch ohne (eigene) Kinder glücklich zu werden – diese Annahme liegt vielen Gesprächspartner(inne)n fern.
Das Problem, das sich hierbei stellt, ist nicht die Tatsache, dass grundverschiedene Lebensentwürfe vorherrschen können. Vielmehr ist es so, dass eine Entscheidung weitaus mehr gesellschaftliche Akzeptanz erfährt als die andere. Oder haben Sie etwa schon öfter Menschen gehört, die zu jemandem, der schwanger oder Elternteil geworden ist, gesagt hat: „War das die richtige Entscheidung?“ Oder um es mal zu überspitzen und das vorherige Beispiel in sein Extrem umzukehren: „Wäre es nicht vielleicht besser, du bekämst keine?“ Ganz unabhängig davon, ob man nun als Mann oder Frau Teil der Norm sein möchte oder nicht – solange es sich um den eigenen Körper und eine der wohl privatesten Entscheidungen in einem Leben handelt, hat niemand anderes als die betroffene Person selbst ein Recht, zu entscheiden. Und zwar ohne dass jemand seinen Senf dazugibt.
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Und das geht noch weiter … Sobald man offensichtlich aus dem „gebärfähigen Alter“ raus ist, kommen Bemerkungen wie: „Ach, ihr habt keine Kinder? Das tut mir aber leid.“ Es gibt auch andere Reaktionen, wie den traurigen, mitfühlenden Blick ohne Worte oder den Satz „naja, nicht jeder ist fähig, die richtigen Lebensentscheidungen zu treffen“. Solche Begegnungen hat man dann glücklicherweise nicht in den sozialen Medien, sondern bei der meist religiösen Verwandtschaft, der man dann möglichst aus dem Weg geht.
Was ist der Sinn und Zweck solch eines Gedankenanstoßes? Jeder darf ja wohl seine Meinung äußeren. Ich finde es schade das hier versucht wird einigenMenschen ihre Meinung zu verbieten.