Kamala Harris / Auf Kurs zur Kandidatur: Die Demokraten haben eine neue Hoffnungsträgerin
Die Rolle der neuen Hoffnungsträgerin hat Kamala Harris schnell angenommen. Sie werde alles dafür tun, um ihre Partei zusammenzuführen und „Donald Trump zu besiegen“, verkündete die 59-Jährige bereits am Sonntag kurz nach dem Verzicht von Präsident Joe Biden auf seine Kandidatur.
Noch ist die Vizepräsidentin zwar von den US-Demokraten nicht nominiert – aber ihre Chancen auf die Präsidentschaftskandidatur stehen bestens. Denn nicht nur, dass Biden selbst für seine Stellvertreterin als Kandidatin plädierte. Auch versammelten sich rasch weitere wichtige Unterstützer hinter ihr. Darunter waren die Gouverneure der Bundesstaaten Kalifornien und Pennsylvania, Gavin Newsom und Josh Shapiro, die bislang selbst als mögliche Ersatzkandidaten für Biden gehandelt worden waren.
Es kann also gut sein, dass sich die Partei rasch hinter Harris vereint – gesichert ist dies aber nicht, auch ein Konkurrenzkampf um die Kandidatur bleibt möglich. An der Festigung ihres Status als Hoffnungsträgerin muss Harris jedenfalls noch arbeiten. Ihre Umfragewerte sahen in den Wochen vor Bidens Verzicht nicht sonderlich gut aus. Die Washington Post errechnete, dass sie im Mittelwert 1,5 Prozentpunkte hinter dem Republikaner Trump lag und damit nicht wesentlich besser abschnitt als Biden.
Doch Harris tritt nun vollends aus dem Schatten des 81-jährigen Präsidenten heraus – womit sich die Chance verbindet, dass sie als Hoffnungsträgerin nicht zuletzt vieler weiblicher Wählerinnen rasch an Zugkraft gewinnt. Denn Harris kann nun das schaffen, woran vor acht Jahren noch Ex-Außenministerin Hillary Clinton dramatisch gegen Trump gescheitert war: als erste Frau an die Spitze der Vereinigten Staaten aufzusteigen.
Die Tochter von Einwanderern aus Jamaika und Indien könnte zudem als Identifikationsfigur für Minderheiten im Wahlkampf punkten. Schon in der Vergangenheit hatte sie Historisches geschafft: Sie war die erste Frau im Vizepräsidentenamt. Und sie war zuvor etwa auch schon die erste Frau auf dem Posten der Generalstaatsanwältin des Bundesstaats Kalifornien.
Verfechterin des Abtreibungsrechts
Als Vizepräsidentin galt die mit dem Anwalt Doug Emhoff verheiratete Harris allerdings lange als blasse und oft auch ungeschickt agierende Figur. Dies lag teils am Amt selbst, denn die Vizes haben es meist schwer, aus dem breiten Schatten des Präsidenten hervorzutreten. Harris stand sich aber auch wiederholt selbst im Weg, indem ihr Patzer in öffentlichen Auftritten unterliefen. Bereits in den vergangenen Monaten gewann sie dann aber im Wahlkampf deutlich an Statur.
So tourte Harris kreuz und quer durchs Land, um sich für ein liberales Abtreibungsrecht einzusetzen, und besuchte dabei auch als erste Nummer zwei des Staates eine Abtreibungsklinik. Die Demokraten setzen große Hoffnungen darauf, mit dem Thema bei den Wahlen im November punkten zu können, da die Abschaffung des landesweiten Rechts auf den Schwangerschaftsabbruch durch das konservativ dominierte Oberste Gericht im Jahr 2022 weiterhin für viel Empörung im Land sorgt.
Die Tochter einer Krebsforscherin aus Indien und eines Ökonomen aus Jamaika erzählt auch gerne immer wieder, dass sie bereits als Kind mit den Eltern an Demonstrationen für die Bürgerrechte teilnahm. Nach dem Jura-Abschluss legte Harris eine Laufbahn im Justizwesen ihres Heimatstaates Kalifornien hin und wurde 2010 zur Generalstaatsanwältin gewählt. In diesem Amt warfen ihr manche Kritiker allerdings einen überharten Kurs gegen Kleinkriminelle vor – auf Kosten von Minderheiten.
Loyale Stellvertreterin von Biden
Ihrem weiteren Aufstieg schadete dies nicht. 2016 wurde Harris in den US-Senat gewählt, drei Jahre später bewarb sie sich dann erstmals um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten. Damals sorgte sie mit einer harten Attacke auf Biden im Streit um die Diskriminierung von Afroamerikanern für Wirbel. Biden verzieh der frühzeitig gescheiterten Konkurrentin jedoch und rekrutierte sie als seine Vize.
Seither zeigte sich Harris als stets loyale Biden-Stellvertreterin. Auch in der heftigen Debatte der vergangenen Wochen um den geistigen Zustand des Präsidenten ließ sie nicht den kleinsten Riss in ihrer Loyalität erkennen – was ihr nun sicherlich im Nominierungsprozess von vielen Demokraten hoch angerechnet werden wird.
Harris muss derweil damit rechnen, dass sich der frisch zum republikanischen Präsidentschaftskandidaten gekürte Trump bald voll auf sie einschießen wird. Harris sei „so schlecht, sie ist so erbärmlich“, höhnte der Rechtspopulist bereits vor einigen Tagen.
Als einstige Strafverfolgerin dürfte Harris solche Attacken allerdings gut wegstecken können. Der im Schweigegeldprozess schuldig gesprochene 78-jährige Trump wird sich als erster strafrechtlich verurteilter Ex-US-Präsident seinerseits darauf einstellen müssen, dass Harris ihn mit ihrer ganzen Erfahrung als Ex-Generalstaatsanwältin in die Defensive zu bringen versuchen wird. (AFP)
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