Krieg in der Ukraine / Berichte von mindestens 5.000 Toten in Mariupol – erste Gegenangriffe bei Charkiw
Durch den russischen Angriffskrieg sind nach Angaben der ukrainischen Regierung allein in Mariupol mehr als 5.000 Menschen getötet worden. Der Kreml dämpfte derweil die Erwartungen an die anstehende Wiederaufnahme der Gespräche zwischen den beiden Kriegsparteien.
In Mariupol „wurden 5.000 Todesopfer beerdigt“, sagte die ukrainische Verantwortliche für Flüchtlingskorridore, Tetjana Lomakina. Allerdings würden seit ungefähr zehn Tagen wegen der anhaltenden Bombardements durch die russischen Truppen keine Bestattungen mehr vorgenommen – mittlerweile könnte die Zahl der Toten also bedeutend höher liegen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, die Straßen von Mariupol seien mit Leichen übersät, die nicht begraben werden könnten. Ähnliche beschrieb auch die Abgeordnete Kateryna Suchomlynowa, die vor Kurzem aus Mariupol geflohen war, die Lage in der Stadt. Um die vielen Toten könne sich niemand kümmern, denn die wenige verfügbare Hilfe bräuchten die noch Lebenden, sagte sie AFP.
Mariupol ist seit Wochen von jeglicher Versorgung abgeschnitten und wird zugleich heftig von den russischen Truppen bombardiert. Nachdem Moskau angekündigt hatte, sich künftig auf die „Befreiung des Donbass“ zu konzentrieren, befürchtete Kiew eine weitere Zuspitzung der Lage in der wichtigsten Hafenstadt dieser ostukrainischen Industrieregion.
Gegenangriff bei Charkiw
Die Evakuierung Mariupols und anderer Städte in der Ukraine wurde am Montag vorerst ausgesetzt. Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk erklärte, aufgrund von Warnungen des Geheimdienstes vor russischen „Provokationen“ entlang der festgelegten Fluchtrouten würden „heute keine humanitären Korridore geöffnet“.
Selenskyj-Serie hier im TV
Der TV-Sender Arte zeigt weitere Folgen der Serie „Diener des Volkes“ mit dem heutigen ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Bislang ist die erste Staffel in der Mediathek verfügbar. Deren Abrufbarkeit wurde nun bis zum 31. Dezember verlängert, zudem soll es ab Ende Mai bis Dezember auch die zweite und dritte Staffel in der Arte-Mediathek geben, wie der deutsch-französische Sender am Montag mitteilte.
Bevor Selenskyj (44) im Jahr 2019 Präsident der Ukraine wurde, war er als Schauspieler und Komiker tätig. In der vor Jahren auf den Markt gekommenen ukrainischen Fernsehserie spielte er ausgerechnet die Rolle eines Lehrers, der plötzlich Präsident der Ukraine wird.
Über in der Vergangenheit eingerichtete Fluchtkorridore aus Mariupol waren verhältnismäßig wenig Menschen geflohen. Russland warf der Ukraine mangelnde Zusammenarbeit vor. Die ukrainische Seite prangerte hingegen russischen Beschuss der Fluchtrouten an.
Trotz der russischen Ankündigung, sich auf den Osten der Ukraine zu konzentrieren, gab es Angriffe auch in der Nähe von Kiew. Zwei Hochspannungsleitungen wurden beschädigt, bei rund 82.000 Einwohnern der Hauptstadt fiel der Strom aus. Die russischen Truppen versuchten, die Transportwege zu blockieren, sagte die stellvertretende ukrainische Verteidigungsministerin, Ganna Maljar. „Die Verteidigung Kiews geht weiter.“
An mehreren Kriegsschauplätzen gingen die ukrainischen Streitkräfte zuletzt allerdings zum Gegenangriff über. Bei Charkiw eroberten sie eine Ortschaft zurück, von der aus die russischen Truppen die Großstadt nach Angaben ihres Bürgermeisters mit Artillerie beschossen hatten. Selenskyjs Berater Oleksij Arestowytsch hoffte auf weitere militärische Erfolge in Charkiw sowie in den nördlichen Städten Tschernihiw und Sumy.
Am Dienstag wollen die ukrainischen und russischen Unterhändler in Istanbul ihre Gespräche fortsetzen, nachdem die vorherigen Verhandlungsrunden per Videokonferenz abgehalten worden waren. Der Kreml äußerte sich dennoch zurückhaltend: Bei den bisherigen Gesprächsrunden seien „keine nennenswerten Erfolge oder Durchbrüche“ erzielt worden, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow.
Kein „Freund“, keine Einreise
Russland will derweil Einreisebeschränkungen für Staatsangehörige „unfreundlicher“ Staaten verhängen. Dabei handele es sich um „Vergeltungsmaßnahmen in Antwort auf unfreundliche Aktionen einer Reihe anderer Staaten“, erklärte am Montag Außenminister Sergej Lawrow. Ein entsprechendes Präsidentendekret sei in Arbeit.
Selenskyj zufolge wurden bereits „etwa“ 20.000 Menschen im Ukraine-Krieg getötet. Nähere Angaben machte er nicht. Nach UN-Angaben flohen fast 3,9 Millionen Menschen aus der Ukraine. Weitere 6,5 Millionen Menschen sind demnach innerhalb des Landes auf der Flucht.
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