Vereinte Nationen / Cannabis als Medizin anerkannt
59 Jahre lang wurde das Suchtpotenzial der Hanfpflanze mit dem von Kokain und Heroin gleichgestellt. In einer historischen Abstimmung beschlossen die Vereinten Nationen am Mittwoch, dies zu ändern – so wurde das Suchtpotenzial herabgestuft. Zudem wird Cannabis nun offiziell als Medizin anerkannt. Rekreatives Cannabis bleibt nach UN-Recht allerdings vorerst immer noch verboten.
Seit dem Einheitsabkommen über Betäubungsmittel der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1961 wurde Hanf in der vierten und damit höchsten Kategorie aller damals bekannten Betäubungsmittel gelistet. Somit wurde das Suchtpotenzial von Cannabis dem von Kokain oder Heroin gleichgesetzt. Eine wissenschaftliche Arbeitsgruppe der Weltgesundheitsorganisation (WHO) kam allerdings zum Schluss, dass das Suchtpotenzial und die Gesundheitsgefährdung durch Cannabis weitaus geringer seien als bislang angenommen. Die Forscher konnten gar einen medizinischen Nutzen der Hanfpflanze belegen. Dementsprechend forderte die WHO schon länger, Tetrahydrocannabinol (THC) in die erste Kategorie aufzunehmen und Cannabinoide (CBD) gar nicht mehr als Betäubungsmittel aufzuführen. 27 der 53 Mitgliedstaaten glaubten den Forschern und stimmten am Mittwoch folglich für die Änderungen. Weitere 25 wollten Hanf in der vierten Kategorie belassen – darunter Russland und China –, während ein Land sich enthielt.
„Die Abstimmung ist ein sehr willkommener Fortschritt. Patienten, die medizinisches Cannabis konsumieren, nehmen keine Betäubungsmittel ein. Diese Klassifizierung nährte ein Tabu um die Verschreibung von medizinischem Cannabis zum Nachteil der Patienten. Darüber hinaus stand die eher veraltete Annahme, medizinisches Cannabis sei ein Suchtstoff, weiteren Forschungen auf diesem Gebiet im Weg. Ich fordere die EU-Kommission jetzt dazu auf, allen Patienten in der Europäischen Union den Zugang zu medizinischem Cannabis zu erleichtern“, so die Reaktion der luxemburgischen Europaabgeordneten Tilly Metz („déi gréng“), die schon an die nächste Abstimmung in Sachen Cannabis denkt. In den kommenden Wochen wird die EU-Kommission über eine Neubewertung von CBD abstimmen. Es soll künftig als Betäubungsmittel gelistet werden. Die Folge wäre ein europaweiter Verbot von allen CBD-Produkten. Chemische CBD-Extrakte hingegen wären nicht davon betroffen. Aufgrund des Ausgangs der Abstimmung bei den Vereinten Nationen stufen Insider ein tatsächliches Verbot von CBD allerdings als sehr unwahrscheinlich ein. Gestärkt durch die Abstimmung vom vergangenen Mittwoch, möchte Metz jedoch weiter handeln. Sie plant, einen Brief an Stella Kyriakides, die EU-Kommissarin für Gesundheit, zu schreiben, um weiterhin Druck auf die EU-Kommission auszuüben.
Vorreiter Luxemburg
Internationalen Medienberichten zufolge könnte die Entscheidung der Vereinten Nationen darüber hinaus auch die weitere wissenschaftliche Forschung über die lang anhaltenden medizinischen Eigenschaften der Hanfpflanze vorantreiben und als Katalysator für Länder wirken, die das Medikament für den medizinischen Gebrauch legalisieren und die Gesetze über den Freizeitgebrauch überdenken wollen. Bei schwer kranken Patienten kann medizinisches Cannabis als Appetitanreger oder auch gegen Übelkeit genutzt werden. Bei Krebspatienten kann es indes die Nebenwirkungen der Chemotherapien lindern. Es hilft auch bei Multipler Sklerose oder chronischen Schmerzen. Medizinisches Cannabis oder Produkte mit CBD können hier zwar keine vollständige Genesung herbeiführen, die Schmerzen der Patienten werden aber durch die Nutzung erheblich gelindert.
Das Einheitsabkommen von 1961, das immer wieder gerne von Kritikern benutzt wurde, um die bevorstehende Legalisierung von Cannabis in Luxemburg auszubremsen, scheint demnach endgültig der Vergangenheit anzugehören. Die Weichen für die Zukunft wurden gestellt – und sie liest sich laut UN-News, der offiziellen Nachrichtenseite der Vereinten Nationen, wie folgt: „Gegenwärtig haben mehr als 50 Länder medizinische Cannabis-Programme verabschiedet, während Kanada, Uruguay und 15 US-Bundesstaaten den Freizeitkonsum von Cannabis legalisiert haben. Mexiko und Luxemburg stehen kurz davor, das dritte und vierte Land zu werden.“
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