/ Eine Frage der Klasse: „déi Lénk“ verliert Anteile bei den Europawahlen
Die Linke hat bei den Europawahlen Stimmen abgeben müssen. Eine Chance auf einen Sitz im Europaparlament hatte die Partei nicht. Eine Steigerung des Stimmenanteils hätte aber geholfen, ihren Status als Alternative in Luxemburg zu festigen.
Ein gutes Ergebnis ist es nicht, was die Linke bei den Europawahlen eingefahren hat. Das behauptet auch keiner. Unbestritten ist, dass ein Kandidat der Partei besser abgeschnitten hat als die restlichen Kandidaten: David Wagner. Er hat fast doppelt so viele Stimmen erhalten wie die Zweitplatzierte Carole Thoma. Dass er das Zugpferd bei den Wahlen war, erstaunt David Wagner überhaupt nicht. Durch sein Amt als Mitglied des luxemburgischen Parlamentes sei er nun einmal bekannter als die restlichen Kandidaten.
Dabei war es den Linken tatsächlich gelungen, eine Liste mit interessanten Profilen zu erstellen. Neben David Wagner kandidierten die beiden Sprecher der Partei: die Ingenieurin Carole Thoma und der Differdinger Gemeinderat Gary Diderich. Daneben die 20-jährige Mara Martins – die jüngste Kandidatin bei den Wahlen –, die Menschenrechtlerin Sandrine Gashonga und der pensionierte Europabeamte und Katalane Antoni Montserrat. Natürlich habe die Möglichkeit bestanden, dass auch Wagners Kollege, der Abgeordnete Marc Baum, kandidierte. Auch dass überhaupt kein Abgeordneter kandidiert, wäre eine Option gewesen. Am Ende entschied sich die Partei für eine Mischung. Auch um neue Personen aufzubauen, wie David Wagner sagt.
Das Verhältnis der Linken zu Europa
Das Verhältnis der Linken zu Europa erscheint oft kompliziert. Tatsächlich würden die Meinungen innerhalb der Partei zu Europa in der Öffentlichkeit heterogener wahrgenommen, als sie es in Wirklichkeit sind, erklärt Wagner. Ein EU-Austritt mache keinen Sinn, sagt er vehement. Eine linke Politik in der EU zu machen, sei aber nicht einfach. Die Verstaatlichung einer Eisenbahngesellschaft etwa ist innerhalb der EU schwierig. Die Europäische Union sei in ihren Strukturen nicht auf eine linke Politik ausgelegt. Das einzig demokratisch gewählte Organ ist das Europaparlament, und dieses hat nicht die Macht, die europäischen Verträge zu verändern, erklärt Wagner. Geht es den Menschen in Luxemburg zu gut, um die Linken zu wählen? Immerhin behauptet Wagner selbst, dass linke Parteien immer dann gewählt werden, wenn die Lage katastrophal ist. Ja, einigen Menschen in Luxemburg gehe es sehr gut, sagt Wagner.
Trotzdem gibt es auch Menschen, denen es nicht gut geht. Menschen, die etwa aus Luxemburg weg- und über die Grenze ziehen müssen, weil sie sich das Leben hier nicht mehr leisten können. Es gibt auch in Luxemburg soziale Probleme, die Löhne steigen nicht. Ob und wie die zahlreichen Immigranten in Luxemburg gewählt haben, ist momentan noch schwer zu sagen. Wagner hegt allerdings die Idee, dass womöglich viele „Expats“ (Immigranten mit hochbezahlten Jobs) ihre Stimme der DP gegeben haben, wenn sie denn gewählt haben. Paradoxerweise will Wagner festgestellt haben, dass die Menschen in Europa dem Kapitalismus heute kritischer gegenüberstehen als noch vor ein paar Jahren. Allerdings werden linke Bewegungen eher belächelt und nicht als eine wahre Alternative zum Kapitalismus wahrgenommen. Anders rechte Parteien.
Rückwärts nimmer, vorwärts auch nicht
Sie werden viel mediatisiert und von einigen Wählern als einzige Alternative zum Kapitalismus verstanden. In Luxemburg sei dies allerdings anders. Die ADR sei keine rechtsradikale Partei, so Wagner – auch wenn sie nichts dagegen habe, Stimmen aus dieser Ecke zu erhalten.
Wagners Fazit: Die Klassenfrage in Luxemburg bleibt weiterhin ungelöst. Die Schlappe bei der Europawahl ist keine Katastrophe. Die Partei hat 0,93 Prozentpunkte verloren, um mit einem Ergebnis von 4,83 Prozent der Stimmen aus dem Rennen zu scheiden.
Ob sich die verlorenen Stimmen tatsächlich dadurch erklären lassen, dass er die einzige „bekannte“ Persönlichkeit auf der Kandidatenliste war, kann David Wagner nicht mit Gewissheit sagen. Bei den letzten Europawahlen waren mit André Hoffmann und Justin Turpel zwei bekannte linke Politiker unter den Kandidaten.
Die Partei empfindet das Wahlergebnis tendenziell allerdings eher als eine Stagnation. Gary Diderich sprach am Wahlabend von der Stabilisierung der Wählerbasis. Die Linke will allerdings mehr als Stagnation. Sie will vorankommen – etwas bewirken, sich für Menschen einsetzen. Dafür hätte es mehr Stimmen gebraucht. „déi Lénk“ verspricht nun das zu tun, was jede Partei nach jeder Wahl verspricht: Sie will sich kritisch selbst hinterfragen.
Es ist bei nur 6 Sitzen auch eine Frage der „nützlichen Stimme“. Ich kann eine kleine Partei sympatisch finden, ich weiß leider, dass meine Stimme mit großer Wahrscheinlichkeit verloren geht.
Hab mal irgendwo gelesen, dass die meisten Wähler bevorzugt aussichtsreiche Parteien wählen, weil sie nicht zu den Verlierern gehören wollen. Es ist also nicht nur die ideologische Komponente die eine Rolle spielt. Kleine Parteien, mit noch so hervorragenden Köpfen, haben keine Chance. So z.B. müsste Gast. Gybérien, aufgrund seiner persönlichen Stimmen ins EU Parlament einziehen.