Vorschau / Gipfeltreffen: Ukraine-Krieg und Energiekrise beschäftigen EU-27
Auch bei ihrem letzten Gipfeltreffen in diesem Jahr werden sich die EU-Staats- und Regierungschefs heute in Brüssel mit der anhaltenden Energiekrise sowie dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine befassen.
Einige Tage vor dem Treffen der EU-27, an dem ebenfalls der luxemburgische Premierminister Xavier Bettel teilnehmen wird, gelang es dem tschechischen EU-Ratsvorsitz, einige heikle Fragen zu klären und diese von der Gipfelagenda fernzuhalten. So wurde am Montag ein Kompromiss mit Ungarn gefunden, das sowohl den Weg für eine 18 Milliarden Euro schwere Finanzhilfe für die Ukraine im kommenden Jahr als auch die Einführung einer Mindestbesteuerung von Unternehmen freimacht. Dennoch wird die EU-Kommission insgesamt über zehn Milliarden Euro an EU-Geldern zurückhalten, die für Ungarn bestimmt sind. Befürchtet wurde, dass der ungarische Regierungschef Viktor Orban den seit Monaten schwelenden Streit auf den EU-Gipfel bringen wollte.
Da gibt es ohnehin genügend Themen abzuhandeln, jedoch werden keine großen Entscheidungen erwartet. Im Mittelpunkt stehen weiterhin die Energiekrise und deren Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Haushalte in der EU. Hier dürfte unter anderem die Einführung eines Gaspreisdeckels angesprochen werden, über die die EU-Energieminister seit Wochen streiten. Während einer Debatte zum Gipfel wurde am Mittwoch im Europäischen Parlament (EP) zum einen Druck auf den Rat gemacht, möglichst bald im Interesse der von den hohen Energiekosten betroffenen EU-Bürger eine Lösung zu finden. Zum anderen wurde bedauert, dass die EP-Abgeordneten dabei nicht eingebunden wurden. Sie hätten, wie die Vorsitzende der S&D-Fraktion, Iratxe Garcia-Perez, meinte, zu einer realistischen und wirksamen Lösung beitragen können. Die EU-Kommission hatte einen Preisdeckel von 275 Euro pro Megawattstunde vorgeschlagen. Mehrere EU-Staaten wie Deutschland, die Niederlande sowie Luxemburg warnen jedoch davor, dass ein Gaspreisdeckel dazu führen könnte, dass sich Gaslieferanten von den EU-Staaten abwenden und die Energieknappheit größer werden könnte. Kommende Woche werden sich die EU-Energieminister wieder mit der technisch komplexen Angelegenheit befassen.
Die Unterstützung für die Ukraine wird ein weiteres zentrales Thema sein. Wie bereits bei früheren Gipfeltreffen wird sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj per Videoschaltung an die 27 EU-Staats- und Regierungschefs wenden. Er dürfte sich über die Einigung zur Finanzhilfe von 18 Milliarden Euro im kommenden Jahr freuen, mit deren Auszahlung bereits ab Januar begonnen werde, wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gestern im EP erklärte. Zudem will die EU ein mittlerweile neuntes Sanktionspaket gegen Russland auflegen, das allerdings bis zum gestrigen Abend noch nicht beschlossen wurde. Zuvor hatte der ungarische Regierungschef Viktor Orban immer wieder betont, dass sein Land keine weiteren Sanktionen mehr gegen Moskau mittragen werde.
Unfairer Wettbewerb durch USA
Im Einladungsschreiben des Vorsitzenden des Europäischen Rates, Charles Michel, für das heutige Treffen ist ebenfalls eine Diskussion über die transatlantischen Beziehungen vorgesehen, wobei allerdings der von der US-Regierung jüngst aufgelegte sogenannte Inflation Reduction Act (IRA) im Mittelpunkt stehen wird. Die EU-Staaten betrachtet das US-Gesetz als äußerst wettbewerbsschädigend für die europäische Industrie, da bei der Umsetzung der Energiewende in den USA vor allem US-amerikanischen Unternehmen der Vorzug gegeben wird. Die EU-Kommissionschefin erklärte gestern vor den EP-Abgeordneten, dass die EU angesichts des unfairen Wettbewerbs ihre eigenen Regeln zu den nationalen öffentlichen Investitionen anpassen müsse. Zudem müsse neu bewertet werden, welche Investitionen in der EU im Bereich der erneuerbaren Energien benötigt werden. Bereits vor einigen Tagen hat Ursula von der Leyen die Schaffung eines Souveränitätsfonds angeregt, mit dem die europäische Industrie im Rahmen der Energiewende unterstützt werden könnte. Eine Idee, die ausdrücklich auch von der Fraktion der Linken im EP begrüßt wird.
Weitere Themen sind die Migration sowie die Entscheidung des Rates, Bulgarien und Rumänien auch nach über zehn Jahren Wartezeit nicht in den Schengen-Raum aufzunehmen. Beide Länder dürften sich dazu äußern, nachdem die Niederlande und Österreich sich jüngst gegen die Aufhebung der Grenzkontrollen zu den beiden Staaten ausgesprochen hatten. Die Entscheidung wurde gestern von den EP-Abgeordneten kritisiert, die eine Aufnahme Bulgariens und Rumäniens in den Schengen-Raum befürworten.
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