Offensive im Libanon / Israel widersetzt sich erneut der US-Regierung
Die Vereinigten Staaten sind der wichtigste und engste Verbündete Israels. Doch die Warnungen der US-Regierung vor einer israelischen Bodenoffensive im Libanon verhallten – wieder einmal – ungehört. Die Gefahr eines Flächenbrandes im Nahen Osten wächst und bringt Präsident Joe Biden kurz vor der Präsidentschaftswahl in den USA zunehmend in Bedrängnis.
„Wir sollten jetzt einen Waffenstillstand haben“, sagte Biden am Montag und machte klar, dass er nichts von einem Einmarsch israelischer Truppen im Libanon hält. Doch kurz darauf informierte Israel die US-Regierung, dass es derzeit „begrenzte Einsätze gegen die Infrastruktur der Hisbollah in der Nähe der Grenze“ gebe, wie Außenamtssprecher Matthew Miller in Washington mitteilte. Das israelische Militär bestätigte in der Nacht zum Dienstag „Bodenangriffe“ auf Dörfer im Südlibanon.
Wie ein Déjà-vu
Es fühlte sich an wie ein Déjà-vu: Jedes Mal, wenn Washington eine Verhandlungslösung oder einen Waffenstillstand fordert, scheint der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu auf noch mehr militärische Gewalt zu setzen. Vergangene Woche war die Tinte unter einer gemeinsamen US-französischen Initiative für eine dreiwöchige Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah kaum getrocknet, da verkündete Netanjahu neue Luftangriffe auf die libanesische Miliz.
„Die Biden-Regierung hat diesen Ereignissen weitgehend tatenlos zugesehen – sie hat Israel mit den militärischen Mitteln zur Durchführung dieser Einsätze ausgestattet, wurde aber wiederholt von dessen Aktionen überrascht“, schreibt Brian Katulis von der Denkfabrik Middle East Institute in Washington.
Die Biden-Regierung hat diesen Ereignissen weitgehend tatenlos zugesehenMiddle East Institute
Bei der Generaldebatte der UN-Vollversammlung in der vergangenen Woche in New York war die Kluft besonders irritierend: Während Netanjahu am Freitag den Befehl gab, Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah zu töten, und damit eine weitere Eskalation des Konflikts riskierte, forderte US-Außenminister Antony Blinken erneut alle Seiten auf, an einer diplomatischen Lösung zu arbeiten.
„Die Frage ist nicht, ob Israel das Recht hat, existenzielle Bedrohungen seiner Sicherheit jenseits seiner Grenzen zu bekämpfen. Die Frage ist jedoch, wie sich seine Ziele am besten erreichen lassen“, sagte Blinken und bekräftigte damit die Position, die die USA bald nach dem Angriff der palästinensischen Hamas auf Israel am 7. Oktober einnahmen.
Natürlich weint Washington Nasrallah keine Träne nach, Blinken bezeichnete ihn am Montag als „brutalen Terroristen“. Die US-Regierung betonte jedoch, dass sie vor seiner Tötung weder konsultiert wurde noch von diesen Plänen wusste. Eine ähnliche Erklärung gab sie ab, nachdem Hamas-Führer Ismail Hanijah Ende Juli bei einem Anschlag im Iran getötet wurde, für den Israel verantwortlich gemacht wird.
Begrenzter Einfluss
Obwohl Israel sowohl die Hisbollah als auch die Hamas bereits deutlich geschwächt hat, scheine Netanjahu die Angriffe ausweiten zu wollen, sagen Diplomaten. Washington will dennoch weiter an Verhandlungen glauben – sowohl im Libanon als auch im Gazastreifen. Diplomatie bleibe „der beste und einzige Weg, um mehr Stabilität im Nahen Osten zu erreichen“, und Washington sei „entschlossen, diese Bemühungen schnell voranzutreiben“, sagte Blinken am Montag.
Am Sonntag beriet der US-Außenminister mit seinem französischen Amtskollegen Jean-Noël Barrot, am Montag mit dem britischen Außenminister David Lammy sowie arabischen Regierungsvertretern. Mitarbeiter Blinkens betonen, dass Washington dem souveränen Staat Israel nicht die Kriegsführung diktieren wolle und räumen ein, dass der Einfluss der USA auf Netanjahu begrenzt ist.
Der Wahlkampf in den USA macht die Sache noch komplizierter, Vizepräsidentin Kamala Harris liefert sich mit dem Rechtspopulisten Donald Trump ein enges Rennen ums Weiße Haus. Die US-Regierung versucht verzweifelt, noch vor der Wahl am 5. November ein Friedensabkommen für den Nahen Osten zu vermitteln. Kaum ein Beobachter glaubt, dass Biden bereit ist, so kurz vor dem Wahltag seine Strategie zu ändern.
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