/ Laut Kritikern ist Josep Borrell kaum als Vermittler zwischen dem Kosovo und Serbien geeignet
Im kontroversen Personalpaket zur Neubesetzung der Führungspositionen der EU gilt der für den Posten des EU-Außenbeauftragten nominierte Spanier Josep Borrell eigentlich als der profilierteste Kandidat. Doch als erklärten Gegner von Kosovos Unabhängigkeit halten ihn Kritiker als Vermittler zwischen Belgrad und Pristina nur bedingt für geeignet.
Von unserem Korrespondenten Thomas Roser, Belgrad
Zumindest beim EU-Anwärter Serbien löst der umstrittene Personalkompromiss für die Neubesetzung der EU-Spitzenjobs Zufriedenheit aus. Die Nominierung des spanischen Außenministers Josep Borrell zum neuen EU-Außenbeauftragten „ist eine gute Nachricht für uns“, frohlockte Serbiens allgewaltiger Staatschef Aleksandar Vucic.
Neues Leben einhauchen
Mit Skepsis hat hingegen die Öffentlichkeit im Kosovo auf den sich abzeichnenden Karrieresprung des 72-jährigen Katalanen reagiert. Die Zeitung Koha Ditore erinnerte daran, dass Borrell sich als Außenminister öffentlich gegen Kosovos Unabhängigkeit ausgesprochen habe: Angesichts der Tatsache, dass in den letzten Legislaturperioden die Außenbeauftragten auch die Rolle des Vermittlers bei dem Dialog zwischen Kosovo und Serbien übernommen hätten, könnte sich Borrells Übernahme des Postens für Pristina als „störend“ erweisen.
Mit dem Spanier als Moderator des von der EU forcierten Nachbarschaftsdialogs könnte Kosovos Position „schwieriger“ werden, glaubt auch der Kommentator der Zeitung Zeri. Eigentlich gilt der frühere Vorsitzende des Europaparlaments im kontroversen Personalpaket zur Neubesetzung der Führungspositionen der EU als der mit Abstand profilierteste Kandidat: Nach der oft überfordert wirkenden Italienerin Federica Mogherini könnte Borrell das Amt des Außenbeauftragten mit neuem Leben füllen, so die erwartungsfrohe Hoffnung.
Unabhängigkeit nicht anerkannt
Doch Kritiker fragen sich skeptisch, wie ausgerechnet ein erklärter Gegner von Kosovos Eigenstaatlichkeit den seit Monaten völlig festgefahrenen Dialog zwischen Pristina und Belgrad wiederbeleben und Serbien zur zumindest faktischen Anerkennung der Ex-Provinz bewegen soll.
Nur fünf von 28 EU-Staaten haben den seit 2008 unabhängigen Kosovo nicht anerkannt: Spanien hat sich – auch mit Blick auf die Sezessionsbestrebungen in Katalonien – dabei als härtester EU-Gegner von Kosovos Eigenstaatlichkeit profiliert. Auch Borrell bekräftigte bei seiner Belgrad-Visite im März, dass er gegen die einseitig erklärte Unabhängigkeit des Kosovo sei, da eine „Sezession gegen die Prinzipien des internationalen Rechts“ verstoße.
Schon seit 2014 quält sich Serbien eher schlecht als recht durch den Marathon der EU-Beitrittsverhandlungen. Doch nur bei Abschluss eines rechtlich verbindlichen Nachbarschaftsabkommens mit Kosovo hat der EU-Anwärter eine Chance, eines fernen Tages auch tatsächlich in die EU aufgenommen zu werden: Denn auf den Import ungelöster Nachbarschaftsstreitigkeiten haben die EU-Partner keine Lust.
Borell ist umstritten
Ob der Spanier Borrell ein geeigneter Moderator für eine Annäherung der unwilligen Nachbarn sein kann, ist unter internationalen Analysten umstritten: Manche glauben, dass gerade seine größere Akzeptanz in Belgrad und sein Bestreben, Spaniens Isolation in der Kosovofrage aufzubrechen, selbst einen Durchbruch bei den zähen Verhandlungen für ein Nachbarschaftsabkommen erleichtern könnten.
Immerhin lehnt der Sozialdemokrat wie Kosovos Regierung den von Belgrad angestrebten Gebietsaustausch und die Schaffung ethnisch homogener Entitäten klar ab. Auch glaubt er, dass ein Abkommen den Staaten, die Kosovo bisher nicht anerkannt haben, ihre endgültige Entscheidung erleichtern könnte. Im Gegensatz zu Kosovos Presse haben Regierungsvertreter in Pristina auf Borrells Nominierung denn auch eher vorsichtig reagiert. Er glaube daran, dass die EU-Außenpolitik nicht von einzelnen Amtsträgern abhänge, sondern von den Mitgliedern, die mehrheitlich den Kosovo anerkennen würden, so Außenminister Behgjet Pacolli.
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