Rheinland-Pfalz / Ministerium bestätigt Eingang von Lagebericht in der Flutnacht – Was wusste der Innenminister?
Nicht nur Videoaufnahmen, sondern auch einen schriftlichen Bericht zur Lage im Ahrtal hat die Besatzung eines Polizeihubschraubers bei der Flutkatastrophe im vergangenen Jahr angefertigt. Dieser Bericht lag dem Lagezentrum am 15. Juli 2021 kurz nach Mitternacht vor.
Das rheinland-pfälzische Innenministerium hat Medienberichte bestätigt, dass ein schriftlicher Lagebericht der Polizei über die Situation im überfluteten Ahrtal bereits in der Nacht der Katastrophe im Lagezentrum einging. Der Bericht der Hubschrauberbesatzung sei am 15. Juli 2021 per E-Mail um 00.53 Uhr im Lagezentrum des Innenministeriums eingetroffen, sagte eine Sprecherin am Sonntag. Innenminister Roger Lewentz (SPD) habe der Bericht in der Nacht nicht vorgelegen. Der Bericht sei ebenso wie die erst kürzlich aufgetauchten Polizeivideos vom Abend des 14. Juli 2021 vor drei Wochen dem Untersuchungsausschuss des Landtags zur Flutkatastrophe übermittelt worden. Die oppositionelle CDU spricht von einem „Skandal“.
Die Allgemeine Zeitung Mainz und die Rheinpfalz am Sonntag hatten zuvor berichtet, dass Hubschrauberpiloten der Polizei in der Flutnacht nicht nur Videos gedreht, sondern auch einen schriftlichen Lagebericht an das Ministerium geschickt hätten. Demnach war in dem Einsatzbericht unter anderem die Rede davon, dass „das Hochwasser dramatische Auswirkungen hat“. Zwischen den Ortschaften Dernau und Schuld stünden in fast allen Gemeinden entlang der Ahr „zahlreiche Häuser bis zum Dach im Wasser“. Menschen auf ihren Häusern würden mit Taschenlampen SOS-Signale senden. Den Feuerwehren sei es nicht mehr möglich, aufgrund der „starken Strömung“ die gefluteten Häuser anzusteuern.
„Kein vollständiges Lagebild“
Lewentz hatte vor dem Untersuchungsausschuss erklärt, er habe in der Flutnacht kein vollständiges Lagebild gehabt. Er habe die nun aufgetauchten Filme erst im Untersuchungsausschuss Ende September gesehen, also gut ein Jahr später. Von dem schriftlichen Bericht war in der Sitzung Ende September nicht die Rede. Die Polizei hat eingeräumt, die Filme zu spät an die Staatsanwaltschaft und den Untersuchungsausschuss übermittelt zu haben.
Der schriftliche Bericht wurde laut Innenministerium mit den Hubschrauber-Videos vor drei Wochen an den Untersuchungsausschuss übermittelt. Daraus sei aber nicht zu schließen, dass er dem Gremium nicht früher vorgelegen habe. Der Bericht hätte zum 30. Dezember 2021 vorgelegt werden müssen. Ob die schriftliche Schilderung der Lage von einer anderen Stelle bereits vorgelegt worden sei, könne letztlich nur der Untersuchungsausschuss feststellen, erklärte das Ministerium.
Die oppositionelle CDU sprach von einem „ungeheuerlichen Skandal“, dass dem Untersuchungsausschuss neben den Videos auch der Einsatzbericht der Polizeihubschrauberstaffel bis vor gut zwei Wochen nicht vorgelegen habe. „Die Videos und der schriftliche Einsatzbericht haben eine hohe Relevanz für die Aufklärungsarbeit“, erklärte der CDU-Obmann im Ausschuss, Dirk Herber. „Der Bericht wäre für die Zeugenbefragungen der vergangenen Monate entscheidend gewesen.“
Bis zum September waren dem Untersuchungsausschuss nach Worten Herbers weder der Aufklärungsflug noch der Bericht bekannt. Dafür trage die Landesregierung die Verantwortung, zumal das Innenministerium jetzt mitgeteilte habe, dass dem Lagezentrum die E-Mail mit dem Bericht vorlag.
Bei der Flutkatastrophe im vergangenen Sommer kamen im Ahrtal mindestens 134 Menschen ums Leben.
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