Wahlen in Georgien / Präsidentin Salome Surabischwili spricht von „russischen Spezialoperation“
Die pro-europäische georgische Präsidentin Salome Surabischwili hat das Ergebnis der Parlamentswahl in ihrem Land als „gefälscht“ zurückgewiesen und eine „russische Spezialoperation“ dafür verantwortlich gemacht.
„Ich erkenne das Wahlergebnis nicht an“, erklärte Surabischwili am Sonntag. Die Wahl am Samstag, die laut offiziellem Ergebnis die Moskau-freundliche Regierungspartei Georgischer Traum gewonnen hatte, sei eine „totale Fälschung“. Für Montag rief Surabischwili zu Massenprotesten auf. „Wir sind Zeugen und Opfer einer russischen Spezialoperation, einer modernen Form des hybriden Krieges gegen das georgische Volk“, erklärte sie, ohne diese Anschuldigungen zu präzisieren.
Zuvor hatte bereits der inhaftierte georgische Oppositionspolitiker Michail Saakaschwili zu umfassenden Protesten aufgerufen. „Jetzt ist die Zeit für Massenproteste“, erklärte der Ex-Regierungschef im Onlinenetzwerk Facebook. „Wir müssen der Welt zeigen, dass wir für die Freiheit kämpfen und dass wir ein Volk sind, das Ungerechtigkeit nicht duldet“, schrieb Saakaschwili, der der wichtigsten Oppositionspartei UNM angehört.
EU-Ratspräsident Charles Michel forderte die Wahlbehörden in Georgien auf, mutmaßliche Unregelmäßigkeiten bei der Wahl zügig zu untersuchen. Die zentrale Wahlkommission und weitere zuständige Behörden sollten „ihrer Pflicht nachkommen und die Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen und die diesbezüglichen Vorwürfe rasch, transparent und unabhängig untersuchen und bewerten“, schrieb Michel im Onlinedienst X mit Verweis auf Berichte internationaler Wahlbeobachter.
Die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), des Europarats, des Europaparlaments und der NATO hatten in einer gemeinsamen Erklärung von Störungen des Urnengangs durch „Ungleichheiten (zwischen den Kandidaten), Druck und Spannungen“ berichtet. Sie äußerten Zweifel am offiziellen Ergebnis.
Verschwörungstheorien verbreitet
Die Wahlkommission hatte am Sonntag nach der Auszählung der Stimmen in mehr als 99 Prozent der Wahlkreise die Regierungspartei Georgischer Traum mit 54 Prozent der Stimmen zur Siegerin erklärt, das pro-westliche Oppositionsbündnis kam demnach auf 37,58 Prozent. Das Bündnis bezeichnet die offiziellen Ergebnisse als „gefälscht“ und beansprucht den Wahlsieg für sich. Dem Ergebnis nach käme der Georgische Traum auf 91 von 150 Sitzen im Parlament und würde damit die angestrebten 113 Sitze verfehlen, mit denen die Partei ein Verbot aller wichtigen Oppositionsparteien durchsetzen wollte.
Der Exekutivsekretär der Regierungspartei Georgischer Traum, Mamuka Mdinaradse, sprach von einer „soliden Mehrheit“ für seine Partei. Der ungarische Regierungschef Viktor Orban gratulierte der Regierungspartei zu ihrem „überwältigenden“ Sieg.
Der Milliardär Bidsina Iwanischwili, der die Regierungspartei Georgischer Traum gründete und immer noch kontrolliert, sagte, die Partei habe in schwierigen Zeiten einen Erfolg erzielt. „Ich versichere Ihnen, unser Land wird in den kommenden vier Jahren sehr erfolgreich sein“, fügte er hinzu. Iwanischwili hatte sich im Wahlkampf als Garant für Frieden positioniert und eine Verschwörungstheorie über eine „globale Kriegspartei“ verbreitet, die westliche Institutionen kontrolliere und Georgien in den russisch-ukrainischen Krieg hineinziehen wolle.
„Klimas des Hasses und der Einschüchterung“
Die Chefin der größten Oppositionspartei UNM, Tina Bokuschawa, betonte, das Bündnis erkenne die „gefälschten Ergebnisse der gestohlenen Wahlen nicht an“. Sie sprach von einem „Versuch, die Zukunft Georgiens zu stehlen“. „Wir hoffen, dass die Opposition in allen Aufrufen zum Handeln, die in den nächsten Stunden angekündigt werden, vereint sein wird.“ Der Vorsitzende der ebenfalls zum Oppositionsbündnis gehörenden Achali-Partei, Nika Gwaramia, warf dem Georgischen Traum Machtmissbrauch und einen „Staatsstreich gegen die Verfassung“ vor.
Eine Delegation des EU-Parlaments, die den Ablauf der Wahl im Rahmen der OSZE-Mission beobachtete, äußerte sich am Sonntag besorgt angesichts eines „Klimas des Hasses und der Einschüchterung“. Die Parlamentarier wurden nach eigenen Angaben Zeugen von Fällen „überfüllter Wahlurnen“ und „tätlicher Angriffe“ auf Beobachter, die versucht hätten, „über Verstöße zu berichten“. Zudem habe das Team „die Entfernung von Beobachtern und Medienvertretern aus den Wahllokalen“ beobachtet, ebenso wie „Einschüchterung von Wählern innerhalb und außerhalb der Wahllokale“, hieß es in einer Erklärung. Der Wahlverlauf gebe Anlass zu großer Sorge über den „demokratischen Rückschritt“ in Georgien, sagte Delegationsleiter Antonio López-Istúriz White vor Journalisten in Tiflis.
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