USA / Schlussphase im Trump-Prozess: Die möglichen Folgen des Schweigegeldverfahrens
Der New Yorker Prozess gegen Donald Trump um die Vertuschung einer Schweigegeldzahlung geht in die Schlussphase. Im ersten Strafprozess der Geschichte gegen einen ehemaligen US-Präsidenten sollen am Dienstag die Schlussplädoyers gehalten werden, voraussichtlich am Mittwoch werden die Geschworenen mit ihren Beratungen beginnen. Ein Überblick über die möglichen Ergebnisse des Prozesses und dessen potenzielle Auswirkungen auf die US-Präsidentschaftswahl:
Schuldig oder unschuldig
Trump ist angeklagt, Geschäftsdokumente gefälscht zu haben, um ein vor der Präsidentschaftswahl 2016 gezahltes Schweigegeld an die Pornodarstellerin Stormy Daniels zu vertuschen. Die zwölf Geschworenen haben zu entscheiden, ob der 77-Jährige schuldig oder unschuldig ist. Bei einem Schuldspruch wird das Strafmaß später von Richter Juan Merchan festgelegt. Die Geschworenen müssen ihre Entscheidung einstimmig fällen. Können sie sich nicht einigen, ist der Prozess gescheitert.
Fälschungen und Wahlbetrug
Trump ist in 34 Fällen wegen Dokumentenfälschung angeklagt. Solche Fälschungen werden in New York meist als minderschweres Delikt, also als Vergehen, geahndet. Sie können jedoch auch als Straftat der schwereren Art und damit als Verbrechen bestraft werden, wenn mittels der Fälschungen ein anderes Delikt vertuscht werden sollte.
Um eine Einstufung der Dokumentenfälschungen als Verbrechen zu erreichen, hat die Staatsanwaltschaft zu belegen versucht, dass diese der illegalen Wahlbeeinflussung gedient hätten: Durch das Schweigegeld seien für die Wähler relevante Informationen unterdrückt worden – nämlich Stormy Daniels’ Bericht über eine Sexaffäre, die sie angeblich mit Trump hatte. Die Anklagebehörde bezieht sich dabei vor allem auf ein New Yorker Gesetz gegen „Verschwörung“ zur Wahlbeeinflussung.
Für einen Schuldspruch der Geschworenen entscheidend ist deren Überzeugung, dass Trump selbst an der Schweigegeldzahlung und deren mutmaßlicher Vertuschung beteiligt war. Überwiesen wurden die 130.000 Dollar für die frühere Pornodarstellerin nämlich nicht von Trump selbst, sondern von dessen Ex-Anwalt Michael Cohen. Erstattet wurde Cohen das Geld später vom Trump-Konzern. Mit der Aussage ihres Schlüsselzeugen Cohen hat die Anklage nachzuweisen versucht, dass all dies mit dem Wissen und Einverständnis des Angeklagten geschah.
Inwieweit auch der Vorwurf des Wahlbetrugs eine Rolle in den Jury-Beratungen spielen wird, ist unklar. Aufschluss darüber könnten die Instruktionen geben, die Merchan den Geschworenen vor ihren Beratungen erteilen wird.
Die möglichen Strafen
Sollte Trump für schuldig befunden werden, hängt die Höhe seiner Strafe wesentlich davon ab, ob sich der Schuldspruch auf ein Vergehen oder ein Verbrechen bezieht. Theoretisch könnte er für jeden der 34 in der Anklage aufgeführten Fälschungsfälle zu maximal vier Jahren Haft verurteilt werden – was sich auf 136 Jahre summieren würde. Allerdings entscheiden Richter oft, dass solche Einzelstrafen zeitgleich verbüßt werden – dann wären es maximal vier Jahre.
Experten halten eine Haftstrafe für den Ex-Präsidenten für unwahrscheinlich, da es seine erste strafrechtliche Verurteilung wäre und es nicht um ein Gewaltdelikt geht. Als wahrscheinlicher gilt eine Bewährungs- oder auch nur eine Geldstrafe oder die Ableistung gemeinnütziger Arbeit.
Booster oder Bremse
Trump würde einen Freispruch oder auch ein geplatztes Verfahren voraussichtlich als Riesentriumph zelebrieren – auch wenn ein solcher Prozessausgang seine Darstellung von einem angeblich politisch gelenkten Justizapparat konterkarieren würde, der seine Rückkehr ins Präsidentenamt vereiteln will. Kommt der Ex-Präsident ungeschoren aus dem Prozess heraus, könnte ihm das einen Schub für die Präsidentschaftswahl im November geben, bei der er gegen seinen Amtsnachfolger Joe Biden antreten will.
Auf der anderen Seite würde eine Verurteilung Trumps seinen Wahlkampf keineswegs beenden – selbst ein Hafturteil nicht. Denn die US-Verfassung verbietet nicht, vom Gefängnis aus für das Präsidentenamt zu kandidieren und das Amt in Haft auszuüben.
Ohnehin würde Trump gegen seine Verurteilung in Berufung gehen und das Berufungsverfahren sich wahrscheinlich bis nach der Wahl hinziehen. Dennoch könnte seine Verurteilung, auch wenn sie noch nicht rechtskräftig wäre, Risiken für Trumps Wahlchancen bergen.
In einer Anfang Mai veröffentlichten Umfrage sagten 16 Prozent der Trump-Anhänger, dass sie ihre Unterstützung für den Ex-Präsidenten im Falle einer strafrechtlichen Verurteilung möglicherweise überdenken würden. Und vier Prozent sagten bereits, sie würden sich in einem solchen Fall von ihm abwenden. Da erneut ein sehr knappes Rennen zwischen Biden und Trump erwartet wird, könnten nur wenige Prozentpunkte den entscheidenden Unterschied machen.
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