Deutschland / So wollen Regierung und Opposition auf das Solinger Attentat reagieren
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will die Union und die Länder einbinden, wenn es um Konsequenzen aus dem Solinger Attentat geht. Die Parteien überbieten sich mit Forderungen, doch nicht alle sind auch umsetzbar.
Nach dem Attentat von Solingen wird um wirksame Änderungen in der Asylpolitik gerungen. Ein Gespräch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) am Montag brachte keine Ergebnisse. Doch mittlerweile nähern sich Opposition und Ampel-Parteien an. Wer jetzt was will.
Was fordert Friedrich Merz?
Brisant ist vor allem der Vorstoß von Merz, Entscheidungen mit der SPD an den Koalitionspartnern FDP und Grüne vorbei zu treffen. SPD-Chefin Saskia Esken lehnte dies kategorisch ab. Grundsätzlich ist die Ampel aber bereit, mit der Union zu kooperieren. Vor allem die FDP. Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte unserer Redaktion: „Es ist Zeit für eine gemeinsame Kraftanstrengung.“ So habe die falsche Asylpolitik der letzten knapp zehn Jahre große Probleme verursacht, ergänzte der Generalsekretär. „Deswegen steht die FDP für konstruktive Vorschläge und sinnvolle Änderungen bereit.“
Womit eckt Merz noch an?
Auf Unverständnis trifft in der Ampel auch seine Überlegung, eine „nationale Notlage“ zu erklären, um Gesetzesänderungen gegen geltendes EU-Recht zu verabschieden, etwa im Asylrecht. Der CDU-Chef sorge dadurch nur für mehr für Verunsicherung, hieß es. Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) bekräftigte den Vorstoß. „Wer nicht mit verschlossenen Augen durch die Welt geht, muss erkennen: Deutschland befindet sich in einer schweren Migrationskrise.“ Und ein Ende des Zustroms sei „nicht in Sicht“, sagte Frei unserer Redaktion.
Wie soll eine Zusammenarbeit nun aussehen?
Merz hatte Scholz die Idee unterbreitet, dass jeder eine Person benennt, die dann gemeinsam rechtliche Änderungen prüfen sollen. Scholz präsentierte am Dienstag seinen Gegenvorschlag: Innenministerin Nancy Faeser (SPD) werde „sehr zügig jeweils einen Vertreter des Vorsitzes und Co-Vorsitzes der Ministerpräsidentenkonferenz, Vertreter der größten Oppositionspartei und involvierte Bundesressorts zu vertraulichen und zielgerichteten Gesprächen über diese Frage einladen“, sagte der Kanzler.
Was wollen der Kanzler und die SPD?
Scholz betont: „Das Individualrecht auf Asyl bleibt erhalten.“ Es gehe darum, die irreguläre Migration zu reduzieren. „Da sind Erfolge, aber sie reichen nicht.“ Zudem arbeite die Bundesregierung „hart“ daran, Abschiebungen Schwerstkrimineller nach Afghanistan und Syrien zu ermöglichen. Bestehende Kontrollen an den Grenzen zu Nachbarländern will Scholz „so lange wie möglich“ aufrechterhalten. Aus der SPD gibt es zudem Pläne für ein generelles Messerverbot und mehr Befugnisse der Sicherheitsdienste im digitalen Raum. Innenministerin Nancy Faeser (SPD), Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) arbeiten seit dem Wochenende bereits intensiv an einem Maßnahmenkatalog der Ampel.
Welche konkreten Maßnahmen fordert die Union?
In einem internen Papier des CDU-Bundesvorstands, das unserer Redaktion vorliegt, werden sieben Forderungen aufgelistet. So wird die Abschiebung ausreisepflichtiger Syrer und Afghanen in ihre Heimatländer verlangt, ebenso dauerhafte Grenzkontrollen und konsequente Zurückweisungen bei illegalen Einreisen. Außerdem will die Union einen Aufnahmestopp für Asylbewerber aus Syrien und Afghanistan, was rechtlich besonders umstritten ist. Darüber hinaus sollen Flüchtlinge bei Reisen in ihre Heimatländer ihren Schutzstatus verlieren, ein zeitlich unbegrenzter Ausreisearrest eingeführt werden und die Union will die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts rückabwickeln. Auch setzt sie weiter auf das Konzept des „sicheren Drittstaats“. Asylbewerber müssten dann außerhalb Europas ein Asylverfahren durchlaufen.
Wofür plädieren die Grünen?
Vize-Kanzler Robert Habeck sieht vor allem ein „Rechtsdurchsetzungsproblem“ in den Ländern. Ähnlich äußert sich Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann. „Wir brauchen zielgerichtete Maßnahmen und echte Lösungen“, sagte sie unserer Redaktion. Die Bundesregierung habe bereits eine Reihe von Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht. „Es geht jetzt auch darum, Recht konsequent umzusetzen und Vollzugsdefizite abzubauen“, erklärte sie mit Blick auf die Länder. Wie die SPD fordern die Grünen zudem Verschärfungen im Waffenrecht, denen sich nun auch die FDP zögerlich öffnet.
Wozu ist die FDP bereit?
Die Liberalen pochen auf dauerhafte Grenzkontrollen, Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan sowie die Streichung von Sozialleistungen für so genannte Dublin-Flüchtlinge, die wie der Solinger Attentäter in einem anderen EU-Land eingereist sind und dort einen Asylantrag gestellt haben. Bundesweit gab es nach Schätzungen 2023 rund 75.000 solche Ausreisepflichtige. Die Länder hätten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bereits die Möglichkeit, Leistungen zu kürzen. Die FDP will Betroffenen gar keine Leistungen mehr gewähren.
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