US-Wahlkampf / Vance und Walz dürften sich heftiges Wortgefecht liefern
Im US-Präsidentschaftswahlkampf treten am Dienstag die Vizekandidaten J.D. Vance und Tim Walz zu ihrem TV-Duell gegeneinander an – und die kantigen Charaktere der beiden lassen eine heftige Redeschlacht erwarten.
Sowohl der republikanische Senator aus Ohio als auch der demokratische Gouverneur aus Minnesota können ordentlich austeilen. Sie sind allein schon deshalb erbitterte Rivalen, weil sie denselben Auftrag haben: Wähler der weißen Arbeiterklasse überzeugen, die sich abgehängt fühlen. Ihr Ansatz ist dabei so grundverschieden wie ihr Naturell: Der 40-jährige Vance tritt mit scharfer Rhetorik auf, fährt heftigste Attacken gegen den politischen Gegner und malt ein düsteres Bild von einem durch eine verfehlte Wirtschafts- und Einwanderungspolitik bedrohten Land, das untergeht, wenn Donald Trump nicht die Wahl gewinnt.
Der 60-jährige Walz kommt eher als freundlicher älterer Herr daher, der eine gute Nachricht zu verkünden hat: Die Mittelschicht wird durch eine gerechte Steuerpolitik gestärkt und durch mehr Chancengleichheit werden Hass und Spaltung überwunden, wenn Kamala Harris die Wahl gewinnt.
Vance, Spross einer armen Arbeiterfamilie aus Ohio, beschrieb die Folgen des industriellen Niedergangs in der „Rostgürtel“-Region in seinem autobiografischen Buch „Hillbilly-Elegie“, das ihn 2016 schlagartig berühmt machte. Er gilt als Wendehals: War er zunächst ein scharfer Kritiker Trumps, wandelte er sich in einen glühenden Verehrer des Republikaners, als es für ihn 2022 darum ging, die Senatswahl in Ohio zu gewinnen.
Walz dürfte ihn unter anderem dafür attackieren, dass er demokratische Spitzenpolitikerinnen, die wie Harris keine eigenen Kinder haben, als „kinderlose Katzenfrauen“ verunglimpft hat, die mit ihrem Leben kreuzunglücklich seien. Auch sein rassistisches Lügenmärchen über Haustier-essende Migranten in Springfield (Ohio) dürfte zur Sprache kommen.
Walz, ein ehemaliger Lehrer und Footballtrainer, kommt aus Minnesota, dessen Bewohnern besondere Höflichkeit und Bescheidenheit zugeschrieben wird. Bis vor kurzem war er noch ein Nobody, prägte dann aber das Schlagwort „weird“ (seltsam) für Trump und Vance, was ihm zu einem steilen Aufstieg im Harris-Team verhalf. Als Repräsentant des Mittleren Westens soll er dazu beitragen, für den Wahlausgang womöglich entscheidende Swing States in seiner Region zu gewinnen.
Keinen Patzer erlauben
In Minnesota setzte er sich für bessere Arbeitnehmerrechte, ein strengeres Waffenrecht, das Abtreibungsrecht und den Klimaschutz ein – alles Positionen, die aus Sicht von Vance das Etikett eines „Marxisten“ und „radikalen Linken“ rechtfertigen, das das Trump-Wahlkampfteam auch Harris anheftet. Auch dürfte Vance, der im Irak-Krieg gedient hat, Walz vorwerfen, seine militärischen Verdienste als Mitglied der Nationalgarde aufgeblasen zu haben.
Millionen US-Bürger werden am Dienstag am Bildschirm (21.00 Uhr Ortszeit, 03.00 Uhr MESZ) das Kräftemessen verfolgen. Anders als bei der Debatte Trump-Harris am 10. September werden die Mikrofone bei dem vom Sender CBS ausgerichteten TV-Duell grundsätzlich angeschaltet bleiben – ins Wort fallen ist also erlaubt, was das Streitgespräch erheblich befeuern dürfte.
Den TV-Duellen der Vizekandidaten wird nicht die gleiche Bedeutung beigemessen wie jenen der Chefs. Aber voraussichtlich ist es die letzte TV-Debatte des Wahlkampfs, denn Trump lehnt ein zweites Aufeinandertreffen mit Harris im Fernsehen ab. Und einen Patzer darf sich niemand erlauben, dafür ist das Rennen um das Weiße Haus zu eng.
„Hochdramatisch – ich denke, das ist es, was die Amerikaner sehen wollen, und sie könnten es am Dienstag tatsächlich geboten bekommen“, sagt Thomas Whalen von der Universität Boston im Gespräch mit AFP. „Die Amerikaner sind von der Konfrontation fasziniert, und J.D. Vance und Walz sind von ihrer Persönlichkeit und politischen Einstellung her so unterschiedlich, dass es sich lohnen könnte, sich die Zeit zu nehmen und sie zu beobachten.“ (AFP)
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