Russland / Zahl der politischen Gefangenen weitaus höher als bislang angenommen
Die Zahl der politischen Gefangenen in Russland ist nach Einschätzung der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial weitaus höher als bislang angenommen.
So würden rund 7.000 ukrainische Zivilisten von den russischen Behörden festgehalten, sagte der Leiter des Memorial-Hilfsprogramms für politische Gefangene, Sergej Davidis, gestern der Nachrichtenagentur AFP. Dabei bezog er sich auf Angaben der in Kiew ansässigen Nichtregierungsorganisation Zentrum für bürgerliche Freiheiten.
Darüber hinaus sind nach Erkenntnissen von Memorial seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs in Russland hunderte Menschen wegen „Hochverrats“ und Sabotage inhaftiert worden. Zudem gebe es „tausende“ Strafverfahren wegen der Weigerung, an der Front in der Ukraine zu dienen. Laut Davidis werden außerdem dutzende ukrainische Soldaten in Russland festgehalten und strafrechtlich verfolgt, anstatt als Kriegsgefangene behandelt zu werden. „Wir können in praktisch allen diesen Fällen von einem politischen Motiv oder einer Verletzung der Rechte dieser Menschen sprechen“, sagte der Menschenrechtsaktivist.
Memorial selbst zählt derzeit 778 politische Gefangene in Russland. Laut Davidis beinhaltet diese Aufstellung jedoch nicht die Fälle, die im Geheimen verhandelt werden – eine Praxis, die in Russland stark verbreitet ist. Die 778 Namen seien nur die „Spitze des Eisbergs“, sagte Davidis. Seine Organisation könne den Status eines Gefangenen, dessen Prozess hinter verschlossenen Türen stattfinde, nicht „mit Sicherheit“ bestimmen. Teilweise seien Memorial diese Fälle auch gar nicht bekannt.
Memorial in Russland verboten
„Wir sind uns bewusst, dass unsere Informationen nicht vollständig sind, und wir versuchen, neben der Liste der politischen Gefangenen weitere, umfassendere Listen von Personen zu erstellen, die aus politischen und illegalen Gründen verfolgt werden“, sagte er.
Memorial war 2021 vom Obersten Gericht Russlands verboten worden. Ein Jahr später wurde der Organisation der Friedensnobelpreis zuerkannt. Die Organisation setzt sich für die Aufarbeitung der politischen Verfolgung und des stalinistischen Terrors in der Sowjetunion, aber auch für die Wahrung der Menschen- und Bürgerrechte im heutigen Russland ein.
Seit der Invasion der Ukraine im Februar 2022 geht die russische Regierung verstärkt gegen Kritiker vor. Fast alle russischen Oppositionellen befinden sich im Exil, im Gefängnis oder sind tot, darunter der prominenteste Kreml-Kritiker Alexej Nawalny. Er starb am 16. Februar unter unklaren Umständen in einem Straflager in der Arktis, wo er eine 19-jährige Haftstrafe verbüßen sollte.
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