Kommentar / Zum Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Deutschland
Der deutsche Kanzler Olaf Scholz lässt keinen Zweifel daran, dass Deutschland fest entschlossen an der Seite der Ukraine steht. Trotz der Kritik von Populisten am rechten und linken Rand hält der Kanzler Kurs. Das ist gut so und für die Ukraine ein starkes Signal. Wenn der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in sein von Russland angegriffenes Land zurückkehrt, kann er Scholz’ Zusage von weiterer Militärhilfe der westlichen Partner im Wert von 1,4 Milliarden Euro mitbringen. Dazu werden Luftverteidigungssysteme, Artillerie und Drohnen gehören, wie Scholz bei Selenskyjs Besuch am Freitag im Kanzleramt sagte.
Das ist eine wichtige Unterstützung für die Ukraine, die nun in den dritten Kriegswinter seit dem brutalen Überfall Russlands gehen wird. Die von Wladimir Putins Truppen gezielt zerstörte Energieinfrastruktur in der Ukraine wird insbesondere für die Zivilbevölkerung zum Problem und soll die Widerstandskraft der Ukraine brechen. So weit darf es nie kommen. Siegt Putin in der Ukraine, muss er sich ermutigt fühlen, nach weiteren Staaten zu greifen, um seine imperialistischen Pläne umzusetzen. Es ist zu begrüßen, dass Scholz in den Kriegsjahren gemeinsam mit der Bundesregierung immer klar gemacht hat, dass die Waffenlieferungen aus Deutschland richtig sind und fortgesetzt werden. All das sichert das Überleben der Ukraine bislang.
Und doch ist auch die jüngste Zusage nur noch eine Schippe mehr von dem, was die Ukraine bereits bekommt. Was Selenskyj aber auch immer wieder gefordert hat, ist die Erlaubnis, die gelieferten Waffen des Westens tiefer auf russischem Territorium einsetzen zu dürfen. Marschflugkörper könnten weit hinter der Frontlinie die Abschusseinrichtungen russischer Raketen zerstören, die in der Ukraine nahezu täglich Zivilisten töten. Sie könnten Kommandostrukturen treffen, von wo aus die russischen Offensiven gelenkt werden, die auf beiden Seiten viele Menschenleben kosten. Es ist zu erwarten, dass Selenskyj diese Forderung erneuern wird bei der Vorstellung seines Siegesplans.
Kein Diktatfrieden
Was dieser Plan alles beinhaltet, ist bislang nicht bekannt. Immer deutlicher wird aber, dass sich grundsätzlich etwas an der Strategie ändern muss, wenn Selenskyj Putin tatsächlich mit militärischer Stärke an den Verhandlungstisch zwingen will. Das ist letztlich auch das Ziel aller westlichen Verbündeten der Ukraine, solange es am Ende keinen russischen Diktatfrieden geben wird und die Ukraine einverstanden ist. Um aber dorthin zu kommen, sollten auch die politisch Verantwortlichen in Deutschland, den USA und anderen Bündnispartnern der Ukraine bereit sein, zumindest zeitweise einen militärischen Strategiewechsel der Ukraine – etwa für den Einsatz von Marschflugkörpern – mitzutragen.
Zur politischen Realität gehört allerdings auch, dass mit Deutschland und den USA derzeit die beiden wichtigsten Unterstützernationen im Wahlkampf sind oder damit langsam beginnen und die Ukraine-Hilfen durchaus umstritten sind. Für Selenskyj könnte das zum Problem werden, wenn sein Plan zu drastische Zugeständnisse von Scholz und US-Präsident Joe Biden voraussetzt.
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