/ Zwischen Blockade und Plan B: EVP könnte sich nach Ersatzkandidaten umsehen
Wenn sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron am heutigen Freitag zum G20-Gipfel in Osaka (Japan) treffen, dann haben sie auch den ungelösten Personalstreit um die Topjobs der EU im Gepäck. Rechtzeitig vor dem Sondergipfel am Sonntag in Brüssel, so die Hoffnung, werden sie sich um einen Kompromiss bemühen.
Von unserem Korrespondenten Eric Bonse, Brüssel
Doch bisher sieht es nicht nach einer Einigung aus, im Gegenteil. Kanzlerin Merkel empfing am Mittwochabend den deutschen Spitzenkandidaten Manfred Weber im Berliner Kanzleramt – und schwieg. Derweil hält Macron an seinem Widerstand gegen Weber fest. Auch im Europaparlament, das den nächsten Kommissionschef wählen muss, geht es nicht voran.
Ein Abendessen der vier führenden Parlamentsfraktionen am Dienstag in Brüssel führte zu keinem Ergebnis. Der CSU-Politiker Weber konnte erneut keine Mehrheit auf sich vereinen. Dem Vernehmen nach weigerten sich Sozialdemokraten und Liberale sogar, seine Kandidatur für die Nachfolge von Jean-Claude Juncker zu diskutieren.
Die zweit- und drittstärkste Fraktion im neuen EU-Parlament halten an ihren eigenen Spitzenkandidaten fest: Frans Timmermans für die Sozialdemokraten und Margrethe Vestager für die Liberalen. Bestätigt fühlen sie sich durch neue Zahlen aus der Parlamentsverwaltung: Rein rechnerisch wäre eine Mehrheit gegen Weber möglich.
Demnach käme die linke Mitte auf 378 Sitze – zwei mehr als für eine Mehrheit nötig (376).
Linke „strecken ihre Hand aus“
Allerdings sind dabei schon die Linksparteien mitgezählt, die bisher nicht an Verhandlungen über eine neue Koalition beteiligt wurden. „Unsere Hand bleibt ausgestreckt“, sagte der deutsche Linken-Spitzenkandidat Martin Schirdewan.
Eine „progressive Allianz“ gegen Weber zeichnet sich allerdings nicht ab. Denn die Grünen wollen davon nichts wissen. Ein Bündnis für Weber scheint nach der Absage von Sozialdemokraten und Liberalen noch unwahrscheinlicher. Die Blockade im Parlament ist total.
Das wirkt sich auch auf den Koalitionsvertrag aus, den die vier etablierten Parteien (ohne Linke) schließen wollen. Ursprünglich sollte er schon Mitte Juni fertig werden, nun ist von Mitte Juli die Rede. Gestritten wird über den Klimaschutz und den Außenhandel. Auch soziale und digitale Themen sind noch nicht „abgeräumt“.
Beim Sondergipfel am Sonntag wird das Europaparlament deshalb keine neuen Impulse geben können. Eher sieht es so aus, als sei es im Personalpoker abgehängt worden. Die nun ablaufende Woche galt bei EU-Beobachtern als letzte Chance, auf den Gipfel Einfluss zu nehmen. Weber, aber auch seine Herausforderer, haben sie verstreichen lassen.
Derweil mehren sich die Stimmen innerhalb der Europäischen Volkspartei, die nach einem „Plan B“ rufen. Man müsse über einen Ersatzkandidaten für Weber reden, sagte Irlands Premier Leo Varadkar. Doch wer könnte das sein? Ganz oben auf der Liste steht Michel Barnier, der EU-Verhandlungsführer für den Brexit. Der konservative Franzose bringt alle Voraussetzungen für die Juncker-Nachfolge mit, schließlich war er auch schon einmal Binnenmarktkommissar.
Als weitere mögliche Ausweichkandidaten werden die Französin Christine Lagarde (derzeit beim Internationalen Währungsfonds in Washington) und Kristalina Georgieva (Geschäftsführerin der Weltbank) gehandelt. Beide haben einen großen Vorteil: Sie sind Frauen, und die EU möchte mindestens zwei von fünf frei werdenden Topjobs mit weiblichen Führungskräften besetzen.
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