Tierschutz / Amiavy ist auch während der Pandemie für Tiere da
Der Verein Amiavy setzt sich seit mehr als zehn Jahren in Luxemburg für das Wohl von Tieren ein. In Corona-Zeiten sieht der Verein sich konfrontiert mit vielen Menschen, die sich nach einem Haustier sehnen. Aktivistin Adela Fuentes betrachtet das mit Skepsis.
Der erste Lockdown sei schlimm gewesen, berichtet Adela Fuentes. Die Tierschützerin wurde durch die Pandemie vor besondere Herausforderungen gestellt. Als im letzten Jahr viele Menschen zu Hause bleiben mussten und im Home-Office arbeiteten, anstatt ins Büro zu gehen, hat die Nachfrage nach Haustieren zugenommen. Wie die Tierasyle wurde auch der Verein Amiavy mit vielen Nachfragen nach Haustieren konfrontiert. „Die Menschen haben sich gelangweilt“, sagt Fuentes. Die Tierschützerin sieht das kritisch. Irgendwann endet die Pandemie und die Menschen kehren wieder in die Büros zurück. Dann ist das neue Haustier bis zu zehn Stunden am Tag alleine. „Wir sind vorsichtig und vermitteln Tiere nur in Haushalte, wenn wir davon ausgehen können, dass die Bewohner Zeit haben, sich um sie zu kümmern.“
Dabei müssen sich die Tierschützer auf ihre Erfahrung verlassen. „Nach elf Jahren hat man ein Bauchgefühl dafür“, sagt Fuentes. Sie führt mit potenziellen Tierhaltern erst ein Telefongespräch. Manchmal schrillen dabei schon die Alarmglocken, erzählt sie. Etwa wenn jemand ihr sagt, er habe seinen letzten Hund abgegeben, weil er zu anstrengend war. Zudem sind die Tierschutzvereine in Luxemburg untereinander vernetzt und tauschen sich über potenzielle Halter, die negativ auffallen, aus. Wenn das Telefonat gut verläuft, besuchen die Tierschützer das Zuhause der Interessenten, führen ein Gespräch, lassen sich alles zeigen und lernen die anderen Haustiere des Haushaltes kennen. An deren Zustand lässt sich viel ablesen.
Wir sind vorsichtig und vermitteln Tiere nur in Haushalte, wenn wir davon ausgehen können, dass die Bewohner Zeit haben, sich um sie zu kümmernTierschutzaktivistin
Der Tierschutzverein sah sich zudem mit einem ganz praktischen Problem konfrontiert. Seit er besteht, vermittelt der Verein Hunde aus Portugal und Spanien. Die Gründungsmitglieder stammen aus diesen Ländern und kennen sich dort aus. Aufgrund der Pandemie konnten die Tierschützer allerdings zeitweise keine Tiere aus diesen Ländern nach Luxemburg bringen und hier vermitteln.
Klingeln und Reden
Eine weitere Arbeit des Vereins – auch während der Pandemie – ist es, auf Missstände im Umgang mit Haustieren zu reagieren. Wenn der Verein einen Hinweis erhält, dass ein Tier nicht gut gehalten wird, wird er aktiv. Allerdings können die Tierschützer natürlich nicht wie eine Behörde vorgehen und dem Haushalt das Tier wegnehmen. „Das Einzige, was wir machen können, ist, bei diesen Leuten zu klingeln und mit ihnen darüber zu reden, was der Nachbarschaft aufgefallen ist“, sagt Fuentes. Viele Leute hätten auch ein Einsehen und würden auf die Ratschläge der Tierschützer hören. So zum Beispiel die Halter eines angeleinten Schäferhundes, der nun regelmäßig Gassi geführt wird.
Der Fall eines Labradors ist bei Fuentes hängen geblieben. Der Hund muss bei Minusgraden draußen in einer Holzhütte schlafen. „Nach unserer Intervention haben die Halter den Hund im Winter öfters hereingelassen. Nachher war er trotzdem wieder draußen. Beim dritten Mal als wir geklingelt haben, war die Halterin genervt und zeigte keine Einsicht“, erzählt Fuentes.
Wenn nichts mehr hilft, dann bleibt dem Verein nichts weiter, als das Veterinäramt zu kontaktieren. Die Zusammenarbeit mit der Behörde habe sich in den zwei letzten Jahren deutlich verbessert, erzählt Fuentes, seit die Behörde extra eine Person beschäftigt, die für das Tierwohl zuständig ist. Das sei leider früher nicht der Fall gewesen. Sie erinnert sich an ein Schaf, das in einem „desolaten Zustand“ gewesen sei. Vom Veterinäramt habe der Verein keine Antwort erhalten. „In solchen Momenten merken wir, dass wir nicht immer für voll genommen werden.“ In Luxemburg gebe es auch nicht immer die notwendigen Kapazitäten, um sich um jeden Fall zu kümmern, glaubt Fuentes.
Würde nur auf dem Papier
Seit der Reform des Tierschutzgesetzes 2018 gesteht der Luxemburger Gesetzgeber Tieren eine Würde zu. Hat dies die Situation der Tiere verbessert? Fuentes muss über diese Frage lachen. „Das hört sich erst einmal fantastisch an. Im Ausland hat sich das auch bestimmt gut angehört. An den Umständen der Tiere hat es allerdings nichts verändert“, so die Tierschützerin. „Wenn man einen Hund von 20 Kilogramm auf sechs Quadratmetern halten darf“, so Fuentes, „kann man beim besten Willen nicht von Würde sprechen.“ Der Verein sieht sich öfters mit Situationen konfrontiert, in denen Tiere nicht gut gehalten werden, allerdings nicht gegen ein Gesetz verstoßen wird. Das Einzige, was sich in der Praxis verändert habe, sei die Höhe der Geldbußen für Tierschutzverstöße. Sie erinnert auch an die sogenannten Nutztiere: „Wenn wir sehen wie zum Beispiel Mutterschweine gehalten werden, können wir wirklich nicht von Würde sprechen.“
Ihr liegt die Geschichte von Nina am Herzen. Die Hündin lebte während Jahren auf nur 25 Quadratmetern in einem Garten. Selbst seitdem sie nicht mehr dort lebt, leide sie immer noch unter den Folgen, so Fuentes. Fremden gegenüber sei sie trotz Training immer noch sehr misstrauisch. Für einen solchen Hund eine neue Familie zu finden, stellt den Verein vor eine Herausforderung. Sie sei „kein Hund für Anfänger“, meint Fuentes.
Im Großen und Ganzen sei die Situation in Luxemburg allerdings – was Haustiere betrifft – nicht die schlechteste. Tiere würden hier oft als Familienmitglieder angesehen. Auch die Tierheime hierzulande seien gut. Zwischen ihnen und den Asylen selbst im nahen Ausland lägen oft Welten, so die Tierschützerin.
Der Verein Amiavy existiert seit 2009 und finanziert sich über Spenden. Der harte Kern des Vereins besteht aus acht Mitgliedern, sagt Fuentes. Neben den oben geschilderten Aktivitäten hilft der Verein auch Obdachlosen, mit ihren Tieren zum Tierarzt zu gehen, und begleicht die Rechnung. Dazu hilft Amiavy Hunden, die aus Laboren „entlassen“ worden sind, ein neues Zuhause und eine liebevolle Familie zu finden, die sich um sie kümmert. Das allerdings habe in letzter Zeit aufgehört, erklärt Fuentes. „Wir bekommen keine mehr raus“, so die Tierschützerin. Den genauen Grund dafür kennt sie nicht.
Nicht wegsehen
Des Weiteren hilft der Verein, frei lebende Katzen einzufangen, zu behandeln, zu chippen und zu kastrieren. Eigenen Angaben zufolge hat der Verein über die letzten Monate bei Bettemburg 23 Katzen eingefangen und nach der Behandlung wieder entlassen. Laut Gesetz gehören Katzen, die auf Bauernhöfen herumirren („chats errants dans les exploitations agricoles“), niemandem. Oft handele es sich um wilde Katzen, die sich einen Bauernhof als Dach über dem Kopf auserkoren haben, oder es sind Katzen, die dort geboren wurden. In so einem Fall steht kein Besitzer fest, der die Katzen mit einem Chip versehen, kastrieren oder sterilisieren müsste. Das ging 2019 aus der Antwort von Landwirtschaftsminister Romain Schneider (LSAP) auf eine parlamentarische Anfrage von Marc Goergen (Piraten) hervor. Fuentes verweist auf das Saarland. Dort geht man radikal vor. In einem Bericht der ARD heißt es: „Katzenhalter werden per öffentlicher Vorankündigung über die Kastrationsaktion informiert. Katzen, die nicht gekennzeichnet und registriert sind, können dann von den Tierschutzvereinen eingefangen werden. Beim Tierarzt werden die Tiere gechippt und kastriert.“
Wenn Adela Fuentes Schulklassen besucht, um über Tierschutz und Tierversuche zu sprechen, gibt sie den Schülern ein Zitat von Albert Einstein mit auf den Weg, sagt sie. „Die Welt wird nicht bedroht von den Menschen, die böse sind, sondern von denen, die das Böse zulassen.“ Damit will sie die Schüler daran erinnern, nicht die Augen zu verschließen, wenn sie ein Lebewesen sehen, das leidet.
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