/ „Bei uns sind auch Keyboard und Gitarre willkommen“: Harmonie Kleinbettingen feiert 125. Jubiläum
„125 Joer Harmonie Klengbetten“ – das muss groß gefeiert werden. Der Verein scheut sich nach wie vor nicht davor, neue (musikalische) Wege zu bestreiten. Am 26.9. wurde mit den „Déckkäpp“ gefeiert, am 28.9. trat das Ensemble „D’Hunneg-Strëpp“, ebenfalls Teil der Musikgesellschaft, mit u.a. der Rockgruppe Mutiny on the Bounty und dem Rapper Maz auf.
Alles begann am 30. August 1894, als mehrere Bahnarbeiter und Zöllner beschlossen, den „Musik-, Gesangs- und Feuerwehrverein Bettingen“ ins Leben zu rufen. Dieser hatte zunächst 86 Mitglieder. „Der Feuerwehrkorps funktionierte aber nie wirklich, sodass er bald aufgelöst wurde. Das Gleiche geschah mit dem Chor, sodass nur noch die Musiker übrig blieben “, erzählt Nico Kaufmann, der Präsident der Musikgesellschaft.
Heute zeugt lediglich eine alte Draisine von der Vergangenheit des Vereins als Feuerwehrkorps. Die Gemeinde, die das Gefährt besitzt, stellt es dem Orchester anlässlich der Feierlichkeiten zur Verfügung.
Häufig vor dem Aus
1897 wurde Bettingen in Kleinbettingen umgetauft. Die Musikgesellschaft änderte folglich ihren Namen. Die Ortschaft profitierte damals vom Boom der Eisenbahn. Zwei wichtige Linien durchquerten das Dorf. Der Zulauf an neuen Mitgliedern war gesichert. „Es gab aber auch Streitigkeiten. Ganze Vorstände nahmen ihren Hut. Der Verein stand trotz ausreichend Mitgliedern oft vor dem Aus“, blickt Nico Kaufmann zurück. „Am Ende haben sich aber alle wieder aufgerafft und so ging die Reise weiter.“
Die Musiker übten anfangs im alten Schulsaal hinter der Kirche. Dort steht heute die Sakristei. 1908 bauten sie mit Eigenmitteln einen neuen Musiksaal, gleich neben dem heutigen Restaurant „De Bräiläffel“, dessen Inhaber Aloyse Jacoby, Vorsitzender des Organisationskomitees, ist. Der Übungssaal wird auch heute noch genutzt.
Während des Zweiten Weltkrieges fanden sämtliche Aktivitäten nicht statt. So konnte unter anderem der 50. Geburtstag des Vereins nicht gefeiert werden, weil er in diese Zeit fiel.
Von der Fanfare zur Harmonie
1967 war ein wichtiges Jahr für die Fanfare. Sie nahm am sogenannten „Concours“ teil, einem Wettbewerb für sämtliche Musikvereine des Landes, und belegte – bei ihrer bislang einzigen Teilnahme – einen Spitzenplatz in ihrer Klasse und stieg in die höhere Division auf. 1968 wurde dann daraus eine Harmonie, also ein Orchester mit Holzblasinstrumenten wie Querflöte und Klarinette.
Seit 2006 ist die Harmonie Kleinbettingen eine ASBL. Sie zählt heute etwa 80 Mitglieder, darunter rund 60 Musiker, Tendenz steigend. „Seit dem Musikschulgesetz von 1998 organisiert die UGDA die Kurse und die Gemeinden stellen den Schülern ein Lokal zur Verfügung. Die Proben finden so an unterschiedlichen Orten statt“, erklärt Nico Kaufmann.
„Wir wollen die Leute zum Musizieren bewegen“
„An Nachwuchs fehlt es nicht“, beteuern die beiden Vorstandsmitglieder. Wenn ein junger Musiker kein Instrument besitzt, stellt der Verein ihm eines zur Verfügung, bis er selber eines erwerben kann. „Wir wollen die Leute zum Musizieren bewegen. Das Fehlen eines Instruments darf da kein Hindernis sein.“
Welche Instrumente sind denn bei den Jüngsten am beliebtesten? Bei den Mädchen stehen vor allem Querflöte und Saxofon hoch im Kurs. Die Jungen ihrerseits bevorzugen das Schlagzeug, sträuben sich aber, wenn sie Xylofon oder Triangel spielen müssen. „Sie gehören aber auch zu den Schlaginstrumenten“, lacht Aloyse Jacoby. Konkurrenz bekommen die klassischen Orchesterinstrumente beispielsweise vom Klavier und der Gitarre. „Hier gibt es eine Warteliste in der Musikschule“, sagt Nico Kaufmann. In Kleinbettingen sei dies aber kein Problem: Man baue diese Instrumente einfach ins Orchester ein.
Zwei Musikgesellschaften in der Gemeinde
Das Verhältnis zur anderen Musikgesellschaft in der Gemeinde, der „Stengeforter Musek“, sei gut, so Nico Kaufmann und Aloyse Jacoby einstimmig. Zwischen 1978 und 1985 hätten beide Orchester sogar denselben musikalischen Leiter gehabt. Gemeinsame Konzerte gibt es, mit Ausnahme des Auftritts an Nationalfeiertag, aber selten. 1998 standen sie jedoch gemeinsam auf der Bühne, um ein Konzert der Gesangsvereine zu begleiten. „Es war eng. Mehr als 100 Personen mussten sich die Bühne teilen. Aber es war auch schön“, erinnert sich Kaufmann.
Für Events haben die beiden Vereine mittlerweile ein Modus vivendi gefunden. Sie wechseln sich ab, zum Beispiel bei der musikalischen Begleitung der Kommunion oder des „Kleeschen“. „Beide Vereine haben ein eigenes Repertoire. Wir spielen eher moderne Musik“, erklären die Vorstandsmitglieder aus Kleinbettingen. Verantwortlich hierfür ist vor allem der musikalische Leiter Rob Köller, „ein wahrer Entertainer“.
Ein Comeback auf der Theaterbühne
In den Anfangsjahren organisierte der Verein ebenfalls Theateraufführungen, die so beliebt waren, dass eine Bühne ins Vereinshaus eingebaut wurde. Als 1961 die vorerst letzte Aufführung stattfand, wurde sie wieder abgebaut.
In der Zwischenzeit ist diese Tradition aber wiederbelebt worden. 2016 beschlossen mehrere junge Musiker, wieder ein Theaterstück aufzuführen, aber nicht im Musiksaal, sondern im größeren Pfarrsaal zwischen Kleinbettingen und Hagen. Mit Erfolg: Mehrere Hundert Zuschauer werden jedes Jahr gezählt.
Jugend am Ruder
Die Harmonie ist ein dynamischer Verein. Sie nimmt an quasi allen öffentlichen Events im Dorf teil. Beliebt ist unter anderem der „Dag um Weier“ Anfang September. Dabei war die Harmonie zu Beginn gar nicht am Handwerkermarkt beteiligt. Sie übernahm das Sommerfest 2009 von einem anderen Verein.
Die Jugend spielt eine wichtige Rolle im Verein und zeigt sich auch sehr engagiert. So übernahmen kurzerhand die jungen Vereinsmitglieder das Ruder, als beschlossen wurde, den seit den 1990ern jedes Jahr stattfindenden Fastnachtsball aufzugeben. Dieser wurde von 2009 bis 2014 durch das ebenso erfolgreiche Festival „Mess for Masses“ ersetzt. Doch das Ganze war mit sehr viel Arbeit verbunden, sodass damit erst mal Schluss ist.
Galakonzert mit Gästen
„Wibbeleg“ ist die Harmonie aber weiterhin. Im Fokus steht unter anderem das Galakonzert im „Centre Roudemer“ in Steinfort. Es findet jedes Jahr im November statt und vereint das Orchester seit 2004 mit anderen Musikgruppen auf einer Bühne. „Das Thema ist immer ein anderes. 2004 war die bekannte Band ‚Providers‘ dabei. Wir hatten aber auch schon klassisch angehauchte Konzerte oder portugiesische Musik“, erzählt Jacoby. 2019 steht eine musikalische Zeitreise auf dem Programm.
Vor ein paar Jahren wurden dann auch noch die „Hunnëg-Strëpp“ gegründet. Neun Mitglieder der Harmonie spielen in dem Ensemble vorrangig moderne Lieder. Wer wagt bei einer solchen Dynamik noch zu behaupten, die Harmonie gehöre zum alten Eisen – auch mit 125 Lenzen?
- Roland Breyer, ein Leben im Dienst der Gemeinde - 17. September 2020.
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