Gemeinderat / „Die Mondorfer haben den Ernst der Situation verstanden“
Mondorf hat die Krise bislang gut gemeistert. Trotzdem plagen die Thermalstadt wirtschaftliche Einbußen in der Gemeindekasse. Und Bürgermeister Steve Reckel (DP) hat erneut die Erfahrung gemacht, dass 20 Stunden „Congé politique“ bei weitem nicht ausreichen.
5.300 Einwohner zählt Mondorf und in der Gemeinde stehen große Projekte an. Velodrom, Wohnungsbau, ein neues Dach für die Sporthalle, um nur einige zu nennen. Knapp 80 Millionen Euro beträgt der Etat der Gemeinde. In diesem Jahr fehlen Einnahmen. Da ist zum einen das Casino, das jährlich rund vier Millionen Euro in die Kasse spült und immer noch auf unbestimmte Zeit geschlossen ist. Bürgermeister Steve Reckel (DP) rechnet deshalb damit, dass sich dieser Betrag im „Corona-Jahr“ halbiert.
Das „Domaine thermal“ ist ebenfalls geschlossen. Die Gäste fehlen. „Die Kuren, die jetzt ausgefallen sind, können nicht nach hinten verlegt werden“, sagt Reckel. „Das ‚Domaine thermal’ war für dieses Jahr ausgebucht.“ 2020 wird allerdings nach Lage der Dinge kein gutes Jahr für den mit 330 Mitarbeitern größten Arbeitgeber der Stadt.
Falsches Signal: Geringere Zuschüsse vom Staat
Hinzu kommt die herabgesetzte Dotation des Staates an die Gemeinden für 2020. Sie wird um 17,4 Prozent gekürzt, was in absoluten Zahlen 2,6 Millionen Euro bedeutet, die fehlen. Das zusammen mit den Einbußen beim Casino wird rund fünf Millionen Euro weniger bei den kommunalen Einnahmen im ordentlichen Budget ausmachen, die in normalen Jahren bei rund 27,8 Millionen Euro liegen. Dem stehen 21 Millionen Euro an Ausgaben im ordentlichen Budget gegenüber.
Die Umsatzmisere bei Casino und „Domaine“ waren abzusehen. Aber dass der Staat jetzt zusätzlich die Dotationen an die Gemeinde senkt, macht den Bürgermeister wütend. „Das ist eine Katastrophe“, sagt Reckel. „Jetzt werden die Gemeinden auch noch bestraft, indem sie nicht den Betrag kriegen, mit dem sie gerechnet haben.“ Eine Kürzung 2021 hätte zwar auch wehgetan, aber für das Krisenjahr 2020 sei es das falsche Signal der Regierung an die Gemeinden, so der Bürgermeister.
Budget im Gleichgewicht halten
Für Mondorf wird es schwierig, das vor der Krise avisierte Budget im Gleichgewicht zu halten. „Wir hoffen, dass wir nicht einen größeren Kredit aufnehmen müssen, als vorgesehen“, sagt Reckel. „Wir versuchen Projekte langsamer anzugehen und vielleicht müssen wir Projekte, die in der Analyse sind, wo Studien laufen, ganz streichen.“ Vor der Krise war ein Kredit von 10 Millionen Euro angesetzt. Wie es danach aussieht, muss sich noch zeigen.
Eines dieser Projekte, die zurückgestellt werden, ist die Renovierung des Daches der Sporthalle. Die Ausschreibung für die Arbeiten sollten schon laufen und im Juni sollte es mit den Arbeiten losgehen. Wegen Corona wurde alles ausgesetzt. In der Sitzung des Gemeinderates am Mittwoch haben die Räte die Entscheidung getroffen, das ganze Projekt für dieses Jahr zu stoppen. „Das hilft unserem Budget“, sagt der Rathauschef.
Nicht zurückgestellt ist der Wohnungsbau in Altwies, der unter dem Stichwort „Millebaach“ firmiert. Dort tritt die Gemeinde als Bauherr auf und baut vier Einfamilienhäuser und drei Apartments, die dem sozialen Wohnungsbau dienen. Die Häuser werden verkauft, die Apartments vermietet. Kostenpunkt: 5,3 Millionen Euro. „Das ist für mich ein ganz wichtiges Projekt, weil es das erste Mal ist, dass die Gemeinde so etwas macht“, sagt Reckel.
Ebenfalls nicht zurückgestellt sind die drei Sportplätze für den Tennisklub von Mondorf. „Sie hatten keine eigenen und sie warten schon sehr lange darauf“, sagt Reckel. Mit einem „bail emphytéotique“ pachtet die Gemeinde das Gelände vom Staat, das sich bei der Thermalanlage befindet.
„Congé politique“ reicht nicht
Es gab und gibt also viel zu tun. Deswegen hat der Rathauschef seine Mitarbeiter schnell aus dem Home-Office zurückgerufen. 24 Angestellte zählt die Verwaltung und rund 30 der „Service technique”. Alle arbeiten seit dem 17. April wieder vor Ort. „Das Rathaus ist so groß, wir haben hier alle ein eigenes Büro“, sagt der Chef, der seit Beginn der Krise im Treiben ist. Mehr als sonst. Corona hat ihn in seiner Meinung bestätigt.
„Die 20 Stunden ‚Congé politique’ sind eine Frechheit”, sagt Reckel. „In der Krise war ich jeden Tag hier.“ Er hat das schon mehrmals öffentlich gesagt und hegt Befürchtungen: „Wenn das nicht bald geändert wird, will irgendwann niemand mehr Politik machen.“ Eine Gemeinde braucht einen Direktor in Vollzeit, so seine Meinung.
Seine Hoffnungen liegen in der „Réforme communale“, die das Innenministerium ausarbeiten will. „Wir sind alle keine professionellen Politiker wie Abgeordnete oder Minister, haben aber in meinen Augen mehr Verantwortung“, sagt Reckel. „Das gilt auch für die Schöffen.“
Etwas Gutes aber hatte die Krise. Der Bürgermeister ist stolz auf die Mondorfer. „Die Einwohner waren sehr diszipliniert und sehr verständnisvoll“, sagt er. „Die Mondorfer haben den Ernst der Situation verstanden.“
Regional-Initiative
Rund 65.000 Euro gibt die Gemeinde für Bons im Wert von 25 Euro aus, die an die Bürger verteilt werden. Sie sollen für einen Einkauf bei den Geschäftsleuten vor Ort verwendet werden. „Das soll einen Anreiz schaffen, regional zu denken und einzukaufen“, sagt Reckel. „Unsere Geschäftswelt braucht Unterstützung.“ Die Gemeinde hat den Einzelhändlern die Mieten erlassen, die in Gemeindegebäuden ihre Geschäfte haben. Jetzt ist es an den Kunden, mit ihrem Einkaufsverhalten zu helfen.
Tourismus-Offensive
Mondorf ist der „European Historic Thermal Towns Association“, kurz EHTTA, beigetreten. Sie hat nach eigenen Angaben rund 50 Mitglieder in 17 Ländern und vermarktet die Mitglieder touristisch. Spa in Belgien, Baden-Baden in Deutschland oder Vichy in Frankreich sind Mitglieder, jetzt auch Mondorf. „Wir sind wahrscheinlich die kleinste Thermalstadt, die dabei ist“, sagt Reckel. „Deswegen ist es umso besser, mitzumachen.“ Die EHTTA wurde 2009 in Brüssel als eine Non-Profit-Organisation gegründet. Sie hat zum Ziel, ein starkes Netzwerk von Partnerschaften zwischen Städten und Kurorten zu schaffen und den Austausch zwischen den kulturellen Akteuren der Städte zu fördern. Für Mondorf ist es Imagepflege.
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