Wohnen in Esch / Gemeinde will Eigentümer verklagen, deren Mieter ihretwegen im Warteregister stehen
Die Diskussion rund um das gemeinsame Wohnen in Esch ebbt nicht ab. Dem Schöffenrat war es wichtig, erneut einiges klarzustellen. Im Gespräch mit dem Tageblatt betonte der frisch gebackene Sozialschöffe Christian Weis, dass Menschen, die auf dem Warteregister stehen und deswegen ihre Rechte verlieren, der Stadt nicht egal seien. Die Gemeinde wolle nun einiges in die Wege leiten, um ihnen zu helfen – und Eigentümer, die sich nicht an das Gesetz halten, zu bestrafen.
In der Gemeinderatssitzung vom 10. Juli 2020 war von 57 Personen die Rede, die aufgrund von Problemen bezüglich des gemeinsamen Wohnens auf dem „Registre d’attente“ der Stadt Esch stünden. „Für 15 von ihnen wurde bereits eine Lösung gefunden“, sagt Sozialschöffe Christian Weis. Es stünden aktuell also noch 42 Personen in Zusammenhang mit dieser Problematik auf dem Warteregister. 25 von ihnen leben in sogenannten „Chambres all in“. Das sind möblierte Zimmer, die von einem Unternehmen für einen kurzen Zeitraum zur Verfügung gestellt werden. „Bei diesen Firmen ist jeder sich einig, dass gegen sie vorgegangen werden muss“, sagt Stadtarchitekt Luc Everling. Denn sie mieten günstig, vermieten teuer und drücken damit die Preise auf dem Wohnungsmarkt in die Höhe. 17 Menschen leben in Zimmern, die von Privatpersonen vermietet werden.
„In den 42 Fällen sind alle Betroffenen auf dem Laufenden und kein einziger Vermieter hat die von uns geforderte Prozedur eingereicht“, sagt Everling. Der Grund dafür, dass die Personen auf dem Warteregister stehen, sei nie der Punkt im PAG gewesen, sondern nur die Tatsache, dass die Vermieter sich nicht an das Gesetz von 2019 gehalten haben.
Unabdingbare Deklaration
Im Gesetz vom 20. Dezember 2019 steht: „Tout propriétaire ou exploitant qui donne en location ou met à disposition une ou plusieurs chambres est tenu de les déclarer préalablement au bourgmestre de la commune en indiquant le nombre maximum de personnes pouvant y être logées et en joignant à la déclaration un plan des locaux.“ Diese Deklaration habe niemand gemacht.
Wenn sich jemand auf der Gemeinde anmelden wolle, der Vermieter sich jedoch nicht an das Gesetz halte, sei die Kommune durch ein weiteres Gesetz dazu verpflichtet, diese Person auf das Warteregister zu setzen. Dabei handelt es sich um das Gesetz vom 19. Juni 2013, in dem geschrieben steht: „Sont inscrits sur le registre d’attente: a), les personnes qui sollicitent une inscription sur le registre communal, mais dont l’endroit où elles entendent établir leur résidence habituelle ne saurait servir à cette fin parce qu’une disposition légale ou réglementaire y interdit la résidence habituelle pour des motifs de sécurité, de salubrité, d’urbanisme ou d’aménagement du territoire.“
Nach mehreren ‚rappels’ und ‚derniers rappels’ werden wir nun den Weg einschlagen, Strafanzeige gegen diese Vermieter zu erstatten. Das ist die einzige Möglichkeit, die der Gemeinde noch bleibt.Stadtarchitekt in Esch
Die Verantwortung liege also ganz klar beim Vermieter. „Da gibt es keine Ausrede“, sagt Christian Weis. Der Gemeinde seien die Menschen, die auf dem Warteregister stehen, allerdings nicht egal. Es gehe also jetzt darum, zu schauen, was die Gemeinde tun kann, um für sie Lösungen zu finden. Weis sieht nur drei Möglichkeiten: „Nichtstun ist für uns keine Option. Die Mieter trotz allem anmelden, damit alle zufrieden sind, ist auch keine Alternative, weil wir dann die nationale Gesetzgebung ignorieren würden.“ Esch habe sich also nun dazu entschieden, mit den sozialen Diensten der Stadt zu schauen, ob sich die Personen, die auf dem Warteregister stehen, schon einmal bei ihnen gemeldet haben. Ist das nicht der Fall, wird erörtert, ob die Stadt auf sie zugehen und sie an die sozialen Dienste orientieren kann. „Dann müssen wir von Fall zu Fall evaluieren, wie ihnen geholfen werden kann. Ihnen könnte eventuell eine ‚adresse de référence’ gewährt werden – auch wenn das nur eine temporäre Lösung wäre“, sagt Weis. Es gehe darum, die Menschen zu orientieren, sodass sie ihre Rechte gegenüber ihrem Vermieter einfordern können.
Wichtig sei auch, gegen die Eigentümer vorzugehen, die daran schuld sind, dass Menschen auf dem Warteregister landen. „Sie haben von uns schon 2018/2019 – einer sogar 2013 – einen Brief bekommen, in dem stand, dass sie eine ‚colocation’ anmelden müssen“, gibt Everling zu bedenken. Sie hätten im Bewusstsein, dass sie gegen ein Gesetz verstoßen, weitervermietet. Nach mehreren „rappels“ und „derniers rappels“ würde die Gemeinde nun den Weg einschlagen, Strafanzeige gegen diese Vermieter zu erstatten. „Das ist die einzige Möglichkeit, die ihr noch bleibt“, stellt Everling klar.
„Revis“-Gesetz ändern
Das Problem, das ein gemeinsamer Mietvertrag mit sich bringt, erkennt die Gemeinde an. Das aktuelle „Revis“-Gesetz berücksichtigt nämlich die Gehälter aller Personen, die zusammenleben. Verdienen in einem Dreierhaushalt also zwei ganz gut, erhält der dritte – falls er es braucht – kein Einkommen zur sozialen Eingliederung, kurz „Revis“. „Am ‚Revis’-Gesetz müsste das geändert werden“, sagt Weis. Die Tatsache, dass jemand in einer WG wohne, dürfe auf keinen Fall verhindern, dass diese Person „Revis“ beziehen kann.
Im „Revis“-Gesetz müssten die Haushalte einzeln betrachtet werden. Leben drei Menschen mit einem gemeinsamen Mietvertrag in einem Haus in Esch, werden sie von der Gemeinde als drei Haushalte angesehen. „Diesbezüglich haben wir unsere Vorkehrungen bereits getroffen“, sagt Everling. Personen, die den Mindestlohn verdienen und auf Prämien angewiesen sind, würden von dieser Politik bereits profitieren. „Prämien werden nämlich je nach Haushaltseinkommen – unabhängig vom Mietvertrag – vergeben“, erklärt er.
Auf die Frage, wieso andere Gemeinden sich nicht derart strikt an das Gesetz halten und Menschen auf das Warteregister setzen, weil Vermieter sich nicht an die Regeln halten, erwidert Weis: „Uns ist es egal, was andere Gemeinden machen. Ich denke, dass sie alle froh wären, wenn wir eine Lösung gefunden haben, an der sie sich orientieren können.“ Das Problem mit den Schlafhändlern gebe es schließlich nicht nur in Esch – und in dem Punkt, dass das kein erschwinglicher und würdiger Wohnraum ist, seien sich alle einig.
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Das Gericht wird ihnen was husten, wenn jemand, der weder Eigentümer, Mieter, Schuldner oder sonstwas ist, jemanden deswegen verklagen will.