Gemeindepolitik / Grevenmacher: Budget mit Optimismus, Courage und Verantwortung
Es ist Monique Hermes’ erstes Budget für Grevenmacher, das sie im Gemeinderat vorgestellt hat. Die 73-Jährige ist für Léon Gloden, der in der Regierung Frieden Innenminister geworden ist, nachgerückt. In ihrer Rede vor dem elfköpfigen Gremium hat sie ein Budget angekündigt, das von Optimismus, Courage und Verantwortung geprägt ist und eine Investitionspolitik mit „Augenmaß“ enthält.
Die Budgetpräsentation ist Neuland für Monique Hermes – obwohl sie schon seit zwölf Jahren als Erste Schöffin im Gemeinderat sitzt. Als Erstes wird üblicherweise geprüft, ob die Prognosen für das abgelaufene Jahr noch „à jour“ sind. Die gute Nachricht ist: Die Gemeinde hat 2023 mehr eingenommen als ursprünglich geplant. Statt 28,2 Mio. flossen 30,9 Mio. Euro in die Gemeindekasse.
1,1, Mio. Euro kommen von einem Mehr aus dem staatlichen „Fonds de dotation globale communale“ (FDGC). Noch einmal 500.000 Euro stammen aus einem Plus bei den Gewerbesteuereinnahmen und der Rest resultiert aus Sparmaßnahmen. Um zu sparen, ist einiges beschlossen worden. Grevenmacher schließt das Schwimmbad früher, schaltet die Beleuchtung an öffentlichen Gebäuden nach 22.00 Uhr ab, genauso wie dekorative Bodenbeleuchtung.
Straßenleuchten wurden systematisch auf LED umgestellt und Heizungsanlagen in öffentlichen Gebäuden optimiert. Das sind nur einige der Sparmaßnahmen, die zum Plus auf der Einnahmenseite führen. Bei den Ausgaben von 25,4 Mio. Euro im ordentlichen Haushalt schlagen vor allem die 10 Mio. Euro Personalkosten zu Buche, die 2024 noch einmal steigen werden.
Steigende Personalkosten und „Centre culturel“
Auf 71 Mitarbeiter ist die Gemeindeverwaltung angewachsen und es sollen 2024 weitere Einstellungen folgen. Ein Jurist, ein Sportkoordinator sowie ein Bühnentechniker für das neue „Centre culturel“ sind unter anderem geplant. Karrieresprünge und Indextranchen kommen hinzu. Die Gemeinde erwartet ein Mehr an 1,3 Mio. Euro an Ausgaben bei diesem Punkt für 2024.
Positiv bleibt ebenfalls festzuhalten, dass eingeplante Kredite in Höhe von 19,5 Mio. Euro nicht in Anspruch genommen werden mussten. Außerdem ist die Summe dessen, was gebraucht wird, zwischenzeitlich auf 12 Mio. Euro gesunken, sechs Millionen davon fallen demnächst an. Grevenmacher hat eine Großbaustelle mit mehreren Teilen, die vor allem beim außerordentlichen Budget ins Gewicht fallen.
Das neue Kulturzentrum wächst, der an gleicher Stelle geplante unterirdische Parkplatz ebenso. Gleichzeitig erhält der vor dem Gebäude liegende Platz „Schweinsmoart” bei der Gelegenheit einen neuen Belag und wird umgestaltet. Ein Busbahnhof ist geplant. Das erklärt die Steigerung der Ausgaben im außerordentlichen Haushalt zwischen 2023 und 2024 von 23,4 Mio. auf 32,7 Mio. Euro. Außerdem hat die Gemeinde 2023 für 1,7 Mio. Euro Gebäude und Gelände aufgekauft – für weitere Wohnprojekte sowie rund um die Grundschule.
Geländeankäufe und Zweigstelle für Gemeindeverwaltung
2,5 Mio. Euro sind für den gleichen Zweck für 2024 eingeplant. Die Grundschule muss nicht erweitert werden. Aber sie muss in der Nutzung umgestaltet werden. Zu kleine Verwaltungsräume oder nicht mehr zeitgemäße Funktionalität der Räume in einzelnen Zyklen sind nur zwei Gründe. Eine neue Sporthalle für Schule und „Maison relais“ ist angedacht. Hermes kennt die Gebäude nur zu gut aus ihrer Zeit als Grundschullehrerin.
Ein weiteres wichtiges Projekt 2023 war der unterschriftsreife Bebauungsplan für das Wohngebiet „Pietert“. Die Eigentumsverhältnisse auf dem Gelände für das Bauvorhaben für rund 250 Neubürger sind verwickelt und reichen bis in die USA. Fast vier Jahrzehnte hat es gedauert, sie alle unter einen Hut zu bekommen. „Die Unterschrift war für mich nach so langer Zeit ein grandioser Moment“, sagt Hermes. Ein weiteres Projekt für 2024 ist die Fertigstellung der „Maison Nr. 3“ am Marktplatz, ein Haus, das zukünftig eine Zweigstelle der Gemeindeverwaltung sein soll.
Das Rathaus platzt aus allen Nähten. 2011 verkauft die Gemeinde das Haus an prominentem Platz für 435.000 Euro. 2021 kauft sie es für mehr als das Vierfache zurück und zahlt 1,9 Mio. Euro. Sieben Büros plus Konferenzsaal entstehen in dem Gebäude und ermöglichen kurze Wege. Monique Hermes hofft, dass die betroffenen Mitarbeiter im Sommer 2024 umziehen können. Der Platz selbst soll von Autos, die ihn jetzt noch als Parkplatz nutzen, befreit werden. Grevenmacher wird sich also unter ihrer Ägide verändern – auch wenn vieles davon schon unter ihrem Vorgänger Léon Gloden geplant und begonnen wurde.
Drei Fragen an … Monique Hermes, Bürgermeisterin von Grevenmacher
Tageblatt: Sie sind spät in die Politik eingestiegen, wollten dieses Jahr gar nicht mehr „mitgehen“ – und nun Bürgermeisterin. Haben Sie damit gerechnet?
Monique Hermes: Gerechnet habe ich damit nicht. Ich wurde schon vor meiner Zeit im Gemeinderat gefragt, zu kandidieren, aber ich war viel zu gerne Lehrerin. Dieses Mal habe ich lange überlegt, noch mal zu kandidieren. Aber angesichts des Ergebnisses hätte ich die Grevenmacher immens enttäuscht, wenn ich beim Nachrücken „nein“ gesagt hätte. Bürgermeisterin von Grevenmacher zu sein, macht mich stolz.
Sie haben Ihre Budgetrede mit einem Bekenntnis zu Respekt beendet. Welche Werte sind Ihnen noch wichtig?
Respekt ist mir sehr wichtig. In Grevenmacher sitzen Räte am Tisch, die alle sehr kompetent in ihren Bereichen sind. Und ich schätze Zusammenarbeit und Fairness. Falschheit kann ich gar nicht gebrauchen. Deswegen habe ich mir für mich vorgenommen, authentisch zu bleiben und tolerant. Diese Werte habe ich auch in der Schule weitergegeben.
Sie schreiben Essays über die Geschichte der Region. Woher kommt Ihr Interesse für Geschichte?
Wir haben hier in Grevenmacher acht Nationalmonumente. Das begeistert mich. Das Interesse für Geschichte ist auf der Schusterbank bei meinem Großvater entstanden. Da bin ich aufgewachsen. Er hatte ein unheimliches Wissen. „Was du hast ererbt von Deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen, und dann kannst du es weitergeben“, das ist ein Prinzip von mir.
Kurzbiographie Monique Hermes
Die ehemalige Grundschullehrerin steigt erst nach ihrer Pensionierung in die Gemeindepolitik ein. Auf Anhieb erreicht sie 2011 den Platz der Zweitgewählten, was sie in den folgenden Legislaturperioden noch ausbaut. Nicht überraschend rückt das CSV-Mitglied nach den Nationalwahlen 2023 für den aktuellen Innenminister Léon Gloden nach. „Eine Bürgermeisterin muss nachfragen, zuhören und abwägen“, sagt sie zu ihrer Arbeitsweise. Sie ist 1950 in der Hauptstadt geboren und in Redingen/Attert aufgewachsen. Die Moselgegend kennt sie als Babysitterin aus Jugendzeiten und tritt in Grevenmacher nach der Ausbildung eine Stelle als Grundschullehrerin an, die sie bis zu ihrer Pensionierung innehat.
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In Grevenmacher zumindest, scheint die CSV Nachwuchsprobleme zu haben.