Gemeinderat Petingen / Grünes Licht für das umstrittene Bauprojekt „La croix cassée“ in Rodange
Am 14. März, kurz vor dem Lockdown, fand in Rodange eine Protestaktion gegen das Bauprojekt „La croix cassée“ statt. Die Anrainer hatten etliche Kritikpunkte. Der Bürgermeister kündigte Entgegenkommen an. Am 20. April stand das umstrittene Bauprojekt auf der Tagesordnung des Gemeinderats.
Auf einem 3,82 Hektar großen Gelände zwischen der rue de l’Ecole, rue Nicolas Biever und rue Josy Meyers soll ein neues Viertel entstehen. Das Projekt sieht die Schaffung von insgesamt 178 Wohneinheiten vor: 37 Einfamilienhäuser, 74 Mehrfamilienhäuser und 67 Wohnungen in einem Seniorenheim. Ein Anteil des Geländes muss laut Gesetz an die Gemeinde für öffentliche Einrichtungen abgetreten werden. Statt der üblichen 25 Prozent beschloss die Gemeinde Petingen aber, 28,026 Prozent in Besitz zu nehmen. Das sind umgerechnet 11,5 Ar. Die drei zusätzlichen Prozent werden dem Immobilienmakler vergütet. So zahlt die Gemeinde den Spielplatz und das „Stadtmobiliar“ (Bänke, Tische, Laternen usw.), die auf dem Gelände des Maklers eingerichtet werden. „Das zusätzliche Gelände wird für Anpassungen im Interesse der Bevölkerung genutzt“, erklärte Bürgermeister Pierre Mellina (CSV) in der Gemeinderatssitzung vom 20. April.
Das Dossier wurde von der „Cellule d’évaluation“ des Innenministeriums analysiert. Dieses Gremium kontrolliert unter anderem, ob das Projekt konform zum Allgemeinen Bebauungsplan (PAG) ist. Die Experten hätten aber lediglich einige technische Beanstandungen gehabt, so Mellina. Auch die Einwohner durften sich äußern. Ab dem 18. November 2019 hatten sie 30 Tage lang Zeit, um das Dokument unter die Lupe zu nehmen und etwaige Kommentare abzugeben. 32 Briefe gingen bei der Gemeinde ein.
Verkehr und Grünzonen
16 Personen der rue de l’Ecole befürchten unter anderem eine Erhöhung des Verkehrs, weil durch das neue Viertel ein Bypass zur Hauptstraße geschaffen würde. Durch die Einführung einer Tempo-20-Zone und eine Anpassung der Straßenführung soll das aber verhindert werden. Der Gemeinderat behalte sich zudem das Recht vor, bei Bedarf weitere verkehrsberuhigende Maßnahmen zu ergreifen, betonte der Bürgermeister.
Fragen seien auch gestellt worden über die Höhe der Gebäude. Hier halte man sich strikt an die Vorgaben des PAG. Mit Ausnahme des Seniorenheims, das drei oberirdische Ebenen und ein Staffelgeschoss („retrait“) beinhaltet, würden alle anderen Häuser maximal zwei oberirdische Ebenen und ein Staffelgeschoss haben, erklärte Mellina. Die Anrainer prangerten des Weiteren den Mangel an Parkplätzen an. Die 51 Stellplätze im Viertel werden erhalten. Dazu kommen aber noch 70 Plätze bei der Schule „Am Päesch“ und der 2010 als Provisorium geschaffene Parkplatz in der rue de l’Ecole, der jetzt in einen permanenten umgewandelt werden soll, fügte der Bürgermeister hinzu.
Dem Mangel an Grünzonen und Bäumen wurde entgegengewirkt, indem unter anderem der Park vergrößert wurde und weitere Grünflächen ins Projekt integriert wurden. Auf dem Areal sollen außerdem zwei Spielplätze entstehen. Die Anlage im Zentrum des „lotissement“ ist für die Kleinsten reserviert. Kinder ab vier Jahren werden sich indes auf dem erweiterten Spielplatz neben der „Päesch“-Schule austoben können. Der Verbindungsweg, der das Gelände durchquert, wird erhalten und sogar verbreitert, ergänzte Mellina. Der ehemalige Hof im Zentrum des Areals wird umgestaltet und in das Projekt integriert. In puncto Größe und Gestaltung des Auffangbeckens könne die Gemeinde nichts tun. Dies liege im Kompetenzbereich des Wasserwirtschaftsamtes.
2017 gab es keine Einwände
Was den Informationsfluss betrifft, betont Pierre Mellina, dass das Projekt „La croix cassée“ Teil der Vorstellung des PAG (Allgemeiner Bebauungsplan) im Mai 2017 gewesen war. Damals habe man seine Meinung dazu äußern können, was aber niemand getan hätte. Im Rahmen der Ausarbeitung eines PAP (Teilbebauungsplans) seien im Gesetz keine Informationsversammlungen vorgesehen. Er sei aber bereit, die Bevölkerung nach der Beendigung der Prozeduren in einer Versammlung eingehend über das Vorhaben zu briefen.
Neben den Anrainern in der rue de l’Ecole hatten auch 13 Einwohner der rue Nic Biever Fragen an den Schöffenrat gerichtet. Diese waren zum großen Teil identisch gewesen, sagte Mellina. Einige Haushalte sind aber um den Erhalt ihrer Privatsphäre besorgt. „Da respektieren wir die Regeln“, lautete die Antwort des Schöffenrats. Diese besagen, dass die Distanz zwischen dem Gebäude und der dahinter liegenden Parzelle mindestens 10 Metern betragen muss. In der rue Nic Biever beträgt er 17 Meter und in der rue Jos Meyers 12,5. Die Realisierung des Projektes wird sich über Monate – ja, sogar Jahr – hinwegziehen. Einige Anrainer befürchten deswegen langwierige Unannehmlichkeiten. „Das bleibt leider bei solchen Vorhaben nicht aus“, bedauert auch der Schöffenrat, verspricht aber eine Reihe von Maßnahmen, um die Ärgernisse zu minimieren.
Die Räte von CSV, LSAP und „déi gréng“ stimmten schließlich für das Projekt und äußerten sich vor allem über die Schaffung von Wohnraum und eines Seniorenheims positiv. Die DP-Vertreterin enthielt sich beim Votum, weil ihrer Meinung nach noch viele Fragen, zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Parkraum oder den Unannehmlichkeiten während der Arbeiten, noch nicht geklärt seien. Die beiden Mitglieder der Piratenpartei stimmten gegen das Projekt. Sie bezichtigten die Mehrheit fehlender Transparenz in dem Dossier. Man arbeite für die Makler, so ihre Schlussfolgerung. Ein Vorwurf, den Bürgermeister Mellina aber sofort von sich wies, indem er unter anderem unterstrich, dass man sich an sämtliche bestehenden Gesetze und Regeln gehalten und quasi allen Einwänden der Kritiker Rechnung getragen hätte.
Immer noch Skepsis
Was sagen denn nun die Anrainer, die am 14. März an der Protestkundgebung auf dem Areal teilgenommen hatten, zu dem „neuen“ Projekt? Insgesamt sind sie laut Nicole Muller, einer der Initiatorin der Aktion, zufrieden. Unter anderem in Sachen Grünflächen und Spielplätze gäbe es Verbesserungen. Skepsis überwiegt aber noch, was die Verkehrslage anbelangt. Im unteren Teil des Areals gäbe es weniger Probleme, doch im oberen, insbesondere in der rue de l’Ecole, sei noch vieles unklar. Eine größere Schule bedeute mehr Verkehr, betont Nicole Muller. Zudem würden sich viele Bewohner fragen, wie die Gestaltung der Straßen aussehen wird. Sie befürchten zum Beispiel, dass der Zugang zur rue de l’Ecole immer noch zu eng sein wird. „Welche verkehrsberuhigenden Maßnahmen sind neben der Straßenführung im neuen Viertel noch geplant?“, möchte Muller wissen. Die Schaffung von zusätzlichem Parkraum sei zwar begrüßenswert, die Lage der Parkplätze sorge aber immer noch für Kopfschütteln. Viele davon seien nämlich zu weit von den Wohnungen entfernt oder befänden sich an schwer zugänglichen Orten. Hier erwarten die Anrainer noch weitere Erklärungen.
In Sachen Informationspolitik wünschen sich die Bewohner mehr Transparenz. Immerhin seien sie jetzt über die Abstimmung informiert worden. Jetzt wollen sie erneut ein Schreiben mit ihren Bemerkungen an den Gemeinderat richten. Sie fassen zudem ein erneutes Treffen ins Auge treffen, um vor Ort Bilanz zu ziehen. „Aber nicht mehr als 20 Leute“, verspricht Nicole Muller. Es werde zudem darüber nachgedacht, einen Gemeindevertreter einzuladen, der etwaige Fragen beantworten und auf diese Weise Zweifel beseitigen könne.
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