Luxemburg / „Meine Meinung zählt“: Wie sich junge Menschen auf ihre erste Parlamentswahl vorbereiten
Nachdem viele Erstwählerinnen und Erstwähler im Juni bei den Kommunalwahlen zum ersten Mal überhaupt ihre Stimme abgegeben haben, steht nur knapp vier Monate später im Superwahljahr bereits der nächste Urnengang auf dem Programm. Erstmals haben sie nun Einfluss auf die Zusammenstellung der Abgeordnetenkammer. Während manche sich bisher weniger mit dem Thema Politik auseinandergesetzt haben, hätten andere gerne schon früher gewählt.
Mandy Schneider wird in Beles die zukünftigen Abgeordneten wählen. Obwohl sie sich darauf freut, sagt sie: „Ein gewisser Druck ist da, denn ich kann die Zukunft mitbestimmen.“ Von klein auf hat sich die 19-Jährige für Politik interessiert: „Meine Pflegemutter hat sich immer die Chamber-Sitzungen angesehen und das habe ich dann mitbekommen.“ Auch in ihrem Lyzeum waren die Wahlen ein Thema: „Uns wurde gezeigt, wie man richtig wählt – nicht alle Lehrer machen das.“ Mit Gleichaltrigen diskutiert die Schülerin oft über Politik, denn: „Es geht schließlich um uns. Die Entscheidungen, die getroffen werden, betreffen uns alle.“ Für Mandy Schneider muss sich in Luxemburg vor allem beim Schulsystem etwas tun. Generell findet sie, dass die Politik sich kaum für die Jugendlichen interessiert – wie das Beispiel Umwelt zeige. „Unsere Sorgen werden nicht ernst genommen. Die politischen Verantwortlichen werden die Folgen nicht miterleben – aber wir werden es.“ Die Schülerin wünscht sich eine grünere Zukunft. Wem sie ihre Stimme geben wird, steht allerdings noch fest. Nur so viel ist klar: „Eine rechtsextreme Partei werde ich niemals wählen.“ Auf die Ergebnisse am Sonntag ist sie gespannt, denn: „Mir ist wichtig, wer die Entscheidungen trifft.“
„Ich finde die Parlamentswahl umso wichtiger und habe mich auch mehr informiert, da ich in meiner Gemeinde ohnehin die meisten kenne“, erzählt Daniel Migliosi aus Rümelingen, der bei der Kommunalwahl zum ersten Mal an einem Urnengang teilgenommen hat und nun am Sonntag erstmals Einfluss auf die Konstellation in der Abgeordnetenkammer haben wird. In der Schule wurde dem 19-Jährigen nur wenig zur Politik mit auf den Weg gegeben. Was er bedauert: „Viele gehen wählen und wissen nicht einmal die wichtigsten Dinge dazu. Man könnte im Unterricht zum Beispiel darüber reden, wie viele Stimmen man vergeben kann.“ Bei Festen in seiner Familie wird vor allem zu später Stunde über Politik diskutiert, wie der Student lachend verrät. Und: „Ich war mit meinen Freunden bei der Podiumsdiskussion vom Tageblatt im Escher Theater und habe dadurch einen besseren Eindruck gewonnen. Von manchen Politikern hätte ich mir mehr erwartet.“ Der Trompeter fordert mehr Einsatz für seine Generation und dass diese über die Kultur oder den Sport besser ins gesellschaftliche Leben integriert wird. Außerdem müsse für die Probleme im „Logement“ eine Lösung gefunden werden. Der 19-Jährige findet es wichtig, dass junge Menschen ihre Zukunft mitbestimmen, denn: „Die Fehler, die jetzt gemacht werden, müssen wir später geradebiegen.“
Lena Cecconi hat ihre Stimme schon per Post abgegeben. Das aus praktischen Gründen, weil die 21-Jährige aus Beles am Wochenende in ihrer Studienheimat Trier sein wird. „Für mich war es jetzt nicht viel anders als bei der Gemeindewahl im Juni. Ich musste mir nur noch einmal ansehen, wer wer ist und mich über die neuen Namen informieren“, sagt Lena Cecconi und erklärt weiter, dass sie sich nie viel mit dem Thema Politik auseinandergesetzt hat und deshalb vor allem vor den Gemeindewahlen „etwas planlos“ war. Vor ihrer Stimmabgabe hat sie Wahlprospekte durchgelesen und sich im Internet über die einzelnen Personen informiert – vor allem über deren Werdegang. Da die junge Frau viele Freundinnen und Freunde in Deutschland hat, waren die anstehenden Wahlen in ihrer Bezugsgruppe weniger Thema. Für die Zukunft wünscht sie sich, dass die Politik mehr Wert auf das Stärken der Luxemburger Sprache legt, das Schulsystem modernisiert und eine Lösung für die Probleme auf dem Wohnungsmarkt findet.
„Es ist aufregend, endlich wählen zu dürfen. Es freut mich, dass meine Meinung zählt und ich wäre gerne schon im Alter von 16 gegangen“, erzählt Gilles Hoffmann aus Mamer. Der 19-Jährige konnte im Juni zum ersten Mal seine Stimme abgeben und hat für den Urnengang nun Briefwahl angefragt. Eine definitive Entscheidung hat er einige Tage vor dem Wahlsonntag noch nicht getroffen, aber viele Parteien kann er ausschließen. „Bei der CSV und Fokus finde ich mich als junger Mensch gar nicht wieder. Generell interessiert sich die Politik nicht für die Jugend und es scheint, als wären wir als Wähler gar nicht interessant.“ Als Beispiel nennt er die Bewegung „Fridays for future“: „Aus der Gesellschaft gab es viel Unterstützung, von der Politik aber kam nicht viel.“ Der Abschlussschüler kritisiert die Arbeit, die in den letzten Jahren in Bezug auf die Klimapolitik geleistet beziehungsweise seiner Ansicht nach eben gerade nicht geleistet wurde. Gespräche mit anderen in seinem Alter würden zeigen, dass viele nicht wissen, wen sie wählen sollen. Denn, so Gilles Hoffmann: „Die Parteien thematisieren nicht, was ihnen wichtig ist, und wenn doch, wird nicht daran geglaubt, dass diese Versprechen eingehalten werden.“
Für Patty Bartholomey aus Michelau sind die anstehenden Wahlen die ersten in diesem Jahr. Denn in der Nordgemeinde Burscheid hatten sich so viele Menschen für den Gemeinderat gemeldet, wie Plätze zu vergeben waren. Deshalb hatten dort im Juni keine Kommunalwahlen stattgefunden. Die Teilnahme an den Parlamentswahlen ist für die 22-Jährige nun dennoch nichts Besonderes. Aus praktischen Gründen – weil sie das Wochenende bei ihrem Freund in Leudelingen verbringen wird – hat sie sich für die Briefwahl entschieden und ihren Umschlag rechtzeitig abgeschickt. „Ich war kurz überfordert, aber es liegt ja ein Zettel dabei mit den wichtigsten Informationen“, schildert die Studentin. Zwar wusste sie, dass sie gewissen Parteien keine Stimme geben will, aber da sich die Erstwählerin laut eigener Aussage nur wenig mit Politik auseinandersetzt, hat sie ihre Entscheidung mithilfe von smartwielen.lu getroffen. Da keine Partei sie wirklich überzeugen konnte, hat sie ihre Stimmen an mehrere Personen verteilt.
„Wählen ist eine Verantwortung, die alle volljährigen Bürger in Luxemburg haben“, stellt Max Braun fest, der diese dann auch ernst nimmt. Eine definitive Entscheidung zu treffen – die der Frankfurter Student bereits per Briefwahl abgegeben hat –, fiel dem 20-Jährigen aus Mondorf nicht schwer. Denn seit mehr als fünf Jahren verfolgt er die Politik und die für ihn interessanten Parteien über die sozialen Medien oder durch das Lesen der Wahlprogramme. Außerdem tauscht er sich oft mit Freunden über die Auftritte politischer Verantwortlichen im Fernsehen aus. Mit Blick auf das Ausland sagt Max Braun, dass es vielen Menschen in Luxemburg gut gehe und das Land die Krisen der letzten Jahre gut gemeistert hätte. Aber: „Ein Teil der Bevölkerung wird immer ärmer. Dabei müsste jeder, der arbeitet, ausreichend verdienen, um ein annehmbares Leben zu führen.“ Der Student wünscht sich, dass die Politik der Zukunft die Wohnungskrise, aber auch den Klimawandel angeht. Und: Im Bereich der Sicherheit wird nicht genug gemacht – wie der junge Mann feststellt, der laut seinen Erzählungen abends in der Hauptstadt schon dreimal von Fremden angegriffen wurde. In Bezug auf die Jugend ist er alles in allem der Meinung, dass viel gemacht wird. So stellt er abschließend fest: „Nicht alles davon ist einem immer bewusst, da wir in Luxemburg doch vieles als selbstverständlich ansehen.“
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Früher war es die 1. Hl. Kommunion, aber mit der Grünen Ideologie, für die diese junge Menschen wahrscheinlich wählen ändert sich nicht viel. Außer das Jesus übers Wasser gehen konnte, was ich bei Turmes bezweifle