Gemeindepolitik / Rathaus, Schule, Schloss und Wasserturm: In Frisingen werden Nägel mit Köpfen gemacht
Frisingen ist – vor allem im Ausland – durch das Sternerestaurant „Léa Linster“ bekannt. Es wertet die auf den ersten Blick von Durchgangsverkehr und Tanktourismus geprägte Gemeinde an der französischen Grenze auf. Das sind die Gourmets, die kommen und gehen. Viele aber wollen dort wohnen und haben sich angesiedelt. An der kommunalen Infrastruktur jedoch ging das Wachstum vorbei, weshalb die Bauaktivitäten der Gemeinde jetzt fast schon hektisch anmuten.
Bürgermeister Roger Beissel (58) ist das beste Beispiel für die Gründe, zu bauen. Er empfängt immer noch im holzgetäfelten Konferenzzimmer mit 70er-Jahre-Charme. Ein eigenes Büro hatte er nach seiner Wahl 2017 noch nie. „Andere Gemeinden mit dieser Einwohnerzahl haben das Doppelte an Personal“, sagt er. Ein Blick aus dem Fenster verspricht Besserung.
Die Umrisse für das neue, viel größere Gebäude sind nicht mehr nur zu erahnen, sondern konkret zu sehen. Mit 16 Mitarbeitern in der Verwaltung und 18 im „Service technique“ meistert die Verwaltung gerade diese Baustelle, den Ausbau der Wirtschaftsgebäude am Aspelter Schloss und die Planungen für den Ausbau für die Grundschule plus neuer „Maison relais“.
Das sind die laufenden Projekte. Auf der nächsten To-do-Liste stehen ein neues Chalet für die Scouten und die Sanierung des Wasserturms. Die 13 Millionen Euro, die das neue Rathaus samt unterirdischem Parkhaus, dem Abriss des alten Gebäudes plus die Begrünung des Platzes davor kosten sollte, werden wohl nicht reichen. Nicht nur in Frisingen reißen die Preissteigerungen Löcher in die finanziellen Vorplanungen.
Im Juli zieht die Verwaltung um
Beissel schätzt, dass es am Ende eine Million mehr kostet. Für Juli ist der Umzug geplant. Den nimmt allen voran der Chef locker. „Da drüben ist alles krachneu“, sagt Beissel. „Wir packen nur unsere Akten und gehen rüber.“ Das Einzige, was mitgeht und vielleicht sogar aktualisiert wird, ist das Porträt von Grand-Duc Henri, das in allen luxemburgischen Rathäusern hängt. Sein aktuelles Konterfei stammt aus dem Jahr 2004.
Ab September wird dann das alte Rathaus abgerissen und der entstehende Platz zum Dorfplatz, dem Treffpunkt für alle Einwohner. Dass das Rathaus früher als der Schulausbau fertig wird und zuerst angefangen wurde, hat der aktuellen Koalition aus „Är Equipe“ und DP einiges an Kritik eingebracht. Lag doch die Priorität im Wahlprogramm von „Är Equipe“ auf dem Ausbau der Grundschule. Rund 420 Kinder besuchen sie aktuell und es werden mehr werden.
„Wir haben knapp zwei Jahre verloren, weil wir mit allen Beteiligten zuerst diskutiert haben, was für eine Schulform wir wollen“, sagt Beissel. „Das normale Grundschulsystem oder eine Ganztagsschule.“ Vorher hätte es keinen Sinn gemacht, zu planen – zumal die sich ändernde Gesellschaft ihren Tribut fordert. Heute arbeiten meist beide Elternteile. „Sie sind mit der Anreise zur Arbeit nicht acht, sondern zehn Stunden außer Haus, das muss bei den Öffnungszeiten berücksichtigt werden”, sagt der Bürgermeister.
Aspelter Schloss wird weiter ausgebaut
Mit dem Umzug in das neue Rathaus wird das Team der Verwaltung wachsen. Von insgesamt sechs neuen Kollegen ist die Rede. Vorerst. Die zweite politische Baustelle von Beissels Amtszeit ist das Aspelter Schloss.
Entgegen dem Willen der Vorgänger-Mehrheit im Gemeinderat, LSAP und CSV hat die „Är Equipe-Mehrheit das denkmalgeschützte Gebäude zum Kulturort gemacht. Beissels Vorgänger hätten die Verwaltung von Frisingen lieber in dem historischen Anwesen gesehen. „Wenn die Gemeindeverwaltung in einen anderen Ortsteil umzieht, muss es ein Referendum geben“, sagt der amtierende Rathauschef.
Dazu kam es nie. Nun gibt das Schloss Raum für Ausstellungen her, im Erdgeschoss wird geheiratet. „Marié au chateau d’Aspelt“ ist als Urkunde unglaublich gefragt. Aktuell werden die Wirtschaftsgebäude renoviert und ausgebaut. Ein Raum für die Vereine ist bereits fertig, zwei Gites für Touristen und ein Dorfladen für regionale Produkte sollen hinzukommen. Fertigstellung ist für 2023 geplant.
Schwer für Politik zu begeistern
Wird Beissel das als wiedergewählter Bürgermeister erleben oder in anderer politischer Funktion? Immerhin hat er zwischen 2011 und 2017 schon mal die Oppositionsbank gedrückt. „Ich will doch ein eigenes Büro“ witzelt er, was so viel heißt wie: Er geht noch mal ins Rennen. Gleichzeitig spricht er damit ein Problem an, das aus vielen Gemeinden zu hören ist. „Es ist heute schwer, Kandidaten für die Politik zu finden – vor allem jüngere Menschen“, sagt er.
Unternehmen wollen nicht den Großteil der Arbeitszeit auf die Mitarbeiter verzichten. Und wer karrieremäßig weiterkommen will, kann sich den Ausflug ins Kommunale kaum noch leisten. Abgesehen davon scheint die Parteifarbe eine immer weniger große Rolle in der Lokalpolitik zu spielen. „Die letzten Abstimmungen im Gemeinderat waren einstimmig“, sagt Beissel. „So wie früher kracht es schon lange nicht mehr. Alle wissen, es muss konstruktiv vorwärts gehen.“
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Esou bekannt ass Fréseng och nëtt,daat Goumetsgedeessems
ass munchmol och nëtt daat Gielt vum Eei,do ginn ëtt ower nach
méi aaner gudd Saachen ouni Stären. Gudden Appetit.
Wollen wir’s hoffen, aber alle Nägel haben Köpfe, sonst sind’s nur Stifte.