25 Jahre Schengener Abkommen / Roger Weber: „Schengen wird wichtiger denn je“
Mangelnde Weitsicht kann man Roger Weber nicht vorwerfen. Dass Jahr für Jahr zigtausende Touristen das kleine Moselstädtchen Schengen besuchen, geht auf die Vision und Initiative des Winzers und früheren Bürgermeisters zurück. Er ist überzeugt davon, dass der „Geist von Schengen“ nach der Corona-Krise eine wichtigere Rolle einnehmen wird.
Der Sternenplatz, die Flaggen der Mitgliedstaaten des Schengraums, das Europazentrum, die Touristeninformation oder auch noch die Fotoausstellung in der Maison Koch sowie die Städtepartnerschaft mit Ischgel – das alles geht auf die Initiative des früheren Schengener Bürgermeisters Roger Weber zurück.
Dabei hat dieses Schengendings ihn damals eigentlich gar nicht interessiert. Damals, das ist 1985, als auf der Mosel, auf dem Schiff „Princesse Marie-Astrid“, das erste Schengener Abkommen unterschrieben wurde. „Das Schiff lag am Quai. Ich wusste nicht genau, worum es ging, und Schaulustige waren eigentlich auch keine da, also bin ich einfach weitergefahren.“ Dass es von der Bevölkerung nicht so wahrgenommen wurde, habe sicher auch daran gelegen, dass weder Minister noch Staats- oder Regierungschefs das Abkommen unterzeichnet haben, sondern „nur“ Staatssekretäre.
Vater des Europazentrums
Zehn Jahre später ist das etwas ganz anderes. Am 26. März 1995 sitzt Roger Weber im Gemeinderat und zeigt großes Interesse an jenem historischen Tag. Seine Freude wird nicht von jedem geteilt, besonders nicht von den vielen Zollbeamten, die in der Gegend wohnen und um ihren Arbeitsplatz bangen. „Viele glaubten selbst damals noch nicht an den Erfolg des Schengener Abkommens“, so Roger Weber.
2003 wird mit dem Aufbau des Europazentrums begonnen. „Wir sind von rund 2.500 Besuchern pro Jahr ausgegangen, deshalb haben wir auch bei den Gebäulichkeiten nicht übertrieben.“ Heute sind es schon fast 45.000 Menschen, die beim Besuch des Europazentrums gezählt werden. Würde man die vielen anderen hinzuzählen, die einfach so vorbeikommen, zwischen den Fahnen und dem Anlegeplatz der Flussschiffe hin und her flanieren und dabei den „Geist von Schengen“ einatmen, dann käme man wohl auf das Doppelte, so Roger Weber. Damals habe man geglaubt, dass das Interesse an Schengen recht schnell abnehmen würde. Es sei jedoch alles ganz anders gekommen.
Er blickt nach vorne. Er hofft, dass die politisch Verantwortlichen nach der Krise in Schengen investieren, das Zentrum modernisieren und den Vertrag von Schengen als Weltkulturerbe eintragen lassen. Denn Roger Weber gibt sich überzeugt: „Schengen wird nach Corona mit Sicherheit eine größere Bedeutung bekommen, wichtiger denn je.“
Das gilt wohl auch für den Wein, der dort angebaut wird und an dem besonders die Chinesen großes Interesse bekunden. Aber das ist jetzt wohl eine ganz andere Geschichte.
Das sind unsere Geschichten zu 25 Jahre Schengener Abkommen
25 Jahre sind es auf den Tag genau her, dass im Schengen-Raum die Grenzen offiziell gefallen sind. Im Europazentrum der kleinen Ortschaft im Dreiländereck hätte am Donnerstagabend gefeiert werden sollen. Martina Kneip, die Leiterin des Zentrums, wollte von den vielen Menschen erzählen, die aus Interesse am Vertrag von Schengen von nah und fern an die Mosel kommen. Unter den Gästen wäre heute Robert Goebbels gewesen. Als Staatssekretär hat er das Abkommen 1985 unterschrieben. Auch Michel Gloden war eingeladen. Der Bürgermeister der Gemeinde Schengen wollte von der freundschaftlichen Zusammenarbeit mit seinen Kollegen aus Perl und Apach reden. Und den früheren Bürgermeister Roger Weber hätte man sehen können. Ihm ist es zu verdanken, dass der „Geist von Schengen“ im kleinen Moselstädtchen allgegenwärtig ist. Doch aus all dem wird am Donnerstag nichts. Die Feier ist abgesagt. Die Grenze zu Deutschland quasi geschlossen. Ein Trauerspiel. Doch eigentlich auch ein „gutes“ Beispiel, das verdeutlicht, wie absurd geschlossene Grenzen heutzutage sind. Besonders heute. Am 26. März 2020. Dem 25. Jahrestag des grenzenlosen Schengen-Raums.
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