Amokprozess / Was bei der heutigen Urteilsverkündung in Trier zu erwarten ist
Nach teilweise nur schwer zu ertragenden 42 Verhandlungstagen geht der Prozess um die Amokfahrt von Trier nächste Woche zu Ende. Wir blicken auf den letzten Prozesstag voraus.
Wenn am Dienstagmittag im Trierer Landgericht die Urteilsverkündung im Amokprozess ansteht, wird es rund um das Gerichtsgebäude Szenen geben wie vor einem Jahr. Damals, beim Auftakt des Mordprozesses am 19. August 2021, waren rings ums Landgericht und im Gebäudeinneren Dutzende Polizisten postiert. Die Straße neben dem Gericht war von Polizeiautos blockiert, damit die aus dem Wittlicher Gefängnis ankommende blaue Minna mit dem Angeklagten ungehindert passieren kann.
Journalisten und Besucher, die zur Urteilsverkündung im großen Sitzungssaal möchten, müssen vor einem eigens für den Prozess geöffneten Seiteneingang Schlange stehen, bevor sie um 12.15 Uhr hineingelassen werden. Die Plätze für den im Amtsdeutsch Innenstadtverfahren genannten Mordprozess sind kontingentiert. Begründet wird dies mit den wegen der Corona-Pandemie einzuhaltenden Abständen und dem begrenzten Platzangebot im großen Sitzungssaal. 23 Plätze sind für Zuhörer reserviert, 13 für Medienvertreter. Dabei gilt das Motto: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Nachträgliche Akkreditierungen sind nicht möglich.
Hohe Sicherheitsstandards beim Trierer Amokprozess
Auch vor dem Sitzungssaal selbst sind die Sicherheitsvorkehrungen hoch. Wer als Zuhörer in den Saal hinein will, muss eine Sicherheitsschleuse wie auf dem Flughafen passieren. Ob Jacken, Taschen oder selbst kleine Portemonnaies – alles wird von den Justizbediensteten durchsucht, der Ausweis kontrolliert und kopiert. Nichts darf mit in den Sitzungssaal genommen werden.
Laut dem Gutachter ist der Tatverdächtige durch diese krankhafte seelische Störung vermindert steuerungsfähig, seine Gefährlichkeit durch die Massivität der Tat erkennbar. Punkte, die auch die beiden Verteidiger in ihrem Kurz-Plädoyer am Donnerstag aufgriffen und sich letztlich für eine Unterbringung ihres Mandanten in der Psychiatrie aussprachen.
Oberstaatsanwalt Eric Samel und auch ein Großteil der Opferanwälte hatten in ihren Plädoyers eine lebenslange Haft und Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik für den Angeklagten gefordert. Zudem solle die fünfköpfige Kammer in ihrem Urteil die besondere Schwere der Schuld feststellen. Dies bedeutet, dass die Möglichkeit einer Entlassung auf Bewährung noch weiter nach hinten geschoben wird. Verteidigern Martha Schwiering sagte, dass die Erkrankung des Angeklagten in der Gesamtabwägung für eine Feststellung der besonderen Schwere der Schuld nicht ausreiche.
Lebenslange Haft und psychiatrische Klinik?
Am Dienstagnachmittag wird man sehen, welcher rechtlichen Auffassung die Schwurgerichtskammer unter der Vorsitzenden Richterin Petra Schmitz folgt. Prozessbeobachter gehen davon aus, dass sich das Gericht mit hoher Wahrscheinlichkeit den Ausführungen des Oberstaatsanwalts Eric Samel anschließen wird. Dann käme der Angeklagte zunächst in ein psychiatrisches Krankenhaus. Auch die psychiatrischen Kliniken haben Abteilungen, die so streng gesichert sind wie Gefängnisse. Eine solche Unterbringung ist nicht befristet. Würde der Tatverdächtige dort eines Tages von Gutachtern als geheilt eingestuft, käme er bei einer Verurteilung wegen Mordes zu lebenslanger Haft anschließend in ein „normales“ Gefängnis. Wenn es im Fall des Trierer Amokfahrers dazu überhaupt kommt. Denn der Sachverständige Wolfgang Retz rechnet im Fall des Trierer Amokfahrers mit einer langen Behandlungsdauer. Einige Prozessbeobachter gehen sogar davon aus, dass der 52-Jährige aus der geschlossenen Psychiatrie womöglich nie wieder herauskommt.
Damit wird mit einer Überraschung am Tag der Urteilsverkündung nicht zu rechnen sein. Etwas Spannung verspricht noch die Frage, wie lange sich die Vorsitzende Petra Schmitz Zeit nehmen wird für ihre Urteilsbegründung. Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass sie die Dauer der Verteidiger-Plädoyers mühelos um ein Vielfaches überschreiten wird.
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