/ Wenn Luxemburger im eigenen Land migrieren: Dorfmentalität vs. Industriestadt
Unzählige Untersuchungen, Artikel, Statistiken, historische und folkloristische Beiträge beschäftigen sich mit der Immigration in Luxemburg: Italiener, Portugiesen, Franzosen, Deutsche, Flüchtlinge und, und … Dabei wird oft vergessen, dass es innerhalb des Landes ebenfalls Migrationsbewegungen gegeben hat.
Von Roby Fleischhauer
Die Zuwanderung spielt zweifelsohne eine sehr wichtige Rolle in der Geschichte Luxemburgs – auf wirtschaftlichem wie auch auf kulturellem Gebiet. Es gibt dieses Phänomen übrigens bereits seit dem Mittelalter, es passiert eigentlich ständig in der Geschichte des Landes.
Richtig begonnen hat die neuere, massive Einwanderung im Süden Anfang des vergangenen Jahrhunderts mit den italienischen Einwanderern, die die Arbeitskraft für Schmelz und Erzgruben lieferten. Dann kamen Deutsche, weil damals die Differdinger Hütte, die „Deutsch-Luxemburgische“ mit deutschem Kapital funktionierte, viel später erfolgte die portugiesische Immigration. Heute wohnen 13.497 Nicht-Luxemburger aus 97 verschiedenen Nationen, das sind 55,393 Prozent der Gesamtbevölkerung in Differdingen (Stand 31.7.2015).
Migration im eigenen Land
Beim Wort „Immigration“ denken wir automatisch an den Zuzug aus fremden Ländern. Doch es gibt auch die Migration der Luxemburger innerhalb des Landes. Sie war bisher kaum ein Thema für Geschichtsforscher. Es geht um die massive Abwanderung aus den Luxemburger Dörfern hinunter in den Süden. Sie begann Anfang des vergangenen Jahrhunderts und hielt bis in die 60er Jahre an. Im Süden gab es Arbeit, dort wurde Geld verdient. In den zumeist kinderreichen Familien der Dörfer konnte eben nicht jeder den elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb weiterführen. Sechs bis zehn Kinder waren damals durchaus üblich in den Familien.
Der Abwanderung in Überseegebiete im 19. Jahrhundert folgte jetzt die Abwanderung in die Minette-Gegend. Es gab allerdings auch sehr viele Schmelzarbeiter und Bergleute, die täglich zu ihrer Arbeit in den Süden fuhren und zu Hause einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb führten. Die unzähligen Arbeiterbusse vom Portal bis oben in die „Wierkstrooss“ in Differdingen in den 50er bis 80er Jahren bei Schichtwechsel zeugen davon. Es gab längs der Bushaltestellen übermäßig viele Wirtshäuser. Bei Schichtwechsel bildeten die „Humpen“ gepaart mit der „Drëpp“ auf den Tresen eine lange Reihe. Gezahlt wurde, wenn es den Lohn gab.
Dorfbewohner vs. „Minettsdäpp“
Die Migration in den Süden und das Wohnen dort war für die Betroffenen nicht einfach. Auch sie mussten sich als Junggesellen eine Bleibe suchen und wurden genau wie die Italiener oft von den Einheimischen ausgenutzt. Die jungen Schmelz- und Bergarbeiter waren zu diesem Zeitpunkt wahrlich nicht auf Rosen gebettet. Darüber hinaus gab es noch einen Riesenunterschied zwischen der frommen Mentalität der Dorfbewohner und der Lebensweise der „Minettsdäpp“.
Gewerkschaften waren den jungen Leuten vom Dorf erst einmal suspekt. Erst später wurde ihnen bewusst, dass man für seinen Lebensunterhalt und annehmbare Arbeitsverhältnisse kämpfen muss. Richtig auffällig wurden die Mentalitätsunterschiede zwischen Dorf und Industriestadt aber erst, als nach dem 10. Mai 1940 viele „Minettsfamilien“ im Zuge des Überfalls der Naziarmee in die Dörfer des Nordens evakuiert wurden. Die „Roten“ aus dem Süden waren den Dorfbewohnern vorerst nicht geheuer und dem das Dorf beherrschenden Pfarrer schon gar nicht.
Für die aus dem Norden emigrierten kinderreichen Familien hieß es umgekehrt, ihre Söhne so schnell wie möglich in Lohn und Brot zu bringen. So kam es, dass sehr viele 16-Jährige (gesetzliches Mindestalter) und auch Jüngere im Schmelzbetrieb und vor allem in den Erzgruben beschäftigt waren. Eine Kontrolle des Alters der Beschäftigten gab es nicht. Schließlich verdienten Kinder und Frauen lediglich einen Drittel des normalen Lohnes. Ein Alter unter 16 Jahren bedeutete auch, dass diese „Kinder“ nicht einmal in einer Unfall- oder Krankenkasse angemeldet werden konnten. Die Situation der Immigranten aus den Dörfern Anfang des vorigen Jahrhunderts hat der verstorbene Josy Braun in seinem Gedicht „Walert“ auf dramatische Weise dargestellt.
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E nostalgesche Schnappschoss: Schichtwiessel op der Schmelz. Déi Zäit gehéiert leider définitiv der Vergangenheet un! Sou war ët och an den 1950er a Ufang den 196oer Joeren zu Dummeldeng resp. Eech, wou honnerte vu Leit aus dem Mierscherdall an och aus dem Eisleck beschäftegt waren an hiert Brout verdéngt hunn D‘ Liewe war vläicht méi haart, awer méi einfach, d’Mënsche ware manner usprochsvoll, manner glott awer, am Allgemenge, méi zefriddenen wéi haut. Och wann deemols nët alles besser war.