Windkraftanlagen / „Wir entscheiden nicht über den Köpfen anderer hinweg“
In unserer Ausgabe vom 11. Juni hatten wir den Modus operandi infrage gestellt, mit dem manche Gemeindeväter und auch Unternehmen bei der Planung von Windkraftanlagen vorgehen. Wir schrieben u.a., dass „die Bürger erst dann informiert werden, wenn die spätere Betreibergesellschaft bereits viel Geld in Studien zum Standort, den sie selbst aussucht, investiert hat“. Und weiter: „Das Ende vom Lied ist immer das gleiche: Die Bürger fühlen sich übergangen, die Anlagen werden schlussendlich doch laut Plan errichtet und die Anrainer sind dazu verdonnert, die Unannehmlichkeiten einzustecken.“ Diese Aussagen möchten Verantwortliche der Firma Soler aber relativieren.
Soler ist ein Joint Venture zwischen dem Stromlieferanten Enovos und der SEO („Société électrique de l’Our“) und wurde 2001 gegründet. Zehn Jahre später entschied man sich, den Ausbau der erneuerbaren Energien in Luxemburg zielführend anzugehen, mit dem Fokus auf die Windkraft. Heute zählt Soler 41 Windräder in acht verschiedenen Windparks und produziert damit jährlich rund 220 GWh an Strom.
Dazu muss man sagen, dass bis Ende 2022 verschiedene ältere Windräder durch größere, modernere ersetzt wurden und werden, was Soler ermöglicht, die einstige Zahl der Windräder um 16 zu reduzieren und gleichzeitig die diesbezügliche Produktion fast zu verdreifachen. Der Marktanteil des Unternehmens, das drei Konkurrenten in Luxemburg hat, liegt im Moment bei rund 75 Prozent. Die genannten acht Windparks sind in Rosport/Mompach, in Heiderscheid/Kehmen, in Heinerscheid, auf dem „Burer Bierg“, in Binsfeld, in Roullingen/Goesdorf, in Hosingen/Pütscheid und in Garnich.
„Zusammenarbeit ist wichtig“
Was nun die Vorgehensweise bei der Planung angeht, so unterstreichen Paul Zeimet („Administrateur délégué“) und Guy Uhres (Mitglied des Lenkungsausschusses bei Soler und Verantwortlicher für erneuerbare Energien bei der SEO) im Gespräch mit dem Tageblatt, dass in den allermeisten Fällen die Gemeinden an Soler herantreten würden, mit der Bitte, Studien zu eventuell möglichen Standorten für Windkraftanlagen auf ihrem Gemeindegebiet zu machen. Ergebe sich ein möglicher Standort, würde man zuerst mit dem Besitzer der zutreffenden Ländereien reden, ob der überhaupt einem Pachtvertrag zustimmen würde.
Wir errichten die Anlagen ja nicht nur, sondern betreiben sie später auch, und das über viele Jahre hinweg. Allein schon deswegen können wir nur Interesse daran haben, mit der Bevölkerung zusammenzuarbeiten.„Administrateur délégué“ bei Soler
„Diese Pachtverträge laufen über 30 Jahre mit einer Klausel, die eine mögliche Verlängerung dieses Vertrags vorsieht“, so Guy Uhres weiter. Dann informiere man die Gemeindeverantwortlichen und anschließend würden ausgewiesene Experten mit den verschiedenen Studien zum möglichen Standort beauftragt werden. „Die Kosten der Studien werden von der Soler getragen“, fügt Paul Zeimet noch hinzu.
Schnellstmöglich plane man dann eine Informationsveranstaltung für die Bürger der betreffenden Gemeinde. „Das heißt aber nicht, dass wir zu dem Moment bereits eine Entscheidung über den späteren Standort getroffen hätten“, gibt Zeimet zu bedenken. „Wir planen nicht, wie das fälschlicherweise vielerorts gesagt wird, auf Teufel komm raus. Wir legen sehr viel Wert auf die Akzeptanz der Bevölkerung. Wir errichten die Anlagen ja nicht nur, sondern betreiben sie später auch, und das über viele Jahre hinweg. Allein schon deswegen können wir nur Interesse daran haben, mit der Bevölkerung zusammenzuarbeiten.“
Apropos Geld
„Wir wollen ja auch möglichst viele Bürger sprich Aktionäre mit ins Boot bekommen. Für jeden Windpark wird eine Gesellschaft gegründet. Die jeweilige Gemeinde, aber auch die dort wohnenden Bürger können Aktien erstehen (der Preis einer Aktie liegt bei 325 Euro) und ab dem ersten Jahr wird eine Dividende ausbezahlt, die heute bei 5 bis 6 Prozent liegt. Letztere hängt aber von der Größe der Anlage ab.“ Und wenn wir schon über Geld reden, wollten wir von unseren Gesprächspartnern wissen, was denn der Bau eines modernen Windrads heute kostet. Ein 230 Meter hohes Windrad, wie es zum Beispiel in Bürden (Gemeinde Erpeldingen/Sauer) oder auch in Lellig geplant ist, koste um die 5 Millionen Euro. Rentabel werde eine solche Anlage nach sechs bis acht Jahren.
Die Lebensdauer liege heute bei etwa 25 Jahren, der Rückbau schlage mit rund 200.000 bis 400.000 Euro zu Buche. „Dieses Geld muss von Beginn an als Rücklage vorhanden sein. Zusätzlich muss eine Bankgarantie in gleicher Höhe zugunsten des Umweltministeriums vorliegen. Beim Rückbau muss alles entfernt werden, auch die rund 2.000 Tonnen Beton, die als Sockel für das Windrad unter der Bodendecke liegen“, unterstreicht Guy Uhres. Etwa 90 Prozent des abgebauten Materials könne heute einer Wiederverwertung zugeführt werden.
Fall Bürden
Auf den im April 2018 ins Auge gefassten Standort der Windkraftanlage in Bürden angesprochen, gaben unsere Gesprächspartner zu verstehen, dass dies bis dato die erste Anlage ihres Unternehmens sei, die so viele Diskussionen angeregt habe. Man sei noch immer dabei, den von der Gemeinde Erpeldingen/Sauer vorgeschlagenen Alternativstandort auf „Fridhaff“ zu studieren.
„Diese Studien, die über die Zeitspanne eines ganzen ‚Naturjahres‘ verlaufen, haben in diesem Frühjahr begonnen. Dabei werden u.a. die Aktivitäten der einzelnen Vogelarten und Fledermäusen genau festgehalten, zum Teil werden sogar Tiere eingefangen und mit Sendern ausgestattet, um über das ganze Jahr hinweg – und weit darüber hinaus – sämtliche Bewegungen dieser Tiere festhalten zu können. Später kommen dann noch die Schall- und Schattenwurfstudien hinzu. Nach anderthalb bis zwei Jahren ist das Dossier geschnürt, um es an das zuständige Ministerium zwecks Genehmigung einreichen zu können“, erklärt Uhres. Und Zeimet fügt noch hinzu: „Stand heute gibt es keine Fakten, die gegen diesen alternativen Standort sprechen, aber wie gesagt, die Studien sind noch nicht ganz abgeschlossen.“ Und dabei betont Zeimet das Wort ‚Alternativstandort‘. Es solle nicht heißen, dass später sowohl in Bürden als auch auf „Fridhaff“ eine Windkraftanlage errichtet wird. Die definitive Standort-Entscheidung liege in den Händen der Gesellschaft „Nordenergie“, in dessen Auftrag Soler für diese Anlage arbeitet.
Fall Lellig
Was nun die geplante Anlage in Lellig anbelangt, die bekannterweise ihren Standort mitten in einer „Zone de protection d’oiseaux – Natura 2000“ haben soll, gab Guy Uhres zu verstehen, dass die EU in einem diesbezüglichen Leitfaden mitteilt, solche Zonen seien nicht von vornherein für Windparks ausgeschlossen. Es müsse jedoch eine Vorprüfung gemacht werden, die belegt, dass ein „Zusammenleben“ einer Windkraftanlage und der dort vorhandenen Vogelarten möglich ist. Diese Prüfungen laufen im Moment. „Wir nehmen diese Untersuchungen sehr ernst“, sagt Zeimet. „Es sei vielleicht erwähnt, dass nach solchen Studien zum Naturschutz und auch zum Schutz der Gesundheit der Anrainer etwa ein bis zwei Drittel der initial geplanten Standorte für uns nicht mehr für weitere Planungen infrage kommen.“ Zum Fall Windkraftanlage im Raum Beckerich, den wir in unserer Ausgabe vom 11. Juni ebenfalls aufgezeichnet hatten, sei hier gesagt, dass es sich dabei nicht um ein Projekt des Unternehmens Soler handelt, sondern dass der Bauherr dort die Firma „OekoStroum“ ist.
Ertragsprognosen
Die in Informationsveranstaltungen oft zitierten Werte in Bezug auf die Stromproduktion einer Anlage sind Zahlen, die laut Zeimet und Uhres auf Ertragsprognosen beruhen. Es seien keinesfalls die möglichen Höchstwerte einer Anlage oder auch Mittelwerte, auf denen diese Aussagen beruhen, sondern Prognosen, die auf Erfahrungswerten und die vorangegangenen Standort-bedingten Windmessungen aufgebaut sind. Anschließend berechne man, dass ein Haushalt in Luxemburg im Durchschnitt etwa 4.500 kWh jährlich an Strom verbraucht. So könne man sagen, wie viele Haushalte mit einer Windkraftanlage über genügend Strom verfügen können. In Luxemburg wurden 2019 laut ILR („Institut luxembourgeois de régulation“) etwa 12,2 Prozent des Stromverbrauchs von erneuerbaren Energien abgedeckt. „Ich schätze, dass wir heute bei etwa 15 Prozent liegen“, meint Uhres. Zum Schluss sei noch erwähnt, dass Soler im Moment noch an weiteren Windkraftanlage-Projekten plant, zum Beispiel in Dalheim, in Tandel/Vianden, in der Ernztal-Gemeinde und in Monnerich/Roeser („Südwand“).
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