Frisingen / Wo die erste Halbzeit spielentscheidend ist
In Frisingen, dem Grenzort mit dem Aushängeschild eines Sternerestaurants, geht das derzeit größte Projekt gut voran. Die Gemeinde bekommt ein neues Rathaus, Straßen in Aspelt sind erneuert und fertig. Einzig die Renovierung des Schlosses wird sich wegen Corona verzögern. Trotzdem blickt Bürgermeister Roger Beissel („Är Equipe“) zuversichtlich in die Zukunft.
Frisingens Besonderheit ist nicht nur das international bekannte Sternerestaurant. Es ist wahrscheinlich die einzige Gemeinde im Land, wo es Fußballteams bei Spielen nicht egal ist, welches Tor sie anspielen. Denen, die es wissen. Das Feld der FC Red Boys Aspelt hat fast zwei Meter Höhenunterschied. Da ist es unter Umständen spielentscheidend, ob die erste Halbzeit bergauf oder bergab verläuft – im wahrsten Sinne des Wortes.
„Um das auszugleichen, müssten wir zu viel baggern“, sagt Bürgermeister Roger Beissel, an dessen Ohren auch diese Sorgen gelangen. Das Terrain komplett zu verlegen, scheidet ebenfalls aus, weil der Sport dann mit zu viel Eingriffen in die Natur kollidiert. „Wir haben uns überlegt, den Platz einfach zu drehen“, sagt Beissel. „Statt wie jetzt längs eben quer. Das bedeutet viel weniger Gefälle.“ Und steigert die Chancengleichheit.
Bis jetzt scheitern die Pläne, den Ball zukünftig in ungewohnter Geradlinigkeit ins Tor zu kriegen, am Bauplan. Der Gemeinde fehlt ein kleines Stück Gelände. 2030 feiert der Fußballklub sein 100-jähriges Bestehen. „Wir sind in Verhandlungen und bis dahin werden wir das wohl hinkriegen“, sagt Beissel, den noch anderes beschäftigt.
Neues Rathaus soll Ende 2022 fertig sein
Fast am Ende der ersten Halbzeit ist der Bau des neuen Rathauses. Das nimmt unübersehbar gleich neben dem alten Gebäude Form an und soll 2022 fertig sein. Dann ist das aktuelle Geschichte. Es wird abgerissen und weicht dem neuen Dorfplatz, unter dem unterirdisch Parkraum entsteht. Ein lebendiges Zentrum war dem Rathauschef seit seiner Wahl bei den letzten Gemeindewahlen ein Anliegen.
Zwar gibt es 2,5 Millionen Euro weniger Zuwendungen vom Staat dieses Jahr, aber die Gemeinde hat Rücklagen. „Wir können das zum Teil auffangen, weil wir nicht so viel ausgegeben haben wie geplant“, sagt Beissel. „Finanziell mache ich mir keine Sorgen um die Gemeinde.“ Im Mai 2023 soll alles fertig sein.
Für die Renovierung des Schlosses in Aspelt ist der Anpfiff zwar gefallen, aber es gab eine Spielunterbrechung. Seit 1992 ist es im Besitz der Gemeinde und wird aktuell zum Kulturzentrum umgebaut. Von Heiraten über Ausstellungen bis hin zu Lesungen, Vorträgen, Proberäumen für die Frisinger Chöre sowie einem Theater- und Konzertsaal soll die Kultur in das barocke Wasserschloss einziehen. Für Oktober dieses Jahres war die Eröffnung geplant. Sie ist nun auf Juni 2021 verschoben, heißt es aus dem Rathaus.
In den meisten dieser Häuser, wo die Politik für die Gemeinde gemacht wird, herrscht derzeit Unruhe quer durchs Land. Von der ist auch Frisingen nicht verschont. Es gibt Diskussionsbedarf zum Dauerthema „Congé politique“. Beissel arbeitet selbst in der freien Wirtschaft. Wie alle seine ehrenamtlichen Kollegen ist er über den „Congé politique“ 20 Stunden die Woche freigestellt. Zusätzlich profitiert er von „Syndikatsstunden“.
1,5 Tage die Woche arbeitet er seitdem noch in dem Unternehmen, das ihm den Lebensunterhalt ermöglicht. „Das ist ganz schwer und geht nur, wenn der Arbeitgeber mitmacht und man gute Kollegen hat“, sagt er. Er ist mit 56 Jahren der jüngste der fünf „Är Equipe“-Mitglieder im Gemeinderat. Alle anderen sind pensioniert. „Ich mache mir viele Gedanken, wie das generell weitergehen soll“, sagt er. „Es war beim letzten Mal schon schwer, genug Kandidaten für die Liste bei den Gemeindewahlen zusammenzubekommen – vor allem junge.“
Jugend und Patenschaften
Beissel und seine Kollegen aus dem Gemeinderat wollen das Gemeindeleben stärken. Dabei geht es vor allem um die Jugend. „Wir planen ein neues Scoutchalet“, sagt Beissel. „Und wir werden den ‚Club de jeunesse’ beleben.“ Dessen Mitglieder sind mittlerweile alle über 18 Jahre alt, weswegen eine Auflösung in Aussicht stand. Geplant ist eine pädagogische Zusammenarbeit mit dem Betreiber des Jugendhauses in Kehlen-Olm. Das leer stehende Chalet neben dem Bahnhof in Aspelt soll zum Jugendtreff werden, wo sich die Frisinger Jugend mit dem Erzieher des Jugendhauses von Kehlen treffen könnte. Außerdem will die Gemeinde Patenschaften für die Verkehrsinseln einführen. Anwohner, die wollen, sollen bei den „Paten“ nach dem Rechten sehen.
Schule, „Maison relais“ und „Crèche“
Die Planungen für die Erweiterung der Schule und der „Maison relais“ laufen ebenfalls parallel. 4.750 Einwohner zählt die Gemeinde aktuell, 400 Kinder sind dort bislang untergebracht. „Das reicht aber nicht für die nächsten 20 Jahre“, sagt Beissel. Nächstes Jahr soll der Architektenwettbewerb anlaufen. Die „Précosse“ aus Aspelt soll ebenfalls dort unterkommen, womit sich die Bildungseinrichtungen dann alle zentral in Frisingen befinden. In Aspelt soll das Pfarrhaus abgerissen werden und einer „Crèche“ für 80 Kinder weichen. An gleicher Stelle sollen zusätzlich Sozialwohnungen entstehen.
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