/ Weltweite Panik auf den Börsen
Aus Angst vor einer Wirtschaftskrise auf der Insel und einer Abkühlung der weltweiten Konjunktur flohen Anleger in Scharen aus Pfund Sterling und Euro. Beide Währungen brachen so stark ein wie noch nie. Aktien gingen ebenfalls in den Keller. Investoren griffen stattdessen zu Gold, Schweizer Franken und Bundesanleihen. „Bis gestern hatte Europa ein Problem, jetzt ist erst mal Panik“, sagte der Europa-Chefvolkswirt der Nordea Bank, Holger Sandte, der Nachrichtenagentur Reuters. „Die Finanzmärkte werden einige Tage brauchen, um den Schock zu verarbeiten.“
Vorläufigen Ergebnissen zufolge lagen die Brexit-Befürworter mit etwa 51 zu 49 Prozent in Führung[nL8N19G0SJ. Damit scheidet das Land nach einer Übergangsfrist von zwei Jahren aus der Europäischen Union aus. Bis dahin müssen die Handelsbeziehungen neu geregelt werden. In den vergangenen Tagen hatten die Börsen allerdings auf einen Verbleib Großbritanniens in der Staatengemeinschaft gewettet.
„Phase de Unsicherheit“
„Jetzt kommt eine große Phase der absoluten Unsicherheit“, sagte Holger Schmieding, Chef-Volkswirt der Berenberg Bank. „Der Aufschwung in Großbritannien dürfte weitgehend zu Ende sein. Auch die Euro-Zone wird die Folgen spüren.“ Nach Einschätzung seines Kollegen Jörg Krämer von der Commerzbank ist eine Rezession in der Euro-Zone aber nicht zu befürchten. „Das gilt auch für Großbritannien und erst recht für den Fall, dass sich eine saubere Scheidung abzeichnet.“
Experten rechnen damit, dass in den kommenden Monaten massiv Kapital von der Insel abfließen und dies zu einem Wirtschaftseinbruch führen wird. Großbritannien ist wegen seines hohen Leistungsbilanz-Defizits auf ausländisches Geld angewiesen. Bereits in den Monaten vor der Abstimmung zog die Diskussion um den Brexit die britische Wirtschaft in Mitleidenschaft. Im ersten Quartal gingen die Investitionen erstmals seit drei Jahren zurück.
Devisenmärkte in Panik
An den Devisenmärkten herrschte Panik. Der Kurs des Pfund Sterling stürzte am Morgen um bis zu 11,1 Prozent ab und lag mit 1,3232 Dollar so niedrig wie zuletzt im September 1985. Der Euro fiel um bis zu 4,1 Prozent auf ein Dreieinhalb-Monats-Tief von 1,0914 Dollar.
An den Aktienbörsen in Asien reagiert die Anleger schockiert. Der japanische Leitindex Nikkei brach um mehr als acht Prozent ein und stand damit vor dem größten Tagesverlust seit mehr als fünf Jahren. Die Börse Hongkong gab 4,7 Prozent nach. Für den Dax sagten Brokerhäuser zur Eröffnung ein Minus von fast elf Prozent voraus. Der Londoner Auswahlindex FTSE werde ähnlich stark einbrechen.
Rohöl unter Verkaufsdruck
Am härtesten traf es die Finanzwerte. Die in Hongkong notierten Aktien der beiden britischen Großbanken HSBC und Standard Chartered verloren jeweils etwa 13 Prozent. Deutsche Bank und Commerzbank brachen vorbörslich um bis zu 15 Prozent ein.
Unter Verkaufsdruck geriet auch Rohöl. Die richtungsweisende Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um 4,7 Prozent auf 48,52 Dollar je Barrel (159 Liter). Das wichtige Industriemetall Kupfer kostete mit 4657 Dollar je Tonne 2,6 Prozent weniger als am Donnerstag.
Suche nach sicheren Häfen
Gefragt waren dagegen bei Investoren vermeintlich sichere Anlagen wie Gold, Staatsanleihen oder der Schweizer Franken. Das Edelmetall verbuchte den größten Kurssprung seit der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008. Der Gold-Preis stieg um bis zu 8,2 Prozent auf ein Zwei-Jahres-Hoch von 1358,20 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm). Begehrt als „sichere Häfen“ waren auch der Schweizer und die japanische Währung. Der Kurs des Euro fiel um 2,8 Prozent auf ein Elf-Monats-Tief von 1,0612 Franken. Der Dollar rutschte um bis zu 6,6 Prozent ab und markierte mit 99,11 Yen ein Zweieinhalb-Jahres-Tief. Das ist der größte Kurssturz seit 2008.
Der Run auf Staatsanleihen drückte die Rendite der richtungsweisenden zehnjährigen Titel auf ein Rekordtief von minus 0,152 Prozent. Die vergleichbaren japanischen Papiere rentierten mit minus 0,215 Prozent ebenfalls so niedrig wie nie zuvor.
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