Flashback 2020 / Im Escher Krankenhaus herrscht auf allen Ebenen Unruhe
Anfang 2020 war noch alles anders. Wie sehr hat das vergangenen Jahr die Welt und Luxemburg verändert? Bis Silvester präsentiert das Tageblatt die interessantesten und bewegendsten Artikel des Jahres der Corona-Pandemie. Dieser Artikel wurde zuerst am 7. August veröffentlicht.
Seit Monaten herrscht Unruhe unter den Mitarbeitern des Escher „Centre hospitalier Emile Mayrisch“. Im Fokus der Kritik steht Generaldirektor Hansjörg Reimer. Die Vorwürfe gegen ihn reichen von persönlichen Problemen über mangelnde Führungsqualitäten bis hin zu Konzeptlosigkeit. Tageblatt-Informationen zufolge sucht der Verwaltungsrat mithilfe eines Headhunters nach einem Nachfolger für Reimer. CHEM-Präsident Georges Mischo wiegelt ab und stellt sich weiter hinter seinen Generaldirektor. Doch die Probleme sind nicht mehr von der Hand zu weisen.
Mitarbeiter berichten von einer „komischen Stimmung“, einem „riesigen Durcheinander“ im Escher „Centre hospitalier Emile Mayrisch“ (CHEM). In anderen Gesprächen fallen Begriffe wie „Chaos“ und „Desaster“. Die in den vergangenen Jahren durch Personalbefragungen bestätigte Unzufriedenheit bei den rund 1.800 Mitarbeitern ist durch die hohe Belastung in der Corona-Krise noch gestiegen. Als einer der Hauptgründe für das Unbehagen wird Führungslosigkeit im Escher Stiftungskrankenhaus genannt. Bereits vor vier Monaten hatte das Tageblatt über Versäumnisse im Zusammenhang mit der Corona-Krise berichtet. Zu Beginn der Pandemie hatte das CHEM die Kontrollen an den Haupteingängen, die Einschränkung der Patientenbesuche und die Schließung der Poliklinik vergleichsweise spät eingeführt. Darüber hinaus gab es Meinungsverschiedenheiten zwischen Generaldirektion und Verwaltungsrat über die Ausrichtung des neuen Südspidol. Schon damals hieß es, Generaldirektor Hansjörg Reimer solle vom Verwaltungsrat abgesetzt werden. Sowohl CHEM-Präsident Georges Mischo als auch Reimer selbst dementierten.
Seit sechs Monaten ohne „Directeur médical“
Doch die Probleme sind nicht von der Hand zu weisen. Seit dem Rücktritt von Claude Birgen im Februar dieses Jahres hat das CHEM keinen medizinischen Direktor mehr. Laut Krankenhausgesetz von 2018 muss der Generaldirektor dieses Amt übernehmen, wenn es nicht besetzt ist. Reimer hatte jedoch den Urologen Bob Muller als kommissarischen medizinischen Direktor ernannt, was ihm laut Gesetz nicht zusteht. Diese Aufgabe fällt dem Verwaltungsrat zu. Zudem lag offenbar kein vorteilhafter „avis renforcé“ des „Conseil médical“ vor. Deshalb wurde Muller kürzlich vom Verwaltungsrat wieder abgesetzt. Seitdem ist Reimer sowohl Generaldirektor als auch medizinischer Direktor. Der Verwaltungsrat habe die Stelle des „directeur médical“ erst vor kurzem neu ausgeschrieben, beteuert Georges Mischo.
Laut Tageblatt-Informationen soll auch das Amt des Generaldirektors neu besetzt werden. Wie mehrere krankenhausnahe Quellen übereinstimmend bestätigen, hat der Verwaltungsrat einen Headhunter damit beauftragt, einen Nachfolger für Hansjörg Reimer zu finden. Letztlich gehe es nur noch um die Höhe seiner Abfindung, heißt es aus anderen Quellen. Mischo dementiert diese Aussagen: „Wir haben noch immer einen Generaldirektor und wir behalten ihn noch immer“, betont der Escher „Député-maire“ (CSV) und CHEM-Präsident auf Nachfrage. Reimer selbst ließ unsere Fragen unbeantwortet. Kritiker werfen Mischo Unaufrichtigkeit vor, weil er sich öffentlich noch immer hinter Reimer stelle, obwohl er ihn insgeheim längst abgeschrieben habe. Die beiden sind in gewisser Weise Weggefährten. Mischo übernahm im November 2017 das Amt des Escher Bürgermeisters und damit auch den CHEM-Vorsitz von Vera Spautz (LSAP). Nur zwei Monate später löste Hansjörg Reimer Michel Nathan als Generaldirektor des CHEM ab. Die Entscheidung für diesen Wechsel fiel aber noch unter Präsidentin Spautz.
Tatsächlich ist Hansjörg Reimer inzwischen wieder offiziell Mitglied der internen Covid-19-Krisenzelle, die das CHEM wegen der gestiegenen Infektionszahlen auf Wunsch der Regierung reaktiviert hat. Bei der ersten Krisenzelle, die während des Ausnahmezustands eingesetzt worden war, war der Generaldirektor überraschend nicht dabei.
Vorwürfe gegen Direktion und Verwaltungsrat
Reimers Hauptproblem ist, dass er von vielen Ärzten am CHEM nicht getragen wird. Die Vorwürfe reichen von persönlichen und psychischen Problemen über mangelnde Führungsqualitäten und fehlendes Durchsetzungsvermögen bis hin zu Konzeptlosigkeit. Manche medizinischen Abteilungen seien nur unzureichend besetzt, Mediziner aus Luxemburg würden das CHEM meiden, heißt es aus Ärztekreisen. Gute Fachärzte würden in andere Spitäler abwandern. Bei Verwaltungsmitarbeitern und dem Pflegepersonal scheint der Generaldirektor einen höheren Stellenwert zu genießen. Trotzdem wird auch von dieser Seite aus bemängelt, dass die Mitglieder des Direktionsrats sich zu selten auf dem „Terrain“ zeigen. Die Kritik aus der Ärzteschaft zielt aber ebenfalls auf den Verwaltungsrat ab, der sich zum größten Teil aus Kommunalpolitikern der Gemeinden Esch/Alzette, Düdelingen, Differdingen, Petingen und Käerjeng sowie vier Vertretern von ArcelorMittal zusammensetzt. Bemängelt werden vor allem fehlendes medizinisches Fachwissen und mangelnde Kenntnisse des Gesundheitssektors. Ferner würden innerhalb des Verwaltungsrats parteipolitische Scharmützel ausgetragen, mutmaßt ein Mediziner.
CHEM-Präsident Georges Mischo führt die aktuelle Unzufriedenheit bei den Ärzten darauf zurück, dass viele von ihnen wegen Covid-19 nicht so viel praktizieren und operieren könnten, wie sie es gerne möchten. Das habe auch zu finanziellen Einbußen bei den freischaffenden Ärzten geführt, sagt Mischo. „Dafür können wir aber nicht. Das war weder vom Generaldirektor, noch von der Krisenzelle oder dem Verwaltungsrat und seinem Präsidenten so geplant“, betont Georges Mischo. So wurde zum Beispiel der CHEM-Standort Düdelingen Mitte März geschlossen, um dort ausschließlich Corona-Patienten zu betreuen. Dieses Spital wurde erst am 29. Juni wieder für den Normalbetrieb geöffnet. „Chirurgen haben mir Briefe geschickt, dass Düdelingen viel schneller wieder geöffnet werden müsse. Aber wir hatten Covid-Patienten dort. Erst musste alles von einer Spezialfirma desinfiziert und gereinigt werden und dafür hat es Zeit gebraucht“, erläutert der Präsident.
Unstimmigkeiten gab es zuletzt auch im Zusammenhang mit der Cafeteria, die im April erstmals zur Covid-19-Station für Patienten mit leichteren Symptomen umgebaut worden war. Nach Ende der ersten Welle wurde die improvisierte Pflegestation abgebaut. Als die Zahlen im Juni wieder anstiegen, wurde die Station Mitte Juli reaktiviert. Kürzlich wurde die Cafeteria aber auf Anordnung des Gesundheitsministeriums geschlossen, mit der Begründung, dass Toiletten und Duschen fehlen. Mischo kann diese Anweisung nicht nachvollziehen. Erstens seien zwei Toiletten vorhanden, von Duschen sei nie die Rede gewesen. Zweitens seien Premierminister Xavier Bettel (DP) und Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) noch Anfang Mai bei ihrer Visite im CHEM von der Pflegestation in der Cafeteria begeistert gewesen. „Am Anfang war alles gut, jetzt ist es auf einmal nicht mehr gut“, wundert sich Mischo.
Ärztehaus stößt auf wenig Akzeptanz
Doch die Unzufriedenheit im CHEM hatte sich schon vor Covid-19 eingestellt. Anders als das öffentliche Krankenhaus „Centre hospitalier de Luxembourg“ (CHL), wo die Ärzte fest angestellt sind, arbeitet die Stiftungsklinik CHEM (genau wie die „Hôpitaux Robert Schuman“) mit freiberuflichen Ärzten zusammen, von denen die meisten ihre eigene Praxis haben und im Krankenhaus lediglich Operationen durchführen sowie Dienst in Notaufnahme und Poliklinik leisten. Um die Ärzte enger an das Krankenhaus zu binden, hatte Reimers Vorgänger Michel Nathan für das neue Südspidol ein Ärztehaus geplant. Die Idee dahinter: Die Ärzte, die im CHEM Dienste anbieten wollen, müssen eine Praxis im Ärztehaus anmieten. Dadurch sind sie stets in der Nähe des Krankenhauses und in Notfällen schneller verfügbar. Vor allem bei bereits etablierten Medizinern stößt das Konzept auf Kritik. Viele sind nicht bereit, ihre eigene Praxis aufzugeben, in die sie im Laufe der Jahre viel Geld investiert haben. Das hat dazu geführt, dass das Interesse am Ärztehaus bislang weitaus geringer ist, als die Verantwortlichen des CHEM es sich erhofft hatten. Georges Mischo zeigt sich aber zuversichtlich, dass das Ärztehaus sich füllen wird, wenn das Südspidol eröffnen wird.
Als das Projekt Südspidol 2012 erstmals vorgestellt wurde, war die Eröffnung des neuen Krankenhauses im Escher Stadtviertel Sommet für 2020 geplant. In den vergangenen Jahren kam es aber immer wieder zu Verzögerungen. Als das Gesetzesprojekt zur Finanzierung des Südspidols im Juli 2018 angenommen wurde, war die Eröffnung für 2023 vorgesehen. Inzwischen wurde sie auf 2026 verschoben, doch wegen der Corona-Krise wird der Bau noch weiter in Verzug geraten. Vor einigen Wochen hat das CHEM die Stelle eines Generalkoordinators für das Südspidol ausgeschrieben. Bislang hatte der frühere CHEM-Direktor Michel Nathan sich gemeinsam mit Hansjörg Reimer um die Planung des Südspidol gekümmert. Nathan hat sich Ende 2019 aus dem Projekt zurückgezogen.
Inzwischen scheint auch die Regierung auf die Unruhen im CHEM zu reagieren. Der Staat übernimmt 80% der insgesamt 540 Millionen Euro, die für den Bau des Hauptteils des Südspidol vorgesehen sind. Die restlichen 20 Prozent bezahlt die Gesundheitskasse CNS. Ärzte- und Parkhaus sollen von der CHEM-Stiftung eigenhändig finanziert werden. Das Gesundheitsministerium stellt zwei der insgesamt 19 Mitglieder des CHEM-Verwaltungsrats, einer der beiden staatlichen Vertreter hat lediglich Beobachterstatus. Das Militärkrankenhaus, das die Regierung im Rahmen ihrer NATO-Verpflichtungen bauen will, sollte eigentlich in exklusiver Zusammenarbeit mit dem Südspidol entstehen. Eine entsprechende Absichtserklärung war am 8. Juli 2019 unterzeichnet worden. Vor zwei Wochen hat der Regierungsrat beschlossen, eine Projektstudie für das Militärspital durchzuführen. Dabei soll auch die Zusammenarbeit mit dem CHEM neu geprüft werden.
- Esch2022: Das Vertrauen in die Europäische Kulturhauptstadt schwindet weiter - 27. Dezember 2020.
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- Corona kostet Luxemburger Staat bislang 4,4 Milliarden Euro - 16. Dezember 2020.
Dei Problemer sin net reich säit dësem Joer,
a duerch dee ganzen Trara
huet bestemmt och keen
Virbereedungen vir eng 2t Coronawell
getraff oder wei?
Mischo Total Iwwer Fuedert Sport Prof fir mei Bas du net Kapabel ESCH Stierft och aus mat Dir un de Spetzt Vive 2023
@Baerchen.
Fir eng Kéier muss een Iech Onrecht gin. Dier soot zwar richteg dass e gewësse Misch nët un der Spëtz fun Esch onkapabel wier , vergiesst awer fir Esch d‘Koplabunz schloen ze loossen geet et him gudd diir , oder ?