Von Kabul bis Kandahar / Luxemburger Soldaten auf Afghanistan-Mission: Ein Überblick
Aufgrund der Entwicklungen in Afghanistan steht laut dem Luxemburger Außenministerium „die regionale und internationale Sicherheit auf dem Spiel“. Ursache für das Chaos ist der Rückzug der NATO-Truppen. Auch Luxemburger Soldaten waren im Rahmen der NATO-Mission in Afghanistan stationiert. Ein Überblick über die Missionen der Luxemburger Einsatzkräfte in Afghanistan.
Chaos in Afghanistan: Die NATO-Truppen ziehen sich nach knapp zwei Jahrzehnten aus dem umkämpften Land zurück. An einigen der Missionen des Bündnisses in dem asiatischen Land haben auch Luxemburger Soldaten mitgewirkt. Seit 2003 hat die luxemburgische Armee im Rahmen der „International Security Assistance Force“-Mission (ISAF) und der „Resolute Support“-Mission (RSM) 49 Rotationen mit 333 Mann in Afghanistan durchgeführt, heißt es in einer Mitteilung der Regierung vom 20. Mai 2021. Unter „Rotationen“ ist eine Vorgehensweise der Armee gemeint, bei der Einheiten für einen bestimmten Zeitraum an einem Ort eingesetzt werden, dann durch andere Einheiten ersetzen werden und ins Hauptquartier zurückkehren. Luxemburg habe in den rund 20 Jahren keine menschlichen Verluste erlitten.
Die erste luxemburgische Einheit, die nach Afghanistan entsandt wurde, bestand laut der Webseite der Luxemburger Armee aus neun Soldaten. Diese Einheit sei in die belgische Schutzkompanie integriert worden und habe die militärische Zone des internationalen Flughafens Kabul gesichert. 2011 seien zudem vier luxemburgische gepanzerte Dingo-2-Fahrzeuge in Afghanistan zum Einsatz gekommen.
Einsatz in Kandahar
Im September 2012 wurde dann das belgisch-luxemburgische Kommando von seiner Schutzmission abgezogen, um eine neue Mission zu übernehmen, heißt es auf der Webseite. Von September 2012 bis April 2014 habe sich das luxemburgische Kommando an der Mission zur Sicherung des Luftwaffenstützpunkts Kandahar beteiligt. Ein Offizier sei außerdem in das multinationale Kommando des Stützpunkts integriert worden, um bis zum 15. Oktober 2014 eine Stabsfunktion zu übernehmen. 2012 wurde ein Unteroffizier des Luxemburger Entminungsdienstes nach Kabul entsandt, um dort an einem forensischen Laborprojekt im Rahmen der Bekämpfung von improvisierten Sprengsätzen in Afghanistan teilzunehmen, schreibt die Armee.
Luxemburg habe sich zudem an der 2009 gestarteten NATO-Ausbildungsmission Afghanistan (NTM-A) beteiligt. Ziel dieser Mission war „die Ausbildung und Betreuung der afghanischen Sicherheitskräfte, die Unterstützung der institutionellen Ausbildungsbasis der afghanischen Nationalarmee (ANA) und die Reform der afghanischen Nationalpolizei (ANP) auf Bezirks- und lokaler Ebene“, heißt es auf der Webseite der Armee. Zwischen Juli 2012 bis Ende Januar 2013 seien rund 150 Soldaten des Europäischen Korps, darunter auch ein luxemburgischer Soldat, im Einsatz gewesen.
Am 19. Mai 2021 sind ein Unteroffizier und ein freiwilliger Soldat der luxemburgischen Armee, nach ihrer dreimonatigen Teilnahme an der RSM in Afghanistan, nach Luxemburg zurückgekehrt. Die Rückführung erfolgte über Deutschland aus dem Camp Marmal in Mazar-e-Sharif, das unter der Verantwortung der deutschen Rahmennation stand, heißt es in der Mitteilung der Regierung. Die RSM wurde 2015 nach Beendigung der ISAF-Mission ins Leben gerufen. Dabei wurde die Verantwortung für die Sicherheit in Afghanistan an die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte übertragen.
Wir müssen alles tun, um die Errungenschaften der letzten 20 Jahre zu bewahrenLuxemburg
„Wir müssen alles tun, um die Errungenschaften der letzten 20 Jahre zu bewahren, für die auch Luxemburg sich über zwei Jahrzehnte eingesetzt hat“, schreibt ein Sprecher des Luxemburger Außenministeriums in einer Antwort an das Tageblatt. „Hier geht es um die Rechte von Frauen und Mädchen sowie Kindern und Minderheiten, den Zugang zu Gesundheit und Bildung sowie die Pressefreiheit.“
Die Situation in Afghanistan sei dramatisch und das Wohlergehen und die Sicherheit der afghanischen Bürger sowie die regionale und internationale Sicherheit stehen auf dem Spiel. „Eine friedliche Lösung im afghanischen Konflikt muss das oberste Gebot sein“, erklärt der Sprecher. Die internationale Gemeinschaft habe eine Verantwortung gegenüber den legitimen Bestrebungen des afghanischen Volkes nach Frieden, Sicherheit, Würde und sozioökonomischer Entwicklung.
Jede neue afghanische Regierung müsse integrativ und repräsentativ sein, die Menschenrechte respektieren und auf den Grundsätzen der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit beruhen. Zudem müsse verhindert werden, dass Afghanistan wieder zum Rückzugsraum für den internationalen Terrorismus werde. Demnach seien alle regionalen sowie internationalen Partner Afghanistans gefordert.
Vier Milliarden Euro aus Europa für die Entwicklungshilfe
Die EU und ihre Mitgliedstaaten sind laut dem Außenministerium – mit einem Betrag von insgesamt vier Milliarden Euro – der größte Spender an Entwicklungshilfe für Afghanistan. Und auch in Zukunft wolle sich die EU „für eine friedliche Lösung und für den Schutz der Grundrechte“ in dem Land einsetzen. Konkrete Pläne nannte das Ministerium allerdings nicht: „Der Rat für Außenpolitik wird sich auch mit den Auswirkungen der jüngsten Entwicklungen auf die internationale Sicherheit und den Frieden befassen.“
Was denken die, die vor Ort ihr Leben eingesetzt haben, über die chaotischen Zustände, die jetzt dort herrschen? Für die Luxemburger Armeegewerkschaft „Syndicat professionnel de l’armée luxembourgeoise“ (SPAL) ist die Lage noch zu unübersichtlich. Gegenüber dem Tageblatt sagt ein Sprecher: „Wir sind intern noch nicht gänzlich informiert.“ Das SPAL verfüge derzeit nur über jene Informationen, die in den sozialen Medien und in der Presse zugänglich sind. Die Gewerkschaft will die Informationen der Regierung abwarten, um sich zu den Vorkommnissen in Afghanistan zu äußern.
Im Mai 2021 gab sich ebendiese Regierung noch optimistisch. „Ziel des Einsatzes in Afghanistan war es, dafür zu sorgen, dass das Land nicht zu einem sicheren Hafen für Terroristen wird, die dann unsere Länder angreifen könnten. Afghanistan ist nicht mehr das, was es im Jahr 2001 war.“
Link Hier geht es zu einem Artikel aus unserem Archiv: Darin wird das Leben eines Luxemburger Soldaten in Afghanistan beleuchtet.
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