/ „Wir wollen die stärkste Kraft werden“: OGBL will Vormachtstellung von Aleba im Finanzsektor brechen
Die Sozialwahlen in Gruppe 4 dürften spannend werden. Denn im Finanzsektor, der Banken, Versicherungen sowie Treuhand- und Fondsgesellschaften umfasst, hat die Gewerkschaft Aleba aktuell mit 50,39 Prozent knapp die Mehrheit. Und damit auch das Vorrecht, um Kollektivverträge auszuhandeln. Véronique Eischen vom OGBL-Syndikat Finanzen hat sich jedoch vorgenommen, die Aleba als stärkste Kraft abzulösen.
„Ein Sitzgewinn ist das Ziel“, so Eischen. Angesichts des knappen Resultats der vergangenen Sozialwahlen ist es ein durchaus realistisches Anliegen. Mit einem Sitzgewinn könnte der OGBL auch mit am Tisch sitzen oder gar die Autonomie haben, um Kollektivverträge auszuhandeln. Denn das ausgesprochene Ziel der Gewerkschaft ist es, in allen Bereichen des Finanzsektors Kollektivverträge auszuhandeln, damit sämtliche Beschäftigte davon profitieren.
Recht auf Abschalten
Aktuell gibt es lediglich für Angestellte von Banken und Versicherungen Tarifverträge. Eischen will jedoch auch Kollektivverträge für Mitarbeiter in Fonds- oder Treuhandgesellschaften aushandeln. „Es ist leider schwer, in diese Gesellschaften gewerkschaftlich vorzudringen“, so Eischen. Es fehlen die Ansprechpartner.
Doch auch die aktuellen Kollektivverträge im Banken- sowie im Versicherungsbereich seien verbesserungswürdig. Eischen erinnert daran, dass die Aleba bei den vergangenen Verhandlungen bereit gewesen wäre, die Arbeitszeiten aus den tariflichen Reglungen herauszunehmen. „Für mich sind die Arbeitszeiten der Kern eines Kollektivvertrags.“ Ansonsten könnten Betriebe quasi à la carte die Arbeitszeiten mit den Beschäftigten aushandeln. Auch die Lohnsätze standen zur Debatte. Ein zweites No-Go für Eischen. Denn auch hier will sie keine Kompromisse machen: Lohnsätze sowie Laufbahntabellen gehören in jeden Kollektivvertrag. Die nächsten Verhandlungen stehen bereits im Herbst des kommenden Jahres an.
Doch auch die Arbeitsbedingungen und -formen müsste man im Auge behalten. Denn in fast keinem Sektor schreitet die Digitalisierung so schnell voran wie bei den Finanzen. Der klassische 9-to-5-Job löse sich gerade auf, viele haben nicht einmal mehr ein festes Büro, so Eischen. Damit die Beschäftigten durch diese Veränderungen sowie der ununterbrochenen Verbindung mit der digitalen Welt nicht unter Dauerstress leiden oder gesundheitliche Folgeschäden erleiden, muss es laut Eischen klare Regeln geben. Sie spricht etwa vom Recht auf Abschalten. „Wir müssen klar bestimmen, wann ein Arbeitnehmer erreichbar sein muss und wann nicht.“
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