Umwelt / Vogelschutz geht vor Angler-Frust: Luxemburg erteilt Absage an die Jagd auf den Kormoran
Der Kormoran kehrt langsam wieder zurück – nachdem er jahrhundertelang als Nahrungskonkurrent gegolten hatte. Für Fischer und Angler in Luxemburg mag das ein Problem darstellen. Die Jagd oder die Störung an Nist- und Brutplatz sind trotzdem nicht erlaubt, stellt das Umweltministerium klar.
Der Kormoran ist ein echter Tauchkünstler: Scheinbar harmlos dümpelt er an der Wasseroberfläche, dann macht er einen kleinen Satz und taucht unter. Bis zu einer guten Minute bewegt er sich mit kräftigen Fußschlägen umher, bis er einen Fisch zu packen bekommt. Ein einzelner Kormoran erjagt sich so bis zu einem halben Kilo Fisch pro Tag.
Damit wird er aber auch regelmäßig Menschen zum Konkurrent und Schädling – und das nicht erst in der Gegenwart: Über Jahrhunderte wurden die Tiere in Europa radikal verfolgt und waren um 1900 in Mitteleuropa praktisch ausgerottet. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich der Bestand durch Schutzmaßnahmen wieder erholt. Damit ist aber auch wieder der Konflikt zwischen dem Wasservogel und den Fischern und Anglern aufgekommen.
So kritisierte etwa im März 2019 der Präsident des Sportfischerverbandes im Gespräch mit dem Tageblatt den Umgang mit dem Vogel, der in Luxemburg weder bejagt noch in der Brut gestört werden darf, obwohl er enorme Schäden anrichte: „Im See von Weiswampach fressen die gefräßigen Wasservögel rund 1,5 Tonnen Fisch jährlich“, erklärte Jos Scheuer seinerzeit.
Kein originärer Luxemburger
Jetzt ist wieder Bewegung in das Thema gekommen – in Form einer parlamentarischen Anfrage des DP-Abgeordneten Gusty Graas. Der wollte von der Regierung wissen, ob und mit welchen Mitteln die Ausbreitung des Kormorans in Luxemburg untersucht wird, was die entsprechenden Ergebnisse sind und wie man dazu stehe, den Kormoran zu bejagen – so, wie das in vielen Nachbarländern Luxemburgs erlaubt ist.
In ihrer Antwort erklärt Umweltministerin Carole Dieschbourg, dass Luxemburg keineswegs ein Schwerpunkt für Kormoran-Populationen sei: „Im Gegensatz zu den Nachbarländern nistet der Kormoran Phalacrocorax carbo nicht in Luxemburg. Im Allgemeinen sind während der Sommerzeit nur wenige Exemplare anwesend.“ Nach der Auflösung der Brutkolonien in den Nachbarregionen seien aber Ausbreitungs- oder Wanderungsbewegungen zu beobachten. Die führten dann doch fallweise zur Anwesenheit von einigen wenigen Individuen bis zu einigen Dutzend.
Konkret seien vom Mai bis Juni 2020 etwa 15 Kormorane an Mosel und Sauer anwesend, die sich auch an Nebenflüssen und Kiesgruben aufgehalten hätten. Im Zeitraum Juli bis August 2020 habe die Zahl etwa 50 Individuen erreicht. Ende August haben systematische Beobachtungen der Migration bis zu 100 Kormorane festgestellt – hauptsächlich auf luxemburgischem Gebiet.
Dieschbourg verweist außerdem auf eine ältere, langjährige Zählung der Kormorane im Auftrag der „Administration de la gestion de l’eau“, die durchgeführt wurde, um die Entwicklung der überwinternden Population in Luxemburg von 2000 bis 2016 zu verfolgen.
Abgesehen von einigen statistischen Ausreißern schwankte demzufolge die Zahl der beobachteten Kormorane in einem Bereich zwischen 300 und 500. Um der europäischen „Vogelschutzrichtlinie“ (2009/147/EG) zu genügen, seien sehr genaue Daten erfasst worden.
Wiederum im Rahmen einer anderen EU-Verordnung, nämlich der „Wasserschutzrichtlinie“ (2000/60/EG), würden gleichzeitig regelmäßig Inventare der Fischpopulationen in Luxemburgs Gewässern durchgeführt. Außerdem werde Kormoran-Kot systematisch untersucht, um das Fressverhalten der Vögel in Luxemburg abschätzen zu können. Zusammenfassend hätten diese Maßnahmen erkennen lassen, „dass die vom Kormoran ausgeübte Prädation unbedeutend ist“, erklärt Dieschbourg in der parlamentarischen Antwort.
Das Jagdverhalten des Vogels habe vor allem einen viel geringeren Einfluss als die Störungen der Wasserläufe durch den Menschen: „Fließgewässer sind komplexe Ökosysteme, die ständig einer Häufung von Belastungen ausgesetzt sind, die direkt oder indirekt mit der demografischen und wirtschaftlichen Entwicklung Luxemburgs zusammenhängen.“ Das beginne etwa mit der Verstädterung von Auengebieten, der Ansammlung von Abwasser, der Kanalisierung und ökologischen Diskontinuität von Wasserläufen. Dies alles wirke sich auf die Fischzucht viel belastender aus als die Raubzüge des Kormorans.
Im Übrigen sei auch nicht zu erklären, warum man in Luxemburg die „Regulierung“ des Kormorans nicht erlaube – das sei nun mal zunächst durch die Vogelschutzrichtlinie klar verboten. „Als allgemeine Regel wird daher ein Verbot der absichtlichen Tötung, des Fangs oder der Störung von Individuen der im europäischen Gebiet natürlich vorkommenden wildlebenden Vogelarten sowie der Zerstörung ihrer Brut- oder Rastplätze festgelegt“, erinnert Dieschbourg. Die sehr speziellen Gründe, die ein Abweichen vom Schutzstatus rechtfertigen könnten, lägen in Luxemburg dagegen schlichtweg nicht vor.
Zwar gebe es in Nachbarländern Fälle, in denen ein Abweichen vom strengen Schutz des Kormorans gerechtfertigt sei, um Schäden zu vermeiden – insbesondere in der Viehzucht, der Aquakultur und der Berufsfischerei. Doch in Luxemburg werde der Fischereisektor praktisch ausschließlich durch die Freizeit- beziehungsweise Sportfischerei repräsentiert – „sodass die wirtschaftlichen Auswirkungen, die in Nachbarländern mit bedeutender kommerzieller Fischereitätigkeit (wie kommerzielle Fischerei, Aquakultur) nachgewiesen und beobachtet wurden, in Luxemburg nicht gelten“, schreibt Dieschbourg in ihrer Antwort an Gusty Graas.
Als letzte Möglichkeit gebe es noch die Möglichkeit, im Interesse anderer Wildtiere die Hatz auf den Kormoran zu eröffnen, wenn also die negativen Auswirkungen der Ausbreitung des Kormorans wissenschaftlich bestätigt werde.
Hier beißt sich für Dieschbourg aber die Katze in den Schwanz: Wenn überhaupt etwas die Fischpopulationen in Luxemburg gefährdet, dann ist das der Mensch: Die Umweltministerin plädiert etwa für eine weitere „Verbesserung der physikalisch-chemischen Qualität und die Wiederherstellung des guten ökologischen Zustands der Fließgewässer durch Renaturierungsmaßnahmen und die Wiederherstellung derer ökologischen Durchgängigkeit“.
Der Bejagung des Kormorans erteilt Dieschbourg jedenfalls eine klare Absage: Sogar, wenn man in Luxemburg einen ökologischen Ausnahmezustand festellen würde, gebe die Vogelschutzrichtlinie kein derartiges Verfahren her: Im Speziellen führe die Richtlinie alle Vogelarten auf, die nach nationalem Recht bejagt werden dürfen – und daran sei der Kormoran Phalacrocorax carbo schlichtweg nicht zu finden.
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Und wenn man hinginge, und die Vogelschutzrichtlinie einfach entsprechend ergänzen würde, damit der Kormoran darin zu finden wäre…? Ach nein, das wäre ja pragmatische, realitätsangepasste Umweltpolitik. Da bliebe kein Platz mehr für den üblichen „Whataboutismus“ der Grünen. Der funktioniert folgendermassen: Der Kormoran soll Schaden anrichten? Und was ist mit dem bösen Menschen? Richtet der nicht so viel mehr Schaden an? Und zack, schon ist jedwede Diskussion abgewürgt, während die Probleme lustig weiter bestehen.
Mit den Fischen verschwindet auch der Kormoran. An der Mosel war er vor einigen Jahren hundertfach zu sehen.In ganzen Verbänden vielen sie über Fischschwärme her die sie ausgemacht hatten.Heute ist er eher selten geworden.Woran das wohl liegt?!
Die untere Sauer ist praktisch tot.Auch dort wird man keinen Kormoran sehen.Und wo einst Fischer sich um die besten Plätze stritten ist heute die Wildnis zurückgekehrt.
Ich weiß nicht wo Frau Minister Dieschbourg ihre Informationen herholt, aber ich persönlich halte Ihre Argumentation für falsch. Es mag sein das zwischen Mai und August nur bis zu 50 Kormorane an der Mosel bzw. der Sauer gezählt wurden. Der Mensch hat aber gerade im Bereich der Mosel und der Sauer schon extrem in die Natur eingegriffen, und nachhaltig geschädigt. Man hat viel Geld in Fischtreppen und ähnlichem investiert um die Fehler der Menschen an der Natur wieder auszugleichen, was ja auch sehr lobenswert ist, deswegen sind ja auch die Bereiche vor und hinter diesen Bauwerken für Wassersportler und Angler gesperrt. Damit die Fische trotz des menschlichen Eingriffs ihrem natürlichen zugverhalten weiter folgen können. Auch wenn nur bis zu 50 Kormorane gezählt wurden, wo wurden die denn gezählt? Bis zu 20 Tiere am Tag sitzen zum Beispiel an der Fischtreppe der Schleuse in Grevenmacher. Dort hat wohl kaum ein Fisch eine Chance das andere Ende der Treppe zu erreichen. So gibt es überall Schlüsselpunkte an denen man die Kormorane sieht. Die Frau Minister Dieschbourg sagt das die Bestände durch Menschliche Eingriffe zurück gehen, da hat Sie nicht ganz unrecht! Denn die Gewässer wurden durch den Menschen verändert wie bei den Fischtreppen. Dadurch das Kormoran geschützt ist, bedankt er sich und nimmt am gedeckten Tisch Platz. Die Investitionen waren also nicht zum Schutz der Natur, sondern zum Ernähren der Kormorane? Wie die Frau Minister weiter Berichtet, werden in den Wintermonaten 300 bis 500 Kormorane in dem luxemburgischen Gewässer gezählt. Da diese geschützt sind dürfen Sie ja nicht gejagt werden. Viele der gezählten Vögel halten sich in den Bereichen der Seen auf. Zum Glück gibt es die Erderwärmung, somit werden die Winter nicht mehr all zu kalt. Denn es wäre schrecklich, wenn wir mit 300 bis 500 Kormoranen einen richtig kalten Winter erleben würden. Denn wenn die Seen zufrieren, ernähren sich die Vögel in den Flüssen. 300 – 500 hungrige Vögel in der Sauer und der Mosel? Das stelle ich mir lieber nicht vor und hoffe lieber auf einen warmen Winter. Dann gibt es zum Artenschutz ja die Schonzeiten der Fische. Es ist zwar für die Fische sehr schwierig zu laichen da viele Laich Gebiete vom Menschen zerstört wurden. Deswegen wurden für den Artenschutz und für die extrem gebärdeten und geschwächten Fische, die sich in Laichzeit befinden, Schonzeiten eingeführt um diese Fische zu schützen. Vielleicht sollte die Kormoranschützer Ihren Vögeln die Regeln mal erklären.