/ Abstimmung im Unterhaus: Abgeordnete sollen Brexit-Kurs festlegen
Im britischen Unterhaus dürfte sich am Dienstag (29.1.) herausschälen, wie sich die Abgeordneten das weitere Vorgehen in Sachen EU-Austritt Großbritanniens vorstellen. Am Abend wird es dort zu einer Reihe von Abstimmungen kommen, die Aufschluss darüber geben sollten.
Eins vorweg: Auch nach den Abstimmungen am Dienstagabend im Unterhaus wird noch längst nicht alles in trocknen Tüchern sein. Denn manche der Änderungsanträge, die von den Abgeordneten vorgelegt wurden, stehen im Widerspruch zur Haltung der Europäischen Union oder bedürfen deren Zustimmung.
Ohnehin wird sich bereits am Dienstagmittag zeigen, welche der 14 Anträge, die bis Montagabend bekannt waren, für die Abstimmungen zugelassen werden. Darüber entscheidet der wortgewaltige Parlamentssprecher John Bercow. Gut möglich, dass er gleich jene Änderungsanträge abweisen wird, die die Forderung enthalten, jedes Brexit-Abkommen abzulehnen, das eine Regelung zum sogenannten Backstop enthält.
Die Notfall-Lösung ist am meisten umstritten und wird vor allem von den Hardlinern unter den Brexiteers abgelehnt. Mit dem Backstop soll die Wiedereinführung von Kontrollen an der Grenze zwischen der zum Vereinigten Königreich gehörenden nordirischen Provinz sowie der Republik Irland vermieden werden. Demnach sollen sowohl Nordirland als auch Großbritannien auf unbestimmte Zeit in einer Zollunion mit der EU verbleiben, bis in den Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen London und der EU eine endgültige Lösung für die innerirische Grenze gefunden wurde.
Verlängerung
Der Beginn der Abstimmungen ist um 20 Uhr MEZ am Dienstagabend geplant. Die Änderungsanträge fordern unter anderem, dass der Backstop zeitlich begrenzt sein soll oder Großbritannien ohne Einvernehmen mit der EU aus der Notfall-Lösung aussteigen kann. Den beiden Forderungen haben die EU-Staaten allerdings längst eine Abfuhr erteilt. Sie weisen darauf hin, dass der Backstop eine Art Versicherung ist und daher nicht befristet sein kann. Zudem stehen die restlichen EU-Staaten in dieser Frage zu Irland, das eine neuerliche harte Grenze mit dem Nordteil des Landes verhindern will. Immerhin hat auch die britische Premierministerin Theresa May am 15. Januar nach ihrer Niederlage bei der Abstimmung über den Brexit-Vertrag erklärt, dass die Regierung zum Karfreitag-Friedensvertrag stehe.
Andere Änderungsabkommen wiederum sehen vor, dass die britische Regierung um eine Verlängerung der Austrittsfrist über den 29. März hinaus bei den EU-Staaten ansucht. Diese Möglichkeit haben selbst bereits einige EU-Staaten erwogen. Allerdings wurde dafür auch bereits die Bedingung erhoben, dass dann ein konkreter Plan vorliegen müsse, wie der Brexit über die Bühne gebracht wird. Einer Verlängerung nur des Zeitaufschubs willen wird wohl kaum jemand zustimmen wollen.
Zweite Abstimmung
Vorgeschlagen wird von den Abgeordneten auch ein zweites Referendum oder die Zusicherung der Regierung, dass es zu keinem Austritt ohne Abkommen kommen wird. Labour-Chef Jeremy Corbyn seinerseits hat unter anderem einen Antrag eingebracht, der die Mitgliedschaft Großbritanniens in einer Zollunion mit der EU vorsieht. Dies aber lehnen die konservativen Tories ab, da ihrer Ansicht nach Großbritannien damit weiterhin zu sehr an die EU angebunden wäre.
Sicher ist allerdings, dass die EU nicht bereit sein wird, das ausgehandelte Abkommen aufzuschnüren und wieder über einzelne Teile zu verhandeln. EU-Chefunterhändler Michel Barnier hat unlängst klargemacht, dass lediglich über die dem Brexit-Vertrag beigefügte Erklärung über die künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien geredet werden könnte, wenn Theresa May bereit sei, von ihren roten Linien abzuweichen. Zuletzt machte EU-Kommissionssprecher Margaritis Schinas am Montag in Brüssel noch einmal deutlich, dass es keine Verhandlungen mehr über das Abkommen geben werde.
Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters berichtete am Montagabend der britische Sender Sky News unter Berufung auf Teilnehmer einer Fraktionssitzung der Tories, dass Theresa May am 13. Februar noch einmal über das Brexit-Abkommen abstimmen lassen wolle. Allerdings wird die Premierministerin erst nach den Abstimmungen am heutigen Abend eine ungefähre Ahnung davon haben, welche Optionen für den Brexit eine Mehrheit im Unterhaus finden könnten.
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