Gesundheit / Demenz oder die Suche nach dem Schlüssel im Kühlschrank
Demenz ist mehr als nur Schusseligkeit und Vergesslichkeit im Alter. Die fortschreitende Erkrankung des Gehirns beeinträchtigt die Erinnerungs- und Orientierungsfähigkeit, sie verändert auch das Wesen der Betroffenen und ihr soziales Verhalten. Die Erkrankung tritt in verschiedenen Formen auf, die bekannteste von ihnen ist Alzheimer. Daisy Schengen fasst die wichtigsten Zahlen und Begriffe zum Thema Demenz in Luxemburg zusammen.
Was bedeutet Demenz?
Der Begriff „Demenz“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie „weg vom Verstand“. „Demenz“, schreibt die Beratungsstelle Info-Zenter Demenz auf ihrer Webseite, „ist eine allgemeine Bezeichnung für eine Minderung der geistigen Fähigkeiten, die so schwerwiegend ist, dass sie das tägliche Leben beeinträchtigt.“
Umgangssprachlich werden Alzheimer und Demenz jedoch oft synonym benutzt. „Es ist ähnlich wie bei dem Begriff ‚Entzündung‘ oder ‚Krebs‘. Wenn der Arzt eine Entzündung diagnostiziert, sollte die nächste Frage sein: Um welche Art Entzündung handelt es sich denn genau? Denn Verlauf der Krankheit, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten sind jeweils unterschiedlich“, erklärt Christine Dahm-Mathonet, Direktionsbeauftragte von Info-Zenter Demenz.
Ursachen und Formen
Bei dieser chronischen Erkrankung des Gehirns werden Nervenverbindungen und Zellen verändert oder gar zerstört, erklärt das Info-Zenter Demenz. Für die Auslösung einer Demenz kommen zahlreiche Faktoren infrage. Experten unterscheiden zwischen primären und sekundären Formen der Demenz.
Etwa 50 Formen von Demenzerkrankungen sind derzeit bekannt. Die bekannteste und weit verbreitetste von ihnen ist die Alzheimer-Demenz. So wie die Frontotemporale Demenz, Lewy-Body-Demenz und Parkinson-Demenz gehört Alzheimer zu den primären Demenzformen. Diese schreiten stetig voran und sind derzeit nicht heilbar.
Bei den sogenannten neurodegenerativen Demenzformen „verkümmern die Nervenzellen des Gehirns“, erklären die Experten der 1987 in Luxemburg gegründeten und auf die professionelle Betreuung Demenzkranker spezialisierten „Association Luxembourg Alzheimer“ (ala). Teilweise seien krankhafte Eiweißeinlagerungen für die Störung der Kommunikation zwischen den Nervenzellen, deren Absterben und die dadurch entstehende Abnahme des Gehirnvolumens verantwortlich.
Die sekundären Formen der Demenz, die lediglich etwa 10 Prozent aller Erkrankungen ausmachen, stellen eine Folgeerkrankung dar und können behandelt werden. Als Ursachen nennen die ala-Fachleute Vergiftungen, Dehydrierung, Schilddrüsenunterfunktion, Vitamin-B12-Mangel, Depressionen und Hirntumore, aber auch chronischer Alkoholismus.
Eine weitere verbreitete Demenzform ist die vaskuläre Demenz. Anders als die weiteren Erkrankungen dieser Gruppe ist sie nicht heilbar. Sie tritt in etwa jedem fünften Fall von Demenz auf. Dabei kommt es zu einer Verengung der Blutgefäße im Gehirn, die eine schlechte Durchblutung der betroffenen Hirnbereiche und Absterben von Gehirnzellen mit sich bringt. Zu den Risikofaktoren zählen u.a. Bluthochdruck, Diabetes mellitus und Vorhofflimmern.
Symptome einer Erkrankung
Eine Demenzerkrankung betrifft die Erinnerungs- und Merkfähigkeit, die Orientierung, das Erkennen sowie das Handeln nach einem bestimmten Plan, erklärt ala. Darüber hinaus kann sich im Laufe der Krankheit die Persönlichkeit verändern. Experten sprechen von plötzlichen Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, Zurückgezogenheit oder auch Teilnahmslosigkeit.
Vergesslichkeit, Depression und Demenz
Vergesslichkeit im Alter bedeutet nicht sofort gleich Demenz. So weist Neurologe Dr. Michael Lorrain in einem Video des Vereins Alzheimer Forschung Initiative aus Deutschland auf kleine Merkhilfen hin. Bei Vergesslichkeit im Alter ist diese Merkunterstützung hilfreich. Bei einer fortschreitenden Demenz jedoch erfüllen die kleinen Zettel mit Erinnerungen für Betroffene von Frühformen der Demenz zunehmend ihren Zweck nicht mehr. „Das heißt: Die Menschen schreiben etwas auf, aber sie wissen nicht mehr, welche Bedeutung es hat und in welchem Kontext sie etwas aufgeschrieben haben“, so der Experte.
Betroffene legen auch oft Dinge an Orten ab, wo man sie normalerweise nicht vermuten würde. Lorrain nennt hier exemplarisch den Schlüsselbund im Kühlschrank. Eine weitere Abgrenzung zu einer Demenz sei die Wiederkehr von vergessenen Inhalten. Bei einer „normalen“ Vergesslichkeit erinnern sich die Menschen wieder daran, bei dementen Personen ist das nicht der Fall.
Eine andere Ursache für Vergesslichkeit sei eine Depression, so der Neurologe: „Durch Depression verursachte Gedächtnisstörungen sind nach außen hin vollkommen identisch mit den Anfangssymptomen einer Demenz.“ In manchen Fällen seien aber auch Medikamente ursächlich für die Vergesslichkeit im Alter, so Lorrain.
Zahlen für Luxemburg
Mehr als 7.500 Demenz-kranke Menschen lebten schätzungsweise 2018 in Luxemburg, berichtet der Dachverband der auf die Erkrankung spezialisierten europäischen Vereinigungen „Alzheimer Europe“ mit Sitz in Luxemburg in seinem Jahresbericht 2019.
Laut den Prognosen im Bericht „Alzheimer Europe 2019“ wird die Zahl der Demenzkranken in Luxemburg kontinuierlich steigen: 2025 auf rund 9.000 und im Jahr 2050 wird sich diese Zahl mehr als verdoppeln – auf rund 19.300 Betroffene. Luxemburg überträfe damit den allgemeinen europäischen Trend, dass sich die Zahl der Menschen mit Demenz bis 2050 fast verdoppelt, schreiben die Experten von „Alzheimer Europe“.
Laut der Beratungsstelle „Info-Zenter Demenz“ leben drei Viertel der Betroffenen zu Hause, wo sie von ihren Angehörigen betreut werden und/oder von ambulanten Pflegediensten unterstützt werden. Nach Angaben der Beratungsstelle ist Demenz, nach Gelenkerkrankungen, der zweitgrößte Pflegebedarf der Luxemburger Pflegeversicherung. 2018 sei beinahe jeder Fünfte der rund 14.200 Pflegeversicherten hierzulande an Demenz erkrankt, heißt es.
Hier gibt es weiterführende Informationen:
Plattform Connect
Im Juni 2020 ging die digitale Plattform „Connect“ der Universität Luxemburg an den Start. Damit soll nach Angaben der Forscher die Kommunikation zum Thema Demenz (Alzheimer und verwandte Formen der Demenz) erleichtert werden. Nach Angaben der Forscher richtet sich die digitale Plattform an Menschen, bei denen eine Demenz festgestellt wurde. An der Plattform sind außerdem die „Association Luxembourg Alzheimer“ (ala), Info-Zenter Demenz, „Programme Démence Prévention“, „RBS-Center fir Altersfroen“ und ZithaSenior beteiligt.
Connect-Plattform: connect.liewematdemenz.lu
„Association Luxembourg Alzheimer“ (ala)
1987 gegründet engagiert sich die Vereinigung für eine spezialisierte, demenzgerechte Pflege und Begleitung von Menschen mit Demenz und deren Angehörigen. Neben einem Beratungsangebot betreibt ala einen ambulanten Haus- und Pflegedienst sowie mehrere Tagesstätten und ein Pflege- und Wohnheim für Demenzkranke.
Infos und Kontakt: ala.lu
Info-Zenter Demenz
Das Info-Zenter Demenz in der hauptstädtischen rue des Bains ist nach eigenen Angaben eine neutrale Anlaufstelle, die Informationen und ein offenes Ohr für Betroffene, Angehörige und Interessenten anbietet. Neben Informationsmaterialien kümmert sich die Beratungsstelle um Sensibilisierung zum Thema Demenz.
Infos und Kontakt: Tel.: (+352) 26 47 00; E-Mail: mail@i-zd.lu oder via Facebook
Programm Demenz-Prävention (PDP)
Das Programm richtet sich an Menschen mit einer leichten Leistungsminderung des Gehirns (auch: leichte kognitive Beeinträchtigungen, englisch: Mild Cognitive Impairment, MCI), heißt auf der Internetseite demenz.lu. Im Rahmen des Programms sollen Betroffene ihre persönlichen Demenz-Risikofaktoren erkennen und verringern mit dem Ziel, der möglichen Entwicklung einer Demenz entgegenzuwirken. Experten mehrerer Fachrichtungen arbeiten hier zusammen, das Angebot ist kostenlos und dient in erster Linie der Vorsorge.
Infos und Kontakt: demenz.lu
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