Kinderwissen / Wenn die Glocken rufen
Frühling ist es, in Gärten, Wiesen und Wäldern sehen wir Schneeglöckchen, Märzenbecher oder Glockenblumen. Doch von ihnen soll heute nicht die Rede sein, sondern von ihrem Namensgeber: den Glocken. Denn bald ist Ostern, und da rufen die Glocken wieder alle Kirchengläubigen zum Gebet. Doch woher kommen diese Klangkörper eigentlich, deren Läuten in Gedichten und Liedern so oft besungen wurde? Das wollte auch Elke Bunge wissen.
Neben unserer Haustür hängt eine kleine Glocke aus Messing. Wer uns besuchen möchte, muss nicht auf einen Klingelknopf drücken, sondern an einer kleinen Kette ziehen. Dann schlägt ein Klöppel an die innere Wand der Glocke und ein heller Ton ruft uns zur Haustür. Unser Glöckchen hat – wie die meisten Glocken – eine Kelchform. Davon abgeleitet tragen auch die Blumen, deren Blüte kelchförmig sind, häufig Namen, in denen eine Glocke vorkommt: Schneeglöckchen oder Maiglöckchen.
Mit einer richtigen Glocke haben sie aber nicht zu tun. Die kennen die Menschen seit dem 15. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung, als die Chinesen der Shang-Dynastie große, aus Bronze hergestellte Kelche für Staatszeremonien, religiöse Feste oder auch bei Begräbnissen benutzten. Etwa 1.000 Jahre später ließ der chinesische Philosoph Konfuzius Glocken auf einen festgelegte Tonabstand stimmen und schuf damit die chinesische Tonleiter. Glocken wurden schon immer auch für religiöse Riten verwendet. In buddhistischen Tempeln hängen sehr große Glocken, die von außen von mehreren Mönchen mit einem Klöppel angeschlagen werden. Ihr Klang gilt als glücksverheißend.
Kleinere Glocken verwendet man bei den Hindus oder auch in tibetanischen Gebetshäusern. Manchmal sind dort auch Wegmale mit einem glockenversehenen Holzgerüst errichtet, sie sollen Pilger zum Tempel führen.
Glocke als Signal
Der weithin hörbare Klang einer Glocke wurde bald schon als Signal verwendet. Von Asien her breitete sich das Instrument nach Westen aus. Archäologische Funde zeigten, dass bereits die Ägypter ihren Tieren Glocken umhängten, um sie nach einer Nacht an einer Oase in der Wüste wiederfinden zu können. Wahrscheinlich übernahmen die Römer von ihnen diesen Brauch und brachten ihn nach Europa. Dort nutzten die Berghirten Glocken und Glöckchen, die sie Ziegen oder auch Kühen umbanden, um die Herde beieinander zu halten. Und hatte sich ein Zicklein mal verlaufen, konnte man am Glockenklang hören, in welcher Richtung es zu suchen war. Noch heute tragen die Kühe auf den Almen Süddeutschlands, Österreichs oder der Schweiz Glocken um den Hals. Wenn im Frühjahr der Auftrieb auf die Almen oder im Herbst die Rückkehr in die heimischen Ställe ansteht, werden die Tiere besonders schön geschmückt und tragen dann wertvoll gestaltete Glocken. Auch viele Menschen, die dem Auftrieb beiwohnen, tragen Glocken in den Händen und läuten sie kräftig.
Doch auch im Norden unseres Kontinents dienen Glocken als Signal. So haben Schiffe immer eine Glocke an Bord. Damit können die Matrosen bei Nebel auf dem Meer läuten und signalisieren so anderen Schiffen, dass sie in der Nähe sind. Eingebürgert hat sich das Glockensignal zu Zeiten der Segelschiffe, als man noch kein mit Dampf betriebenes Nebelhorn einsetzen oder über modernes Radar ein anderes Schiff in der Nähe ausmachen konnte. Manche alte Schiffsglocken hängen heute noch in Seemannskneipen, sie läutet der Wirt, wenn er schließen will. Aber Vorsicht! Wer aus Schabernack einmal an der Glocke läutet, muss eine Runde für die ganze Wirtschaft spenden.
Glocken in der Kirche
Als die christliche Religion begann, sich vom Orient aus in den Westen Europas zu verbreiten, nutzten die Priester auch eine Glocke als Signal. Bei den frühchristlichen Priestern war dies noch eine Handglocke, die der Geistliche schwenkte und so die Gläubigen zum Gebet holte. Später wurden eigene Gotteshäuser gebaut und erhielten auch ein eigenes Glockengestell. Manchmal war es nur ein Holzgerüst, auf dem eine Glocke befestigt war. Ihr Läuten konnte man weithin hören, und so wussten auch Christen in der Ferne, dass es Zeit für ein Gebet war. Später erhielten Kirchen Glockentürme, die manchmal im Gebäude, manchmal aber auch neben dem Gebäude errichtet wurden. Wenn ihr einmal in südliche Länder, zum Beispiel nach Italien, reist, könnt ihr solche „Campanile“ neben der Kirche sehen. Der berühmteste von ihnen ist der Schiefe Turm von Pisa.
In den Kirchen des osteuropäischen orthodoxen Christentums findet man viele Glockenspiele. Extra ausgebildete Priester sind wahre Künstler darin, sie zu bedienen. Sie spielen virtuos Kirchenlieder und manchmal – vielleicht heimlich? – auch andere Musik.
Das kann man mit unserem Türglöckchen nicht. Gerade klingelt es, ich schaue mal nach, wer da ist.
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