Leichtathletik / Gil Weicherding: Das Hindernis-Talent
Er ist eines der jungen Leichtathletik-Talente, das man in den kommenden Jahren im Blick behalten sollte. Seit diesem Jahr ist Gil Weicherding Mitglied des Promotionskaders des COSL, konnte bei den JPEE in Malta Silber gewinnen und startet in der kommenden Woche bei der U23-EM. Dies in einer Disziplin, die in Luxemburg nicht die populärste ist, die 3.000 Meter Hindernis.
Bei Gil Weicherding steht in den kommenden Tagen ein volles Programm ins Haus: Am Freitagabend wird der 22-Jährige sozusagen die Landesmeisterschaften 2023 mit eröffnen, wenn am ersten von insgesamt drei Tagen im hauptstädtischen INS die 400 Meter Hürden und die 3.000 Meter Hindernis ausgetragen werden. Nur ein paar Tage später, am 13. Juli, beginnt dann die U23-Europameisterschaft im finnischen Espoo, bei der der FLA-Athlet am Samstag seinen Vorlauf über 3.000 Meter Hindernis bestreiten wird. Zwischendurch muss Weicherding dann auch noch Klausuren an der Uni schreiben, in Aachen macht der Nachwuchsathlet nämlich derzeit seinen Bachelor in Umweltingenieurwissenschaften.
Dass man Gil Weicherding am Freitag in der Hindernisdisziplin sehen wird, daran muss sich wohl so mancher noch gewöhnen. Erst im vergangenen Jahr probierte der beim Celtic Diekirch lizenzierte Athlet diese in Luxemburg nicht unbedingt sehr populäre Disziplin aus. „Es ist eigentlich direkt ganz gut gelaufen, so gut, dass wir gesehen haben, dass es durchaus realistisch ist, die Norm für die U23-EM zu laufen“, erklärt der 22-Jährige, dem die für ihn neue Disziplin auch auf Anhieb Spaß machte. „Dennoch brauche ich manchmal auch Abwechslung, womit ich immer froh bin, wenn ich auch mal ein 1.500- oder 5.000-Meter-Rennen bestreiten darf“, gibt er mit einem Lachen zu. In den letzten Jahren hat Gil Weicherding nämlich vor allem über die längeren Strecken immer wieder auf sich aufmerksam gemacht. „Zuvor bin ich eher auf den kürzeren Distanzen wie 800 oder 1.500 gelaufen, doch dafür fehlt mir einfach die nötige Grundschnelligkeit. Als ich 17 oder 18 war, hat das noch gereicht, doch inzwischen bin ich auf den längeren Distanzen einfach konkurrenzfähiger.“
Hoffen auf das „Wavelight“
Dass der Hindernislauf in Luxemburg nicht mehr die krasse Randdisziplin ist, die er mal war, das betont Gil Weicherding dann auch direkt. „Es ist schon verrückt, wie sich diese Disziplin auch international entwickelt hat. Überall sind die Normen in den letzten Jahren zwar gestiegen, doch beim Steeple sind es in den letzten gleich zehn Sekunden.“ Und so weist der Celtic-Läufer auch darauf hin, dass vor zehn Jahren wohl noch jeder, der bei den nationalen Meisterschaften an dieser Disziplin teilgenommen hat, vorne mit dabei war. Dies sieht inzwischen aber ganz anders aus.
Es ist schon verrückt, wie sich diese Disziplin auch international entwickelt hat
Bei den Meisterschaften strebt der 22-Jährige dann auch ganz klar den Titel an, will, wenn möglich, aber auch eine schnelle Zeit anpeilen, um Punkte für das Ranking zu sammeln, das für die Qualifikation für die internationalen Höhepunkte entscheidend ist. Und so hofft er, dass am Freitagabend der Einsatz einer in Luxemburg ganz neuen Technologie möglich sein wird, die es derzeit nur an der neuen Bahn im INS gibt: das „Wavelight“. Hierbei handelt es sich um LED-Leuchten, die an der Bahn mitlaufen und eine bestimmte Zeit sichtbar machen. Sozusagen ein digitaler Pacemaker, der ganz neue Möglichkeiten bietet und auch bei Meisterschaften erlaubt ist.
Seit diesem Jahr ist Gil Weicherding auch Mitglied des Promotionskaders des COSL, etwas, was ihn durchaus überrascht hat, wie er erklärt. „Ich bin zwar noch jung, aber mit 22 Jahren dachte ich eigentlich, dass ich schon zu alt wäre, denn oft sind es ja noch jüngere Athleten, die hier aufgenommen werden.“ Die Freude darüber war dennoch riesengroß, wie er weiter betont: „Das gibt einem natürlich noch einmal ganz neue Möglichkeiten.“ Und so hofft Weicherding auch, dass er bei der EM in der kommenden Woche den Finaleinzug schaffen wird.
Trainingsgruppe von Bob Bertemes
Als Athlet des Celtic Diekirch ist der junge Student übrigens in der Trainingsgruppe von Bob Bertemes dabei. Etwas, was ihm, wie er erzählt, viel bringt und enorm anspornt: „Leistung ist das eine, das andere ist aber auch das Persönliche. Und diese Trainingsgruppe macht so viel Spaß. Unter der Woche trainiere ich in Aachen meistens alleine, so ist es schön, dann am Wochenende bei dieser Gruppe dabei sein zu können.“ Und dass er persönlich die Entwicklung von Vera Hoffmann, die in den letzten Wochen einen Landesrekord nach dem anderen purzeln lässt, miterleben kann, das motiviert ihn dann noch einmal zusätzlich: „Man sieht, dass man hier gut aufgehoben ist, und vor allem auch, was so alles möglich ist. Wenn man niemanden kennt, der so ein Niveau erreicht hat, dann ist es selbst auch schwer vorstellbar, dass man das auch selbst einmal schaffen kann.“ So gibt der 22-Jährige dann auch das Beispiel von Charel Grethen an: „Wer hätte vor Jahren gedacht, dass ein Luxemburger über 1.500 Meter einmal die 3:40 Minuten knacken würde? Jetzt ist dies sogar auch Vivien Henz gelungen.“
Über 3.000 Meter Hindernis beträgt die Bestzeit von Gil Weicherding derzeit übrigens 8:56:15 Minuten. Und es ist vor allem auch die Zeit, die der 22-Jährige in den kommenden Monaten weiter verbessern möchte. „Die EM in Rom im nächsten Jahr wäre schon ein tolles Ziel, doch von den Zeiten her reicht es derzeit noch nicht. Da müsste ich schon Glück mit den Punkten haben. Ich denke, die darauffolgende EM ist realistischer.“ Dennoch weiß man nie, und da wäre eine gute Zeit am Freitagabend schon Gold wert.
Dass sich der junge Athlet, der aus Boukels stammt, im Endeffekt für die Leichtathletik entschieden hat, ist dann auch alles andere als Zufall. Bereits sein Vater war beim Celtic lizenziert, so wie dann auch seine Brüder. Vor allem Charel dürfte in Luxemburger Sportkreisen auch vielen ein Begriff sein, denn der 24-Jährige ist ebenfalls auf den Mittel- und Langdistanzen im Land zu sehen und wird am Freitag ebenfalls das Hindernis-Rennen in Angriff nehmen. Dass er einen perfekten Trainingspartner auch zu Hause hat, das ist dann ein weiterer Vorteil in der Familie Weicherding. Eine weitere Disziplin wird der Celtic-Athlet am Wochenende übrigens nicht mehr bestreiten, vor der EM wäre ein 5.000-Meter-Rennen nicht die optimale Vorbereitung und zudem steht am Montag noch eine Klausur in Aachen auf dem Programm.
Landesmeisterschaften im INS
In den nächsten Tagen steht im „Institut national des sports“ die Leichtathletik im Blickpunkt, denn von Freitag bis Sonntag werden hier die Landesmeisterschaften organisiert. Den Anfang machen am Freitagabend zwei Disziplinen, die 400 Meter Hürden sowie die 3.000 Meter Hindernis. Los geht es ab 19.30 Uhr.
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