Cyclocross-WM / Konkurrenzfähigkeit beweisen: Schreiber startet ambitioniert in das WM-Rennen
Wie bei der Cyclocross-Weltmeisterschaft 2013 in Louisville (USA) schickt die FSCL auch 2022 lediglich eine Fahrerin bei den Titelkämpfen an den Start. Mit Marie Schreiber hat der nationale Radsport-Verband ein ambitioniertes Nachwuchstalent in den Reihen, das sich hohe Ziele setzt. In den letzten Jahren konnte nur Christine Majerus, die sich jetzt bereits auf die Straßensaison vorbereitet, mit der internationalen Konkurrenz mithalten.
Als Cyclocross-Nationaltrainer weiß Misch Wolter Bescheid. „Claude Michely“, erinnert er sich sofort – der einzige Luxemburger, der mal eine Medaille bei einer Cyclocross-WM einfuhr. „Er kam als Dritter hinter Adrie van der Poel an“, weiß Wolter weiter. 1985 in München gewann der Luxemburger Bronze – eben hinter dem Vater von Mathieu van der Poel und dem Deutschen Klaus-Peter Thaler. Die letzte – und einzige – Medaille ist also 37 Jahre her – wie hat sich der Querfeldeinsport in Luxemburg seitdem entwickelt?
Blickt man alleine auf die Resultate bei Weltmeisterschaften, fällt Christine Majerus’ vierter Platz bei der WM in Valkenburg 2018 auf, Jempy Drucker fuhr bei den Espoirs 2006 in die Top Ten. Einschneidend für die Disziplin waren jedoch sicherlich die Einführung des Skoda Cross Cup 2016 sowie die WM 2017 in Beles. „Der Skoda Cross Cup ist wichtig für den ganzen Radsport“, sagt Wolter. „Er ermöglicht, eine nationale Serie zu haben, bei der regelmäßig Wettkämpfe stattfinden – so etwas sollte es auch auf der Straße geben. Die Regelmäßigkeit, an Rennen teilzunehmen, ist sehr wichtig für die Entwicklung eines Sportlers.“
Wolter sagt, dass die Popularität des Sports in den letzten Jahren gestiegen sei – doch er erkennt auch einen Trend, der die Nachwuchstalente früh auf die Straße zieht. „Zum einen hat sich die Disziplin durch Mathieu van der Poel und Wout van Aert sehr entwickelt. Es gibt immer mehr Fahrer, die im Winter den Cyclocross mit in ihre Saison einbauen – dabei sind viele Jugendliche. Die Konkurrenz ist größer geworden.“
Doch Wolter erkennt auch: „Die Entwicklung scheint aber dahin zu gehen, dass die großen Teams die Nachwuchssportler immer früher rekrutieren. Das bringt mit sich, dass der Fokus früher und intensiver auf der Straße liegt.“ Aktuelle nationale Beispiele sind dafür Mathieu Kockelmann oder Niels Michotte, die für die Nachwuchsteams von Bora-hansgroe bzw. Ag2r-Citroën fahren. Kockelmann gewann im Januar das Junioren-Rennen der Cyclocross-Landesmeisterschaft, Michotte wurde Dritter. „In Luxemburg erkennt man das noch nicht so deutlich, aber international schon: Die multidisziplinäre Ausbildung leidet dadurch, dass der Fokus immer früher auf die Straße gelegt wird.“
FSCL setzt auf multidisziplinäre Ausbildung
Die FSCL will sich aber nicht von ihrem Weg abbringen lassen – und setzt weiterhin auf eine Ausbildung im Cyclocross. „Wir möchten, dass sie zumindest technisch jedes Rennen bestreiten können – z.B. auch spezielle Klassiker wie Paris-Roubaix.“ Der Trend der letzten Jahre hat gezeigt: Eine multidisziplinäre Ausbildung hilft. Sowohl Van der Poel, Van Aert oder auch Julian Alaphilippe waren und sind noch im Cyclocross aktiv – Egan Bernal oder Jakob Fuglsang haben internationale Erfolge im Mountainbike gesammelt.
Trotz der positiven Entwicklung, die Wolter beschreibt, bleibt jedoch auch festzuhalten, dass mit ein paar Ausnahmen Luxemburg auf internationaler Ebene nicht konkurrenzfähig war. Zwar war Majerus bei den Weltmeisterschaften eine Konstante und Schreiber fuhr 2019 bei den Juniorinnen auf den 9. Platz – doch viel mehr Ergebnisse fallen in den letzten Jahren nicht auf. „Es gibt eben ein paar Cyclocross-Supermächte“, sagt Wolter. „Alle anderen Länder sind Außenseiter. Wir müssen darauf hoffen, einzelne Talente herauszubringen, um gegen diese Supermächte anzukommen.“
Ein solches Talent könnte die FSCL mit Schreiber, die am Sonntagabend um 20.00 Uhr (MEZ) in ihr WM-Rennen startet, rausbringen. „Sie kann einigermaßen Anschluss an die Besten halten“, sagt Wolter. „Wir sind da auf dem richtigen Weg.“
Doch gleichzeitig ist die 18-Jährige auch die einzige Starterin der FSCL bei den Titelkämpfen in den USA. Ist die geringe Anzahl an Sportlern lediglich damit zu entschuldigen, dass die WM so weit weg ist – oder liegt es doch eher an der Konkurrenz-Unfähigkeit? – „Das liegt an vielen Faktoren. Wir halten uns weiterhin an unsere Selektionskriterien und die sind streng. Nicht jeder hat ein hohes Engagement über die Saison gezeigt, weil auch manche Sportler vielleicht sahen, dass die Chancen auf eine WM-Teilnahme gering sind. Fahrer wie M. Kockelmann oder Michotte wollten ein paar Cross-Rennen fahren, aber nicht an der WM teilnehmen – weil sie dadurch zu viel Zeit in der Vorbereitung verlieren würden.“
Schreiber will in die Top Ten
Dazu kommen die Reisestrapazen, die eben auch logistisch einen großen Aufwand darstellen. „Es sind lediglich die Amerikaner und die Kanadier, die viele Athleten am Start haben. Die Niederländer schicken beispielsweise auch nur einen Junior an den Start.“ Dazu komme, dass im letzten Jahr eine ganze Saison bei den Junioren ausfiel – und dort deswegen eine Lücke enstehe, sagt der Nationaltrainer.
Weil Christine Majerus sich bereits auf die Straßensaison vorbereitet, richten sich am Wochenende alle Augen auf Schreiber. Die 18-Jährige geht ambitioniert in ihr erstes WM-Rennen bei den Espoirs. Im Oktober 2021 fuhr sie beim Weltcup in Fayetteville auf 24. Platz und konnte somit schon Rennpraxis auf der WM-Strecke sammeln. Schreiber, die es bevorzugt, wenn es technisch schwieriger wird, kommen die Bedingungen nicht entgegen: Die Strecke soll über das Wochenende größtenteils trocken bleiben.
Ein konkretes Ziel hat sich die FSCL mit Schreiber gesetzt: „Top Ten“, sagt Wolter. „Dann muss man schauen, wie sich das Rennen entwickelt. Drei Holländerinnen (Puck Pieterse, Shirin van Anrooij und Fem van Empel) stechen klar heraus, dahinter kommen zwei Französinnen. Und dann gibt es eine handvoll Fahrerinnen, die auf gleicher Höhe wie Marie sind.“
Im Überblick
Die Resultate der Luxemburger bei den letzten zehn Cyclocross-WMs:
2021 in Ostende (B/3 luxemburgische Starter): Christine Majerus (10./WE), Loïc Bettendorf (36./MU), Mats Wenzel (37./MU)
2020 in Dübendorf (CH/6): Majerus (15./WE), Wenzel (26./MJ), Arno Wallenborn (44./MJ), Noé Ury (48./MJ), Tom Paquet (49./MJ), Marie Schreiber (9./WJ)
2019 in Bogense (DK/8): Scott Thiltges (50./ME.), Vincent dias dos Santos (52./ME), Majerus (12./WE), Nicolas Kess (31./MU), Felix Schreiber (38./MU), Bettendorf (45./MJ), Paquet (50./MJ), 58. Mik Esser (58./MJ)
2018 in Valkenburg (NL/9): Thiltges (43./ME), Gusty Bausch (47./ME), Dos Santos (52./ME), Majerus (4./WE), F. Schreiber (37./MU), Arthur Kluckers (18./MJ), Nicolas Kess (25./MJ), Bettendorff (41./MJ) Pries (51./MJ), Esser (66./MJ)
2017 in Beles (17): Lex Reichling (42./ME), Gusty Bausch (46./ME), Thiltges (52./ME), Pit Schlechter (58./ME), Christian Helmig (60./ME), Majerus (7./WE), Nathalie Lamborelle (23./WE), Suzie Godart (57./WE), Luc Turchi (32./MU), Noah Fries (45./MU), Felix Keiser (DNF), F. Schreiber (40. MJ), Ken Conter (42. MJ), Misch Leyder (48/MJ), Kess (55./MJ), Tristan Parrotta (60./MJ), Edie Antonia Rees (34./WU)
2016 in Heusden-Zodler (B/9): Helmig (44./ME), Bausch (46./ME), Majerus (9./WE), Turchi (50./MU), Michel Ries (22./MJ), F. Schreiber (39./MJ), Felix Keiser (43./MJ), Conter (51/MJ), Fries (53./MJ)
2015 in Tabor (CZE/5): Majerus (9./WE), Colin Heiderscheid (38./MJ), Ries (55./MJ), Fries (57./MJ), Tom Rees (DNF/MJ)
2014 in Hoogerheide (NL/5): Helmig (45./ME), Majerus (14./WE), Turchi (43./MU), Massimo Morabito (53./MU), Thiltges (DNF/MU)
2013 in Louisville (USA/1): Helmig (33./ME)
2012 in Koksijde (B/7): Bausch (48./ME), Helmig (49./ME), Majerus (14./WE), Reichling (47./MU), Dias dos Santos (DNF/MU), Sven Fritsch (52./MJ)
ME= Männliche Elite, WE=Weibliche Elite, MU=Männliche U23, WU=Weibliche U23, MJ=Junioren, WJ=Juniorinnen
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