Tageblatt-Serie / Angebote für jeden: Diese Sportarten konnte man beim „Paralympic Day“ entdecken
Der vierte „Paralympic Day“, organisiert vom LPC, war ein voller Erfolg. Wohl unter dem Eindruck der Paralympics in Paris war der Andrang so groß wie noch nie. Auch das Angebot im Rehazenter war recht üppig. Immerhin 16 verschiedene Sportarten konnte man entdecken und ausprobieren.
Ob und wie sich dieses interessante Programm auf die Para-Sportler in Luxemburg auswirken wird, wird die Zukunft zeigen. Das Tageblatt hat vier Sportarten herausgepickt.
Para-Klettern: Ein Angebot im Aufbau
Der erste Para-Climbing-Wettbewerb wurde 2003 in Frankreich ausgetragen. Diese Sportart, bei der es aktuell zehn verschiedene Startklassen für Sehbehinderte, Amputierte und Menschen mit neurologischen Einschränkungen gibt, wird immer populärer. Es gibt drei Formate: Lead, Speed und Bouldern. Die erste Weltmeisterschaft fand 2011 in Arco (Italien) statt und in Los Angeles 2028 wird Para-Climbing paralympisch.
Ein Anreiz für viele Para-Sportler, wie auch Henri Neuman vom nationalen Verband Flera weiß. Als Präsident der „Commission de formation“ ist er verantwortlich für die Ausbildung der zukünftigen Trainer sowie für die Weiterbildung. „Mein Ziel ist es, den Inklusionsgedanken im Verband umzusetzen. Wir brauchen Trainer, die speziell für diese Gruppe von Sportlern ausgebildet sind und wissen, welche Sicherheitsvorgaben beachtet werden müssen. Die Routen sind zu 99,5 Prozent für Personen mit zwei Händen und zwei Beinen konzipiert. Im Fall eines Handicaps müssen die Wege anders geschraubt werden. Alles beginnt mit der Vorbereitung der Wand, damit man überhaupt klettern kann. Sehbehinderte orientieren sich an den verschiedenen Formen der einzelnen Griffe. Man kann die Griffe fühlen und so weiß man, wie es weitergeht.“
Zudem können Sehbehinderte auf einen Guide am Boden zurückgreifen, der Anweisungen über Griffe und Bewegungen gibt. Amputierte können wählen, ob sie mit oder ohne Prothesen klettern. Wo kann man sich informieren, wenn man als Person mit Einschränkungen klettern möchte? „Das ist momentan noch ein Problem“, gibt Neuman zu. „Wir sind zurzeit noch ziemlich begrenzt in den Angeboten. Die Flera soll in Zukunft zum Ansprechpartner werden und die verschiedenen Interessenten, je nach Handicap, in puncto Trainer und Hallen orientieren. Jeder soll diesen Sport ausüben können. Denn es bedarf grundsätzlich nur kleiner Anpassungen. Wir versuchen, ein Projekt mit dem LPC aufzubauen.“ Informationen gibt es per Mail (secretariat@flera.lu) oder Telefon (621 162 565).
Boccia: Offen für alle
Diese Sportart, dem Boule-Pétanque nachempfunden, löste bei den Paralympics in Paris einen Hype aus – besonders in Frankreich, durch den Goldmedaillengewinn von Aurélie Aubert, die seither Starstatus besitzt. Boccia wird in den Hallen gespielt und ist mittlerweile in 75 Ländern präsent. Es gibt Einzel-, Doppel- und Teamwettbewerbe mit drei Spielern. Die Bälle, mit verschiedenen Härtegraden, aus Leder können mit der Hand, dem Fuß oder per Rampe gespielt werden. Alles hängt vom Grad der Behinderung ab.
Im Gegensatz zum „cochonnet“, der kleiner als die „boules“ ist, hat der „Jack“ die gleiche Größe wie die sechs blauen und sechs roten Spielbälle. John Bravaccini, Verantwortlicher beim LPC für diese Sportart, erklärt den Sinn und Gebrauch der Rampe: „Menschen ohne Mobilität im Oberkörper benutzen diese Rampe. Um diese zu bedienen, braucht man einen Helfer, der immer mit dem Rücken zum Spiel steht, denn der Spieler bleibt stets der Aktive. Wir trainieren jeden Freitag im Rehazenter von 18 bis 20 Uhr. Jeder ist hier willkommen, egal wie schwer sein Handicap ist. Auch Nicht-Behinderte können bei uns teilnehmen. Wir organisieren im Laufe des Jahres einige Turniere. Wir benötigen dringend noch freiwillige Helfer.“
Bravaccini spricht mit viel Begeisterung von seiner Gruppe: Es wird viel gelacht und der Spaß steht im Vordergrund. Beim LPC wird Boccia eher auf Freizeit-Niveau praktiziert, für eine Teilnahme auf dem Paralympics-Level wird hingegen viel verlangt. „Um sich für die Paralympics zu qualifizieren, muss man an Turnieren, verteilt über die ganze Welt, teilnehmen, begleitet von einem kompletten Team. Das ist nicht einfach.“ Dennoch hofft man auch beim LPC, von dem aktuellen Boccia-Boom zu profitieren.
Kajak: Es macht enormen Spaß
Im Schwimmbecken wurde neben einem Tauch-Atelier auch ein Kajak-Workshop angeboten. Yves Ogé, ausgebildet als Handisport-Betreuer im Kajak und beim „Back to Sports“-Programm tätig, erläuterte das Konzept seines Vereins: „Vor drei Jahren haben wir die Sektion Kajak gegründet und wir haben festgestellt, dass es unseren Mitgliedern enormen Spaß bereitet. Wir bewegen uns auf flachem Wasser, wie auf der Sauer oder auf dem Stausee. Wir genießen die Zeit in der Natur. Dies ist toll. Mit der Vereinigung der Baggerweiher haben wir ein besonderes Abkommen: Wir können diese Location mit unseren Mitgliedern exklusiv benutzen, nachdem das Publikum den Weiher verlassen hat. Mit freiwilligen Helfern können wir so zehn Personen mit Handicap betreuen. Unsere Teilnehmer gewinnen ein Stück Freiheit zurück, das sie nicht mehr für möglich gehalten hatten. Im Sommer verbringen wir so drei Stunden in Remerschen.“
Auf den Wettkampf angesprochen, erwidert Ogé: „Wir haben stetigen Wettkampf, aber jeder mit sich selbst. Das ist die größte Herausforderung. Unser erstes Ziel ist der inklusive Sport, mit Freunden und der Familie. Dennoch fordern wir unsere Teilnehmer. Wenn jemand über die Freizeitangebote hinaus will, sind wir bereit, weiterzuhelfen und die Verbindung zum LPC herzustellen.“ Kontakt zur Kajakgruppe kann beim Training im Rehazenter aufgenommen werden. Jeden Mittwochabend von 17 bis 19 Uhr trifft man sich für eine Stunde Schwimmen und eine Stunde Kajak. Voraussetzung ist eine gewisse Gewöhnung ans Wasser.
Floor-Curling: Eine neue Para-Sportart
Nicht nur das großherzogliche Paar war angetan vom Curling-Angebot in den Gängen des Erdgeschosses des Rehazenters. Nuyt Visscher gestaltete diesen Workshop und konnte seine persönliche Geschichte miteinbringen. Vor zwei Jahren war er selbst als Patient im Rehazenter und kam beim „Paralympic Day“ mit diesem Sport in Kontakt. Heute ist er Mitglied des Curling-Club Luxemburg und wirbt für diese Disziplin. „Wir versuchen überall, unseren Sport bekannt zu machen, bei den Sportlehrern, in Schulen und in der Lunex. Unsere Trainingseinheiten sind montags und mittwochs von 18 bis 20 Uhr für Anfänger und für Rollstuhlfahrer, in Kockelscheuer. Im Sommer trainieren wir auch im Freien.“
Visscher stellte Floor-Curling bei dieser Gelegenheit vor. „Erst vor kurzem wurde dieser Ableger offiziell zur paralympischen Sportart gekürt. Die Bahn ist kürzer als beim normalen Curling und der Kraftaufwand ist weitaus geringer, da die Steine mit Rollen versehen sind. Damit wird Curling für jede Behinderung zugänglich.“ Da diese Form des Curlings überall gespielt werden kann, wird es in Zukunft auch ein Angebot im Rehazenter geben, dies sowohl für Patienten des Hauses als auch Personen von außerhalb. Eine Sportart, die im Team, auch hier inklusiv, gespielt werden kann und somit einen wichtigen sozialen Aspekt verfolgt.
Serie: Para-Sportler im Fokus
Im April hat das Tageblatt eine monatliche Serie um den Para-Sport gestartet. Anlass waren das 50-jährige Bestehen des LPC sowie die Paralympics in Paris. Auch nach dem größten Para-Sport-Event bieten wir hier weiter Platz für Sportler und Vereine aus diesem besonderen Sportbereich. Nach den Individualsportlern, wie dem sehbehinderten Judoka Roberto Lomba (18. April), den Tischtennisspielern Philippe Hein und Matteo Scuto (16. Mai), dem Leichtathleten Massimo Saputo (20. Juni) und dem Fahrradfahrer Amsal Redzepovic (17. Juli) sowie der Mannschaft der Lux Rollers (17. Oktober), stellen wir heute einige weniger bekannte Sportarten vor.
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