Schulsport / Ausreichend Zeit und Platz steigern die Motivation: Wie Schüler zum Sportunterricht stehen
Durch Stellungnahmen der Sportlehrer rückt der Schulsport regelmäßig, allerdings immer nur für kurze Zeit, in den Vordergrund. Wie aber sehen die Schüler den Sportunterricht? Das Tageblatt hat nachgefragt.
Mitte November hatte sich die Vereinigung der Sportlehrer (APEP) in einem offenen Brief an den Bildungs- sowie an den Sportminister gewendet, um auf die Bedeutung und die Probleme des Sportunterrichts aufmerksam zu machen. Auf Anfrage des Tageblatt hat die „Conférence nationale des élèves du Luxembourg“ (CNEL) bei den Schülern nachgefragt, wie sie den Sportunterricht sehen. Es war zwar keine repräsentative Umfrage, dennoch lässt sich aus den Antworten schließen, dass die Auffassung der Schüler recht nah an die der Lehrer herankommt.
„Wie die Schüler zum Sportunterricht stehen, hängt sehr stark von den einzelnen Schulen ab“, sagt Alex Tosseng, Vizepräsident der CNEL. In Schulen, die den Sportunterricht aktiv fördern, über eine gute Infrastruktur verfügen und abwechslungsreiche Sportaktivitäten nach der Schule anbieten, würden die Schüler dem Sportunterricht weitaus positiver gegenüberstehen als in Schulen, in denen dem Sport kein großer Stellenwert beigemessen wird. „Der Platzmangel in den Sporthallen verschiedener Schulen kann einem schon die Lust am Sport nehmen.“
Wichtig für den Zusammenhalt
Vor allem in der jetzigen Zeit sei der Sportunterricht für viele Schüler eine willkommene Abwechslung zu den anderen Schulstunden, sagt Tosseng. Durch die Corona-bedingten Einschränkungen würde den Schülern nicht mehr so viele Möglichkeiten bleiben, sich ausreichend zu bewegen. „Außerdem hat man im Sport einen ganz anderen Umgang mit seinen Klassenkameraden, als wenn man in einem Klassensaal sitzt. Wir haben oft das Feedback bekommen, dass der Sportunterricht eine wichtige Rolle beim Zusammenhalt der Klasse spielt“, so Tosseng.
So würde sich ein Großteil der Schüler mehr Sport in der Schule wünschen. Vor allem in den hohen Klassen, wo nur noch eine Stunde Sport pro Woche auf dem Programm steht, sei es problematisch. „Da gehen schon 20 Minuten für den Gang in die Sporthalle und das Umziehen verloren, sodass man sich am Ende vielleicht 30 Minuten wirklich Sport treibt. Noch knapper wird es, wenn Schwimmen auf dem Programm steht. Dann riskiert man noch zu spät zur nächsten Unterrichtsstunde zu kommen, wo man dann noch was vom Lehrer zu hören bekommt.“ Auch der Präsident der APEP, Claude Schumacher, stört sich an der einzelnen Sportstunde. „Da haben die Schüler nicht einmal die Möglichkeit, kurz unter die Dusche zu springen, sondern müssen gleich verschwitzt zur nächsten Stunde. Das ist Sport zum Abgewöhnen.“ Solange es bei einer Stunde pro Woche bleibt, wäre es für Tosseng sinnvoller, alle zwei Wochen eine Doppelstunde einzuplanen.
Mobbing-Risiko
Neben den Themen Zeit und Platz, bei denen sich Schüler und Lehrer zum großen Teil einig sind, haben die Schüler noch ein paar weitere Kritikpunkte. So zum Beispiel bei der Bewertung durch die Lehrer. „Bei unserer Umfrage haben wir relativ oft zu hören bekommen, dass die Schüler bei einigen Lehrern den Eindruck haben, dass sie zu sehr das sportliche Talent bewerten“, sagt Tosseng. Dabei sollten doch vielmehr die Motivation und der Fortschritt der Schüler benotet werden. Die wenigen Sportstunden sind der CNEL zufolge ebenfalls ein Problem bei der Bewertung. „Wenn bis zu 30 Schüler während 30 Minuten Sport treiben, da kann ein Lehrer allein ja nicht genügend Zeit haben, um sich mit jedem Schüler auseinanderzusetzen.“
Die CNEL sieht aber ein weiteres, sehr ernstes Problem im Sportunterricht: Mobbing. „Der Sportunterricht kann sehr schnell zur Belastung werden. Schüler, die sportlich vielleicht nicht so talentiert sind, müssen oftmals dumme Sprüche der Klassenkameraden ertragen.“ Es komme auch vor, dass Schüler sich nicht wohlfühlen, sich der Klasse in Badeklamotten zu zeigen, weil sie Angst vor der Reaktion der Mitschüler hätten. Dass der Sportunterricht anfällig für Mobbing sei, dürfe man nicht unterschätzen, so Tosseng.
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