/ „Big Points“ für den Underdog: Amicale Steinsel überrascht die Liga
Vor der Saison als Absteiger gehandelt, überrascht die Amicale Steinsel zurzeit die Liga. Dabei hat das Team um den neuen Kapitän Yann Wolff einen weiteren Umbruch hinter sich.
Der bittere Saisonauftakt gegen die Arantia Fels, bei dem man eine 17-Punkte-Führung leichtfertig aus der Hand gab und sich schlussendlich mit 86:90 geschlagen geben musste, ist bei der Amicale Steinsel vergessen. In den letzten beiden Wochen beeindruckte das Team um Yann Wolff die luxemburgische Basketballwelt mit zwei Siegen gegen den Racing (74:63) und bei den Musel Pikes (91:82) und steht damit in der Tabelle zurzeit auf dem dritten Rang. Eine Platzierung, die kaum jemand der Mannschaft, die im zweiten Jahr in Folge einen größeren Umbruch zu verkraften hatte, zugetraut hatte.
Allen Grund für den Kapitän also, bei bester Laune zu sein. Inzwischen gewinnt Wolff der Auftaktpleite sogar etwas Positives ab: „Für uns war sie sicherlich eine wichtige Lektion. In der ersten Halbzeit hat das Team gezeigt, was es richtig gut kann, in der zweiten Halbzeit dann aber auch, wie man keinesfalls auftreten soll. Ich bin mir inzwischen sicher, hätten wir dieses Spiel noch nach Hause geschaukelt, hätten wir eine Woche später wohl eher nicht den Racing geschlagen.“ Ein Sieg, den man im Steinseler Lager als „Big Point“ im Kampf um die Titelgruppe ansieht, genau wie den Erfolg an der Mosel, wo sich viele Teams bekanntlich sehr schwer tun: „Inzwischen ist es mir wirklich lieber so. Für uns ist es jedenfalls der perfekte Saisonstart.“
Kompletter Kaderumbruch
Die aktuelle Lage überrascht noch mehr, da mit Jo Hoeser, Jonas Theisen und eben Yann Wolff nur noch drei Spieler aus dem Kader des ehemaligen Serienmeisters übrig geblieben sind. Drei Spieler, die sich in den Erfolgsjahren gedulden mussten und die Rolle des klassischen Reservespielers innehatten. Wolff stieß zudem erst zur Saison 2017/18 zum Team hinzu, zwei Jahre später avancierte er nun zum Kapitän: „Um ehrlich zu sein, wollte ich die Rolle nicht unbedingt haben. Doch langsam gewöhne ich mich daran, aktiver sein zu müssen und auch für das Team zu sprechen und es in der Öffentlichkeit zu vertreten. Aus rein sportlicher Sicht habe ich auf dem Parkett zudem genug Hilfe.“
Ansonsten gilt es bei der Amicale, nach und nach die Jugendspieler ans Team heranzuführen, die meisten befinden sich dabei erst in ihrem ersten Espoir-Jahr. „Ich will nicht sagen, dass es kleine Jungs sind, aber sie sind noch sehr jung und bemerken auch den Niveauunterschied. Man kann nicht erwarten, dass sie auf Anhieb viel Einsatzzeit erhalten. Doch wenn sie dran bleiben, dann können sie im Verlauf der Saison auch wichtige Minuten auf dem Parkett ergattern, irgendwann wird dies auch sicher nötig sein.“
Neuzugänge schlagen ein
Bisher setzt man bei der Amicale nämlich auf eine extrem kleine Rotation, am Samstag gegen die Musel Pikes kamen sogar überhaupt nur sechs Spieler zum Einsatz. Dass dies auf Dauer schwer werden könnte, dessen ist sich auch der 25-jährige Spielführer bewusst: „Bisher hatten wir Glück mit persönlichen Fehlern und größeren Verletzungen, doch eine Saison ist lang und ein Ausfall wird nicht so einfach zu kompensieren sein. Die kleine Rotation könnte uns in dem einen oder anderen Spiel durchaus das Genick brechen.“
Da kommt es gut, dass die Neuzugänge bisher vollends eingeschlagen haben. Nach einer fast schon katastrophalen Vorbereitung, mit deutlichen Niederlagen gegen Zweitligisten, reagierte man im „Erdbeerdorf“ frühzeitig und verpflichtete mit Chris Kendrix noch vor dem ersten Spieltag einen neuen ausländischen Profi. Der US-Amerikaner und sein in der Zwischensaison ebenfalls neu engagierter Landsmann Jett Speelman harmonieren immer besser und zeigen sich bisher ausgesprochen mannschaftsdienlich.
Gute Stimmung innerhalb der Mannschaft
Auch Max Schmit, der sich einen Traum verwirklichte, indem er von den Kordall Steelers noch einmal zu seinem Jugendverein wechselte, erweist sich als wichtige Verstärkung, der die Mannschaft auf der Spielmacherposition anführen kann: „Max und Jo Hoeser gehören für mich bisher zu den zwei stärksten Luxemburger Spielern der Saison. Kaum einer konnte so konstante Leistungen abrufen“, schwärmt Wolff von seinen beiden Teamkollegen. In der Tat steht Hoeser in der Liste der Punktelieferanten mit einem Schnitt von 20 an der Spitze, Schmit gehört unterdessen mit seinem Durchschnitt von fünf Assists zu den Top drei der Liga.
Die Stimmung scheint jedenfalls exzellent, wie Wolff auch bestätigt: „Es macht zurzeit richtig Spaß, auf dem Parkett zu stehen.“ Einen extra Schub Motivation gab der Amicale dann auch noch die Tatsache, dass sie im Vorfeld der Saison oft als möglicher Abstiegskandidat gehandelt wurde, wie der ehemalige Ettelbrücker erklärt: „Ich weiß, dass die Musel Pikes uns als Absteiger getippt haben, in einem solchen Fall will man es einem dann natürlich auch zeigen. Ich denke, viele haben uns unterschätzt, nach der Niederlage gegen die Arantia vielleicht noch mehr. Obwohl ich sie stärker einschätze als vielleicht viele andere. Wir haben sicherlich auch von diesem Außenseiterstatus profitiert, doch inzwischen haben die Teams wohl gemerkt, dass sie uns nicht unterschätzen dürfen.“
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