Leichtathletik / Bob Bertemes: Wasserträger, Physiotherapeut und Mittelstreckenläufer
Celtic-Mittelstreckenläufer Bob Bertemes hat letzten Montag seine Bachelor-Arbeit eingereicht: Der FLA-Athlet widmete sich in den vergangenen Wochen aber nicht nur seiner wissenschaftlichen Recherche über physiotherapeutisches Taping, sondern ebenfalls dem harten Training auf Asphalt. Beim Saisonauftakt auf Tartan in Regensburg (D) sprang gestern eine neue Bestzeit heraus.
Die neue Bestzeit sei zwar deutlich, aber noch ausbaufähig: Bob Bertemes weiß ganz genau, welche Fehler ihm bei seiner Premiere unter Wettbewerbsbedingungen auf den 5.000 Metern unterlaufen sind. „Es war nicht ideal, dass ich nach 400 Metern vorne laufen musste, statt mich ziehen zu lassen.“ Anvisiert waren eigentlich 69 Sekunden pro Runde, stattdessen wurden es durch die Führungsarbeit zwei mehr. „Das sind dann die 12 Sekunden, die den Unterschied machen.“ Die 14:29,27 Minuten sind aufgrund der Verletzungspause, die sich in die Vorbereitung eingeschlichen hatte, trotzdem keine Enttäuschung für den Celtic-Läufer. Das Ziel ist es nach wie vor, früher oder später eine 14:15 zu laufen, was gleichbedeutend mit der drittschnellsten nationalen Zeit auf dieser Strecke wäre.
Im Hinterkopf schwirren aber noch weitere Pläne bei der Karrieregestaltung herum. Der zweifache Halbmarathon-Landesmeister (2018 und 2019) will irgendwann „den mythischen Marathon“ in Boston laufen. „Nicht aus Spaß, sondern als Wettbewerb.“ Immerhin hat der 26-Jährige „noch hoffentlich mindestens zehn Jahre vor sich“. Die halbe Distanz hat zumindest vor zwei Jahren für einen sehr großen Motivationsschub gesorgt. Sieben Monate lang durfte Bertemes 2018 verletzungsbedingt keine Rennen bestreiten. Drei Monate lang trug er einen Stiefel als Gips-Ersatz und quälte sich beim Physiotherapeuten zur alten Form zurück. Obwohl Trainerin Maria Paczos nicht wirklich begeistert von dieser Idee eines Comebacks war, schmiedeten beide den gemeinsamen Plan. Aus den anvisierten 73 Minuten auf den 21,1 Kilometern wurden stärkere 70:03 und der erste Titel. „Das war mein schönster und emotionalster Moment, als mir anderthalb Kilometer vor dem Ziel bewusst wurde, dass ich es schaffen würde“, erinnert er sich.
„Ein anderes Gefühl“
Nicht so berauschend läuft es dagegen im Cross – einer der Disziplinen, die für Bertemes lediglich als „harte Trainingseinheiten“ dienen. „Ich gehöre zum Läufertyp, der von langen Schritten profitiert. Beim Cross muss man Pfützen oder ähnlichem ausweichen und die Schrittlänge variiert. Je technischer der Parcours, umso schlechter mein Abschneiden.“ Umso größer war nach dem Ende der Quarantäne allerdings das Glücksgefühl, wieder auf Tartanbahnen laufen zu dürfen. Da in Diekirch Umbauten an der Piste durchgeführt wurden, stellte der Nachbar CAPA Ettelbrück seine Anlagen zur Verfügung. „Es ist einfach ein komplett anderes Gefühl. Ich muss mich auf der Straße einfach mehr quälen. Durch das Ausdauertraining bin ich stärker aus dem Lockdown rausgekommen. Die Bahn dagegen ist perfekt flach, es rollt einfach gut und die Pace ist leichter zu halten.“
Die Corona-Krise hat auch die Athleten zum Umplanen gezwungen. „Während des Lockdowns haben uns die Celtic-Verantwortlichen die Schlüssel zukommen lassen, damit Vera (Hoffmann) und ich uns Hürden und Hantelstangen abholen konnten.“ Die FLA-Athletin verbrachte die gesamte Quarantäne in den vier Wänden ihres Freundes – oder auf den nahe gelegenen Lauf- und Waldwegen. Trainerin Paczos hat in dieser Zeit versucht, die Trainingseinheiten des Paares anzupassen: „Wenn sie einen schnelleren Lauf absolvieren musste und bei mir regeneratives Laufen anstand, haben wir das zusammen gemacht.“ Im Normalfall läuft Bertemes pro Kilometer etwa 25 Sekunden schneller als seine Freundin. In der Regel kommen jede Woche in den elf oder zwölf Einheiten bis zu 110 Kilometer zusammen, während eines Trainingslagers sogar 20 mehr. „In den wettkampfspezifischen Wochen vor einem Lauf wird die Intensität gesteigert und das Volumen gesenkt“, fügt Bertemes hinzu. „Aber ich laufe ja nicht nur. Unsere Trainerin bildet uns nicht zu Läufern, sondern zu Athleten aus.“ Heißt übersetzt: Stabilisationstraining, Hürdentechnik, Bergläufe oder Stretching-Einheiten gehören ebenso zur Normalität.
Unsere Trainerin bildet uns nicht zu Läufern, sondern zu Athleten aus
Inwiefern das ganze Trainingspensum in sein Berufsleben passt, wird die Zukunft zeigen. Nach mehreren Ausbildungswochen begibt sich der Sportler in den nächsten Wochen auf Jobsuche. „Meine Bachelor-Arbeit handelt vom Effekt des Tapings auf die Achillessehne – ein Thema, das also auf das Laufen zurückzuführen ist.“ Mit dem Resultat der Jury rechnet er im August. „Danach sehe ich dann selbst, wie viele Stunden wöchentlich drin sind, um den besten Mittelweg zwischen Sport und Berufswelt zu finden.“ Von diesem Fachwissen haben einige Kollegen logischerweise bereits profitiert. Er selbst ist nicht immer begeistert davon, zu wissen, warum es bei ihm selbst gerade irgendwo schmerzt. „Es ist Fluch und Segen zugleich, wenn man eigentlich weiß, warum es in der Wade zwickt. Bei den anderen Athleten versuche ich das aber zu begrenzen. Ich konzentriere mich dann nur auf das Training und will als Sportler angesehen werden, nicht als Physiotherapeut.“
Das könne sich aber in zehn Jahren, nach dem Boston-Marathon, anders anhören, fügte er lachend hinzu – um blitzschnell wieder zur Realität zurückzukehren. Während in Regensburg ein Sturm über die Läufer hinwegzog, rief die Pflicht: „Ich werde jetzt erst einmal nachfragen, wann die Frauen starten. Wenn es so weit ist, passe ich auf ihre Taschen auf. Ich bin heute der Wasserträger.“
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