Sportwissenschaft-Serie / Citius, Altius, Fortius (I): Wie kann man sich mit 58 noch für Olympia qualifizieren?
11.000 Athleten kämpfen bei Olympia um Medaillen. Auf der Jagd nach Edelmetall und Rekorden wird nichts dem Zufall überlassen. In den vergangenen Jahren hat die Sportwissenschaft einen immer wichtigeren Platz im Hochleistungssport eingenommen. Während Olympia werden die Sportwissenschaftler Eric Besenius und Frédéric Margue vom „Luxembourg Institute for High Performance in Sports“ (LIHPS) einige wissenschaftliche Aspekte des Sports für das Tageblatt beleuchten. Im ersten Teil geht es um die außergewöhnliche Leistung der Tischtennisspielerin Ni Xia Lian und die Frage, wie es möglich ist, mit 58 Jahren noch an Olympia teilzunehmen.
„Sie ist einfach ein Phänomen“, stellt Frédéric Margue gleich zu Beginn fest. Mit 58 Jahren ist Ni Xia Lian die älteste Tischtennisspielerin, die je an Olympischen Spielen teilgenommen hat. Die gebürtige Chinesin kompensiere sehr viel durch ihre riesige Erfahrung und gute Technik. Dennoch findet der Sportwissenschaftler die Leistung der 58-Jährigen aus zwei Gründen erstaunlich. Zum einen, weil sie sich seit so vielen Jahren auf dem Niveau hält, zum anderen, weil es sich um eine Sportart handelt, bei der es doch sehr viel auf Schnelligkeit ankommt. Und die nimmt eigentlich mit zunehmendem Alter immer weiter ab, auch wenn man grundsätzlich alle sportlichen Fähigkeiten auch im höheren Alter noch trainieren kann. „Vor allem die Ausdauer baut man erst später und viel langsamer ab“, erklärt Eric Besenius. Bei der Schnelligkeit sei es allerdings so, dass die schon mit 24 oder 25 Jahren abnimmt.
Neben dem generellen Abbau der Muskelmasse und ihrer Versorgung im Alter, liegt dies auch daran, dass die Motoneuronen, die die Muskeln ansteuern, abbauen. Motoneuronen sind Nervenzellen, die die Grundlage für die Kontraktion der Muskeln bilden. „Durch permanentes Training können sich diese Neuronen allerdings bündeln, sodass ein Neuron mehrere Muskeln ansteuern kann“, so Besenius. Der Nachteil sei allerdings, dass man dadurch komplexe Bewegungen weniger gut hinbekomme. Durch intensives Training kann der Abbau der Motoneuronen zwar verlangsamt werden, aufhalten lässt sich dieser Prozess allerdings nicht.
Regeneration und Kopfsache
Der Trainingsaufwand, um körperlich fit zu bleiben, nimmt also zu. Gleichzeitig braucht der Körper länger, um sich zu erholen. Nicht zu unterschätzen sei auch der mentale Faktor, um im Alter noch wettbewerbsfähig zu sein. Schließlich nimmt der Aufwand mit zunehmendem Alter nicht gerade ab. „Da kommt sehr vieles zusammen. Man muss ja auch erst einmal die körperlichen Voraussetzungen mitbringen, um so lange aktiv zu sein, sprich von schweren Verletzungen verschont bleiben und keine größeren Verschleißerscheinungen aufweisen“, so Margue.
Wenn man vom Leistungssport absieht und eher in Richtung körperliche Betätigung geht, raten beide Wissenschaftler dazu, auch im Alter – aber nicht nur – aktiv zu sein. Ganz gleich, welche Sportart man ausüben wolle, sie sei höchstwahrscheinlich gesünder und billiger als viele teure Nahrungsergänzungsmittel oder Medikamente gegen kardiovaskuläre Erkrankungen, wie zum Beispiel Bluthochdruck, Typ 2 Diabetes, Herzinfarkt oder auch verschiedene Krebserkrankungen oder Osteoporose.
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