Motorsport / Clowns, Wahnsinn - und großer Sport: Die Formel 1 zurück in Las Vegas
Die Formel 1 kehrt zurück nach Las Vegas und könnte dort Max Verstappen zum Weltmeister krönen – bislang ist die noch frische Beziehung zwischen Stadt und Rennserie aber eher eine Hass-Liebe.
Vor ziemlich genau einem Jahr stand Max Verstappen mit gefrorenem Lächeln auf einer Hebebühne in Las Vegas. Neonlichter flackerten, Bässe wummerten, der Weltmeister der Formel 1 wurde langsam aufwärts befördert – und wäre dabei am liebsten im Boden versunken. „Wie ein Clown“ sei er sich vorgekommen, ließ Verstappen später wissen, „99 Prozent Show und 1 Prozent Sport“, das sei dieser neue Grand Prix für ihn. Es war ein schwieriger Start für die vermeintlich „größte Show der Welt“.
Am Wochenende kehrt die Formel 1 nun zurück nach Las Vegas, ausgerechnet in dieser aufregenden, anstrengenden Stadt kann Verstappen sich erneut zum Weltmeister krönen. Und dann? „Dann werden wir etwas aus dem Hut zaubern“, sagt Renee Wilm, CEO des Vegas-Grand-Prix, im Gespräch mit Motorsport.com, es gebe dafür keinen besseren Ort auf der Welt. Dieses Event sei eben „die perfekte Ehe von Speed und Glamour“.
Viel muss Verstappen nicht tun, um schon nach dem Rennen über den hell erleuchteten Strip am Sonntagmorgen luxemburgischer Zeit zum vierten Mal als Weltmeister festzustehen. Kommt er in seinem Red Bull vor Lando Norris im McLaren ins Ziel, dann ist alles klar, dann kann die Party beginnen. Und vielleicht hilft ein solcher sportlicher Höhepunkt ja der noch frischen Beziehung zwischen Stadt und Rennserie – bislang nämlich ist es auf vielen Ebenen eher eine Hass-Liebe.
Verstappen steht durchaus exemplarisch für diese Zerrissenheit. Vor der Premiere im vergangenen Jahr war er der Wortführer zahlreicher Kritiker, mehrfach ließ er wissen: In Las Vegas versündigt sich die Formel 1 endgültig, das Drumherum wirke wichtiger als der Sport, „wenn es nach mir geht, können wir das lassen“. So ging das damals tagelang, weitere Fahrer äußerten sich ähnlich – das Rennen, das ja angeblich nur Beiwerk war, schönte dann aber den Gesamteindruck ganz entscheidend.
Eintönige Strecke
Die auf den ersten Blick eintönige Strecke vorbei an den glitzernden Casinos wurde zur Bühne für den spannendsten Grand Prix des Jahres. Die sehr langen Geraden und harten Bremspunkte sorgten für insgesamt 99 Überholmanöver, der Kampf um den Sieg entschied sich erst in den letzten Kurven.
„Ich will nicht negativ sein“, sagte Verstappen nun am Mittwoch in Las Vegas, „ich verstehe ja, warum wir hier sind.“ Und das Rennen 2023 sei „großartig“ gewesen.
Der Sport mochte den Standort dann also doch irgendwie, und die Macher in Las Vegas freuten sich über spektakuläre, werbewirksame TV-Bilder. Wer sich allerdings in der Stadt umhörte, der stellte fest: Wer nicht unmittelbar von dem Rennen profitierte, der war froh, dass es endlich vorbei war.
„Dieses ganze Formel-1-Experiment war ein Wahnsinn höchsten Grades“, kommentierte das Las Vegas Review-Journal, die größte ansässige Tageszeitung. Der monatelange Aufbau sei ein „Durcheinander, ein absoluter Albtraum“ gewesen. Die 6,2 Kilometer lange Rennstrecke muss ab den Sommermonaten vorbereitet werden, der Abbau dauert dann bis Weihnachten – und das läuft nun in einer gefühlten Endlosschleife: Bis mindestens 2032 kommt die Königsklasse nach Las Vegas.
Ob ein bisschen Motorsport all diesen Aufwand rechtfertige, fragte das Review-Journal daher – für echte Akzeptanz in der Stadt muss die Formel 1 wohl noch eine Weile kämpfen. Eine große WM-Entscheidung am Sonntag könnte zumindest helfen.
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