Ein Team auf und neben der Strecke / Das Ehepaar Lea Mauer und Gary Hauser fährt gemeinsam Rennen
Lea Mauer und Gary Hauser sind nicht nur privat ein Team, sondern auch auf der Rennstrecke. Das Ehepaar teilt sich ein Cockpit und nimmt gemeinsam an Rennen teil.
„Eigentlich habe ich mich nie viel für Motorsport interessiert“, beginnt Lea Mauer mit der Erzählung ihrer ungewöhnlichen Geschichte. Es ist eine Aussage, die genauso erstaunlich wie unglaublich klingt, denn die 25-Jährige steht in der Werkstatt von „Racing Experience“ in Wormeldingen gleich neben dem Rennwagen, den sie mittlerweile selbst steuert, als sie von ihrem Einstieg ins Renngeschehen erzählt.
Die Begeisterung für den Autosport entdeckte sie erst vor ein paar Jahren, als sie Rennfahrer Gary Hauser kennenlernte und die beiden ein Paar wurden. Die Familie des 30-Jährigen ist seit jeher im Motorsport aktiv. Sei es Gary selbst, Vater Christian oder Bruder David – alle fühlen sich auf vier Rädern zu Hause.
Von der Leidenschaft wurde dann auch Lea schnell angesteckt. Sie begleitete Gary an die Strecken und als bei einem Rennen Not am Mann war, bekam sie irgendwann eine Aufgabe zugeteilt. „Ich stand plötzlich in voller Montur beim Boxenstopp und sollte einen USB-Stick wechseln. Da war ich auf einmal mittendrin.“ Wenig später wurde es im Michelin Le Mans Cup 2020 auf dem Circuit de la Sarthe dann noch konkreter: „Eigentlich hätten in diesem Rennen gar keine Reifen gewechselt werden sollen und es waren wegen Corona auch nicht genug Mechaniker dabei. Dann hat es aber angefangen zu regnen und ich habe gesagt: ‚Ok ich kann das machen.’ Und auf einmal habe ich beim Boxenstopp Reifen gewechselt“, erzählt sie mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
Anfänge im Simulator
Die Begeisterung war nun endgültig entfacht. Gleichzeitig haben sie und Gary sich einen Heimsimulator mit Lenkrad und Pedalen zugelegt. Es war aber nicht der Rennfahrer, der am meisten Zeit vor dem Bildschirm verbrachte, sondern Lea: „Am Anfang habe ich es probiert und sagte nur zu Gary: ‚Wie zum Teufel funktioniert das?’ Ich war dann diejenige, die die ganze Zeit davor saß. Und es wurde immer besser.“
Bis dahin saß sie aber noch nie in einem richtigen Rennwagen, hat aber zusammen mit Gary an Langstrecken-Kartrennen teilgenommen. „Wir sind ein Sechs-Stunden-Rennen gefahren und es lief gar nicht mal so schlecht“, erzählt sie. Die Rundenzeiten der beiden waren nahezu identisch und der gemeinsame Spaß auf der Strecke wurde immer größer. „Es war schon toll, zusammen Kart zu fahren, dann wollten wir auch zusammen Auto fahren und haben immer weiter darauf hingearbeitet“, erinnert sich Gary und wird sofort von seiner Partnerin ergänzt: „Irgendwann habe ich nur noch genervt und gesagt, dass ich nur noch fahren will.“
Zu dem Zeitpunkt war Christian Hauser, der das Racing-Experience-Team sowie dessen Werkstatt, in der Rennwagen vorbereitet und neuerdings auch Oldtimer restauriert werden, leitet, auf Fahrersuche. Daraufhin scherzte Lea, die inzwischen eine Lizenz in Deutschland erworben hatte, dann immer: „Ich weiß gar nicht, wo das Problem ist, ich bin ja da.“
Knackpunkt waren schlussendlich Testfahrten Anfang 2022 im französischen Chambley. Nach monatelanger Vorbereitung im Simulator saß Lea dort erstmals hinter dem Steuer eines richtigen Rennwagens – und zwar gleich im LMP3-Duqueine des Familienteams. „Da wurde mir bewusst, dass man bei einem Fahrfehler nicht wie im Simulator einfach Escape drücken kann und man steht wieder auf der Strecke und das Auto ist wieder ganz“, so ihre Gedanken vor der ersten Ausfahrt, die sie dann aber souverän meisterte.
Erfahrung sammeln
„In Chambley haben wir schon sehr viele Fahrer getestet. Es geht nicht darum, eine schnelle Rundenzeit zu fahren, sondern über mehrere Runden konstant schnell zu sein“, erklärt Christian, der nach dem Testtag sein OK für mehr gab: „Wir haben sie genau beobachtet und gesagt, dass wir es mit ihr versuchen können. Das Basistalent ist da, das Einzige, was halt fehlt, ist die Erfahrung. Und die bekommt man nur, wenn man fährt.“
Dazu gehört auch das physische Training, um den G-Kräften standzuhalten. „Von den Abläufen her war es nah am Simulator. Es kommen aber andere Sachen dazu. Beim Bremsen ist mein Kopf immer nach vorne genickt. Ich hatte am Tag danach extremen Muskelkater im Nacken“, erklärt Lea die Herausforderung.
Während Gary im professionellen „ADAC Prototype Cup“ startet und sich dort das Cockpit mit dem Deutschen Sebastian von Gartzen teilt, suchte das Team nach einer zweiten Serie, in der Lea erste Rennerfahrung sammeln kann: Die Wahl fiel auf den „GT & Prototype Challenge“. „Da fahren 30 Autos mit, von denen viele langsamer sind. Es geht darum, den Verkehr zu meistern, Erfahrung zu sammeln und die Zielflagge zu sehen. Das Klassement ist dabei egal“, erklärt Christian. „Wir haben diese Meisterschaft ausgesucht, weil wir uns da keinen Druck machen müssen. Es geht nicht darum, Resultate einzufahren. Es ist mehr wie ein Training unter Rennbedingungen“, fügt Gary hinzu: „Wir arbeiten uns langsam heran.“
Ernst wurde es dann am 13. Mai – am Hockenheimring stand das erste Saisonevent an. An ihre erste Ausfahrt im Training erinnert sich Lea genau. Sie musste sich erst einmal einen Überblick in dem vollen Fahrerfeld verschaffen: „Ich bin aus der Boxengasse rausgefahren und dachte, ok, hier ist ein Auto, da ist ein Auto, und musste erst mal mit dem Verkehr klarkommen. Das war schon komisch.“
Nervosität im Rennen
Und auch den Tag danach wird sie so schnell nicht vergessen. Gary startete das Rennen als Zweiter, übernahm aber gleich am Anfang die Führung und verteidigte diese bis zum Fahrerwechsel. Nach 30 Minuten Rennzeit war es dann so weit. Gary kletterte beim Boxenstopp aus dem engen Cockpit heraus, Lea sprang hinein, legte die Gurte an, die Tür wurde geschlossen und sie fuhr als Führende aus der Boxengasse zurück auf die Strecke. „Da sah ich das Schild ‚Safety Car’. Und dann dachte ich mir: Safety-Car – was muss ich da überhaupt machen? Ich hatte alles vergessen, was ich vorher gesehen hatte.“
„Das ist die Sache mit der Erfahrung. Irgendwann überlegt man nicht mehr und man macht die Sachen automatisch“, erklärt Gary, der nervös von außen mitfieberte. „Es war auch ein komisches Gefühl für mich. Man ist ruhiger, wenn man selbst fährt, als wenn der Partner fährt. Wenn man selbst am Steuer sitzt, hat man immer das Gefühl, dass man weiß, was man macht. Beim Zuschauen ist das anders“, gibt er lachend zu. Und da war er nicht der Einzige. Seine Mutter Karin meint: „Früher hatte ich mit Gary und David zwei, um die ich mir Sorgen machen musste, jetzt kommt noch eine dazu.“
Und Leas Mutter? Sie schaute sich das Rennen von der Tribüne an. „Meiner Mama wäre es schon lieber, wenn ich Yoga machen würde“, scherzt sie: „Nein, im Ernst, ich mache auch Musik und spiele Gitarre. Das findet sie besser, weil das weniger gefährlich ist.“
Die anfängliche Nervosität im Rennen hatte Lea dann aber schnell im Griff, „Ich holte das Safety-Car ein und bin die restlichen 25 Minuten zu Ende gefahren. Und da war ich froh, dass ich ankam, ohne dass etwas passiert ist.“ Am Ende belegte das Duo den sechsten Gesamtplatz, konnte aber mit dem Klassensieg gleich im ersten gemeinsamen Rennen aufs Podium steigen. Mit dem Ausgang war das Ehepaar zufrieden, aber „es ist noch Luft nach oben“, meint Lea vor dem zweiten Rennen an diesem Wochenende in Zolder.
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