Affäre Sarah De Nutte / Das perfide System der FLTT-Führung: Neue Tageblatt-Informationen belasten Präsident Hartmann
Die Affäre rund um den Olympia-Eklat von Sarah De Nutte kommt nicht zur Ruhe: Neue Tageblatt-Informationen belasten dabei die FLTT um Präsident André Hartmann. Dieser soll sowohl bei der Armee, dem Arbeitgeber von De Nutte, als auch beim Sportlycée, Arbeitgeber der ehemaligen Tischtennis-Nationalspielerin Danielle Konsbruck, vorstellig geworden sein.
Es ist der nächste Akt in der Affäre zwischen Sarah De Nutte und der FLTT: Tageblatt-Informationen nach hat sich FLTT-Präsident André Hartmann in einem Gespräch mit Yann Schneider, „Directeur adjoint“ des Sportlycée, über Danielle Konsbruck beschwert, die vor kurzem den Brief zur Unterstützung von Sarah De Nutte unterschrieben hat.
Zur Erinnerung: Am 16. November hatten 35 ehemalige und aktive Sportler aus Luxemburg einen Brief unterzeichnet, in dem sie der FLTT vorwarfen, „keine Kritik, keine eigene Meinung und keine Verbesserungsvorschläge“ zuzulassen. Mit 25 Unterzeichnern, die aus der Tischtennis-Szene kamen, stellt die Sportart die größte Fraktion dar. Neben dem ehemaligen Nationalspieler Eric Glod hatten unter anderem Gilles Michely – und eben auch Konsbruck – den Brief unterschrieben.
Konsbruck arbeitet als Erzieherin am Sportlycée. Gleich drei verschiedene Quellen, die es bevorzugen, anonym zu bleiben, bestätigen dem Tageblatt, dass Hartmann im Gespräch mit Schneider Konsbrucks Unterschrift erwähnte – obwohl diese den Brief als Privatperson unterzeichnete und nicht als Mitarbeiterin des Sportlycée. Um es zusammenzufassen und zu verdeutlichen: Es scheint, dass ein Funktionär einem seiner ehemaligen Schützlinge beruflich schaden will.
Auf Tageblatt-Nachfrage wollte sich Hartmann am Mittwochabend nicht dazu äußern, das Sportlycée bleibt auf Nachfrage neutral. „Wir führen mindestens einmal pro Woche Gespräche mit allen Verbänden“, sagt Schneider. „Ich habe auch mit André Hartmann geredet. Wir haben über Aktualitätsthemen gesprochen.“ Auf weitere Inhalte des Gesprächs könne Schneider nicht eingehen. „Mir ist die Neutralität wichtig. Vor allem klärt man Probleme nicht über die Presse.“
Brief an die Armee, De Nuttes Arbeitgeber
Schneider sagt weiter: „Alle sind sehr verunsichert. Links und rechts hört man Sachen. Die ganze Geschichte ist sehr traurig. Die Nachwuchssportler sind verunsichert und leiden unter der Situation.“ Es sind schwerwiegende Vorwürfe, denen sich Hartmann stellen muss. Doch es wäre nicht das erste Mal, dass die FLTT Druck auf einen Arbeitgeber macht.
Auch die Armee – Arbeitgeber von De Nutte – hat in der Vergangenheit einen Brief von der FLTT erhalten. Laut Tageblatt-Informationen hat Hartmann in diesem Schreiben das Verhalten von De Nutte hinterfragt, das laut ihm nicht angemessen sei. Einen Brief an den Arbeitgeber zu schreiben, ist die eine Sache: Noch fragwürdiger ist das Datum, an dem der Brief die Armee erreicht hat. Als die Armee den Brief erhielt, hatte es noch keine Aussprache zwischen De Nutte und der FLTT gegeben. Diese fand erst am 17. September statt – eineinhalb Monate nach dem Eklat von Paris.
Doch die ganze Herangehensweise im Fall De Nutte ist skurril: Unmittelbar nach ihrem Ausscheiden in der französischen Hauptstadt verbrachte die Olympionikin noch eine Woche in Paris. Zeit für eine Aussprache zwischen ihr und dem Tischtennisverband hat sie – doch die FLTT-Verantwortlichen umgehen diese Diskussion. De Nutte fährt danach für eineinhalb Tage nach Luxemburg, ehe sie in den Urlaub fliegt. Noch vor Urlaubsantritt hat sie mit der FLTT festgehalten, dass sie sich zur Aussprache am 17. September treffen.
Gescheiterte Pressemitteilung
Ohne mit De Nutte gesprochen zu haben, beruft die FLTT am 3. September eine Pressekonferenz ein. Vor Ort reden die FLTT-Verantwortlichen Charles Muller, André Hartmann, Camille Gonderinger und Heinz Thews zur Presse. „Ihre Reaktion hat mich überrascht, weil ich glaube, dass sie sehr gut mit Tommy (Danielsson, d. Red.) zusammengearbeitet hat“, sagte Sportdirektor Thews: „Es wäre unprofessionell gewesen, jemanden einzusetzen, der seit zwei Jahren kein Spiel mehr auf internationalem Niveau gecoacht hat.“ Präsident Hartmann sagte: „Es ist eine delikate Situation, das muss Sarah als Kadermitglied, das den Tischtennissport nach außen repräsentiert, verstehen. Dass individuelle Wünsche bestehen, ist verständlich, doch es ist kein Wunschkonzert.“ In der Pressekonferenz wurden außerdem Fakten falsch dargelegt: Laut Thews habe Peter Teglas 30 Prozent aller Trainings von De Nutte mitgemacht. Dabei waren es laut Tageblatt-Informationen 93,5 Prozent – Teglas war bei 101 von 108 Trainingseinheiten dabei.
Als die FLTT erfährt, dass De Nutte am 5. September aus dem Urlaub zurückkommt, sucht der Verband das Gespräch mit der Tischtennisspielerin – jeweils nach Trainingseinheiten. Doch De Nutte lehnt diese Art von Gespräch ab. Wenige Tage bevor es zur Aussprache am 17. September kommt, erhält die Armee den besagten Brief.
Am 17. September kommt es dann zum Gespräch zwischen der FLTT und De Nutte. Es ist das erste Aufeinandertreffen nach dem Olympia-Aus. De Nutte hatte vorab angefragt, einen Vertreter vom COSL dabei haben zu wollen, doch das lehnte die FLTT ab. Während des Termins erarbeiteten beide Parteien eine Pressemitteilung, die – so war zumindest der Plan – von beiden unterschrieben werden sollte. In zwei Punkten war das Lager von De Nutte jedoch nicht einverstanden: Zum einen sagte das „Comité Directeur“, dass sie nichts von einer Akkreditierung Teglas’, also einer offiziellen Zutrittsgenehmigung, in den Innenbereich der Halle in Paris gewusst hätten. Ein Punkt, der nicht überprüfbar gewesen ist und den De Nutte deswegen nicht in der Mitteilung haben wollte. Auch, weil die Tischtennisspielerin in diesem Punkt administrativ nicht betroffen war, immerhin war die Akkreditierung eine Sache zwischen der FLTT und dem COSL.
Mehrere Spieler im Streit
Ein zweiter Punkt bezieht sich auf einen Kommentar aus dem Luxemburger Wort mit dem Titel „Sarah De Nutte wurde im Stich gelassen“. Ein Titel – kein Zitat der Olympionikin. Die FLTT forderte, dass De Nutte unterschreiben sollte, diese Worte so nie gewählt zu haben. De Nutte, die diese Worte nie wählte, wollte hingegen in der Pressemitteilung stehen haben, dass sie sich aber nicht gut genug unterstützt gefühlt habe. Damit war wiederum der Verband nicht einverstanden. Drei bis vier Stunden nachdem De Nutte die FLTT von der gescheiterten gemeinsamen Pressemitteilung informierte, wurde sie zum „Comité Directeur extraordinaire“ eingeladen – und erhielt am 16. Oktober einen öffentlichen Tadel der FLTT, woraufhin 34 Sportler und Konsbruck einen offenen Brief zur Unterstützung De Nuttes erstellten. Während De Nutte gegen den Tadel keinen Einspruch einlegte, legte ihr Verein DT Düdelingen wegen Formfehlers Berufung ein.
Das Verhalten der FLTT-Führung wird immer fragwürdiger. Schon in der Vergangenheit haben sich Sportler vom Verband distanziert. Im August 2023 hatte Eric Glod seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft nach Problemen mit dem Verband erklärt. Tageblatt-Informationen nach hat sich auch Ariel Barbosa, die im März 2023 beim 0:3 gegen Serbien ihr Debüt in der Nationalmannschaft gefeiert hatte, nach Meinungsverschiedenheiten mit der FLTT aus dem Nationalteam zurückgezogen.
Mischo reagiert auf parlamentarische Frage
Sportminister Georges Mischo hat am Freitagabend auf eine parlamentarische Anfrage von Marc Baum, die sich auf den Streit zwischen De Nutte und der FLTT bezieht, geantwortet. „Es ist von großer Bedeutung, dass die verschiedenen Interessengruppen im Sportbereich, einschließlich der Athleten,
sich in einem Umfeld bewegen können, das eine freie und respektvolle Meinungsäußerung ermöglicht. Jeder Sportverband ist aufgerufen, seine internen Angelegenheiten im Einklang mit seinen
eigenen Vorschriften zu regeln, wobei sie für einen harmonischen und ausgewogenen Rahmen zu sorgen haben“, schreibt Mischo. Weiter: „Ich weiß von einem anderen Streitfall zwischen der FLTT und einem Spieler.“ Noch während seiner Amtszeit als Sportminister will er beide Parteien zu einem Schlichtungsgespräch zusammenführen.
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