Olympische Spiele / Der Countdown läuft: So bereitet sich Paris auf das Sommerfest vor
In 84 Tagen beginnen die dritten Olympischen Spiele in der französischen Hauptstadt Paris. Wenige Wochen vor der Anreise der besten Sportler der Welt gilt in der „Ville lumière“ höchste Alarmstufe. Warum einige Projekte kurzfristig umgeplant werden mussten – und wieso selbst Korallen ein Thema waren: ein Rück- und Ausblick auf die Spiele der XXXIII. Olympiade.
Eröffnungszeremonie: Sicherheitsbedenken und Rassismusvorwürfe
„Urgence attentat“, also Notlage Attentat. Im März wurden nach den Attentaten in Russland sämtliche Sicherheitsverordnungen wieder auf die höchste Stufe gehoben. Denn die Sorge vor der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele ist groß. Eine erste Konsequenz: Aus der geplanten gigantischen Zeremonie mit 600.000 Menschen entlang der Seine wird nun ein Fest, das sich auf 320.000 Personen begrenzt. Nur wer eines der Gratis-Tickets ergattert hat, darf nach Identitätsüberprüfung auf Einladung zum Event.
Für die Sportler wird die Präsentation der Delegationen spektakulär: Am 26. Juli werden sie im Korso über die Seine schippern und den Zuschauern aus der Ferne zuwinken können. Die Sport- und Olympiaministerin Amélie Oudéa-Castéra bestätigte im März gegenüber der französischen Presse, dass an diesem Abend 45.000 Polizisten, Gendarmen, Soldaten und 20.000 private Sicherheitsleute dafür sorgen werden, dass ausschließlich geladene Gäste Zugang zu den Flussufern haben werden. Rund 100 Tage vor der Feier hat Präsident Emmanuel Macron allerdings nicht ausgeschlossen, dass bei zu hohen Risiken auf einen der beiden Notfallpläne im kleineren Rahmen zurückgegriffen werden müsste: einmal in der Nähe des Eiffelturms (Trocadéro, ohne Durchlauf der Athleten) bis hin zu einer kleineren Feier im Stade de France (Plan C). Wie es vonseiten des Elysée hieß, bleibt eine Austragung auf der Seine aber nach wie vor das Ziel.
Übrigens wird bereits ab Juni mit den Vorbereitungen begonnen: Einige bekannte Brücken wie etwa die Hälfte des „Pont de Iéna“ (am Eiffelturm) oder der komplette „Pont du Carrousel“ (Louvre) werden ab dem 1. Juli nicht mehr zugänglich sein. Am 8. Juli kommen weitere Einschränkungen hinzu: Der „Pont de l’Alma“, der „Pont de la Tournelle“ et der „Pont au Change“ werden geschlossen, ebenso eine Woche später dann die drei letzten Passagen: „Pont-Royal“, „Pont d’Arcole“ und „Pont de la Concorde“.
Einen kleinen Skandal hat Frankreich bezüglich des Programms der Zeremonie bereits hinter sich. Am 29. Februar tauchten erste Gerüchte bezüglich der Sängerin Aya Nakamura auf: Sie soll vom Präsidenten höchstpersönlich gebeten worden, bei der Eröffnungszeremonie aufzutreten. Ihr Erfolg gibt ihr Recht: Seit fünf Jahren ist sie die Französin mit den höchsten Streaming-Zahlen weltweit. Die Möglichkeit, sie am 26. Juli singen zu hören, brachten u.a. Marion Maréchal, Eric Zemmour und eine fragwürdige Gruppierung namens „Les Natifs“ auf den Plan. Während die beiden Politiker aus der rechten Ecke in den sozialen Medien wüteten, wurde vom „collectif identitaire“ ein unmissverständliches Plakat ausgerollt: „Y’a pas moyen Aya, ici c’est Paris, pas le marché de Bamako“. Obschon bis heute nicht bekannt ist, ob sie tatsächlich auftreten wird, hat sich das Organisationskomitee öffentlich hinter die Künstlerin gestellt und die Anfeindungen aufs Schärfste verurteilt.
Zwei besonders intensive Tage
Während 16 Tagen steht der Sport in Paris zunächst vom 26. Juli bis zum 11. August an erster Stelle, bevor es dann vom Mittwoch, 28. August bis zum 8. September mit den Paralympischen Spielen weitergeht. Insgesamt werden bei beiden Events fast 15,3 Millionen Besucher erwartet. Das französische Tourismusbüro geht davon aus, dass nur 22 Prozent dieser Menschen im Besitz eines Tickets für einen Sportwettbewerb sind – und demnach 11,8 Millionen bei der Anreise (noch) keine Eintrittskarten besitzen. Die Organisatoren schätzen, dass sowohl am 28. Juli als auch am 2. August mehr als 500.000 Zuschauer in den unterschiedlichen Arenen und Stadien gezählt werden dürften.
Transport: Ein teurer Spaß für Sportfans
Der Aufruhr in der Metropole war groß, als im vergangenen Dezember massive Preiserhöhungen bei den gängigen Transportmöglichkeiten angekündigt worden waren. Während der Olympischen Spiele werden besonders Touristen und angereiste Sportfans zur Kasse gebeten. Einheimische, die ansonsten Einwegtickets benutzen, wurden aufgerufen, sich im Vorfeld der Spiele – also vor der massiven Preiserhöhung – einzudecken. Die Pariser Transport-Behörde begründete ihre Entscheidung mit den enormen Zusatzkosten, da Métro-Linien, Busse und RER-Züge in häufigeren Abständen unterwegs sein werden. So soll die Frequenz der Fahrten durchschnittlich um 15 Prozent erhöht werden. Allein auf der Métro-Linie 9 werden 61 Prozent mehr Züge eingesetzt, um die Besucher vom „Parc des Princes“ nach Roland Garros zu befördern.
Von Rodange nach Paris
Die Luxemburger Sportbegeisterten waren sicherlich enttäuscht, als im März 2023 angekündigt wurde, dass aufgrund von Bauarbeiten an der Brücke in Bettemburg im Sommer keine TGV-Züge nach Paris fahren werden. Diese Einschränkung gilt vom 16. Juli bis zum 11. August – während dieser Zeit zirkulieren überhaupt keine Züge zwischen der Hauptstadt und dem Süden des Landes.
Doch eine Übergangslösung für Olympia-Fans wurde bereits präsentiert: Ein Schnellzug aus Richtung Rodange mit unter anderem Halt in Belval wird täglich zwischen dem 28. Juli und dem 11. August in die „Ville lumière“ fahren. Die Fahrt dauert dann zwar etwas länger, ist aber wohl genauso angenehm …
Die Eintrittskarten für die Sportevents beinhalten derweil keine – wie anfangs angekündigt – kostenlosen Transport-Tickets. Eine simple Métro-Fahrt kostet zwischen dem 20. Juli und dem 8. September dann statt 2,15 Euro (Normalpreis) stolze 4 Euro. Das Tagesticket ist auf Maximum von 16 Euro gedeckelt. So würde sich dann eine Woche Aufenthalt auf 112 Euro Transportkosten summieren.
Die Hoffnungen, dass die zusätzlichen 200 Kilometer der Métro-Linien 15, 16 und 17 inklusive der 68 neuen Haltestellen in den Banlieues bis zur Eröffnung fertiggestellt wären, hat Paris bereits 2020 aufgeben müssen. 2026 wurde als neues Stichdatum ausgegeben. Lediglich die Linie 14 wird bis Juni 2024 um mehrere Kilometer verlängert worden sein – und dann zwischen dem Flughafen Orly und Saint-Denis zirkulieren.
Dies allein wird einen zwischenzeitlichen Transport-Kollaps zu Stoßzeiten in der Île-de-France aber wohl nicht verhindern können: Zu den Einheimischen gesellen sich im Sommer täglich mindestens sieben Millionen Touristen und Sportfans. Bei einer Anreise vom Charles-de-Gaulle-Flughafen fällt die geplante Fahrt ins Zentrum mit der nagelneuen Express-Zuglinie (20 Minuten) bis zur voraussichtlichen Fertigstellung in 2027 aus, einzige Option ist das RER-Netz.
Übrigens: Valérie Pécresse, Präsidentin des Regionalrates der Île-de-France, rief die Bürger dazu auf, kleinere Distanzen zu Fuß zurückzulegen oder auf die 20.000 Velib’-Fahrräder zu steigen.
Übernachten in Paris: Airbnb und Co.
Für die Tageblatt-Journalisten begann die Suche nach einer Übergangs-Bleibe in Paris schon vor rund einem Jahr. Mit Preisen bis zu 100.000 Euro (!) wurden damals Wohnungen bei Booking und ähnlichen Anbietern eingestellt. Nutznießer der Spiele sind aber nicht nur Hotels, sondern ebenfalls Privatpersonen. Viele Franzosen werden ihre Wohnungen während Olympia vermieten: Airbnb, Sponsor der Spiele, geht davon aus, dass eine halbe Million Touristen ihre Unterkunft über die Plattform reservieren werden. „Statista“ hat hochgerechnet, dass während der Spiele 877.163 Übernachtungen von Besuchern gezählt werden dürften. Entwarnung auf dem Markt gibt es schon: Die Hotels sind noch nicht ausgebucht und selbst die Preislage scheint sich – den Umständen entsprechend – leicht zu verbessern.
Schwimmen in der Seine: Kommt doch ein Plan B?
Neben der Eröffnungsfeier soll die Seine auch Hauptschauplatz für zwei unterschiedliche Sport-Wettbewerbe sein: Das waren zumindest die großen Hoffnungen des Präsidenten des Organisationskomitees, Tony Estanguet. Sowohl die Freiwasserdisziplinen als auch die Triathleten sollen ihre Spitzenleistungen eigentlich im Fluss untermauern. Ob das allerdings möglich sein wird, steht aufgrund der Verschmutzung des Wassers weiter in den Sternen. Der ehemalige Kanute zeigte sich Anfang April überrascht über die Ergebnisse einer Wasserstudie der NGO „Surfrider Foundation“, die zwischen September und März 14 Proben entnommen hat – und aufgrund der hohen Präsenz von E.Coli-Bakterien zu „alarmierenden Erkenntnissen“ kam. „Mich überrascht es, dass man diese Studie ausgerechnet zu einem Zeitpunkt mitten im Winter durchführt, an dem Flüsse ohnehin keinen Bade-Standards entsprechen“, wurde er u.a. bei France Info zitiert.
Der Kampfname des ambitionierten Projekts, die Seine nach 101 Jahren wieder schwimmtauglich zu machen, wurde als „Plan qualité de l’eau et baignade“ getauft. Die Hälfte der dafür freigesetzten 1,4 Millionen Euro an Investitionen wurden vom Staat abgedeckt, die zweite Hälfte von territorialen Gemeinschaften. Das übergeordnete Ziel, um der Bevölkerung die Pläne schmackhaft zu machen: Nach den Olympischen Spielen sollen alle von der Reinigung des Wassers profitieren können – und die Seine soll ab 2025 zum neuen Badeparadies mitten in der Hauptstadt werden.
Die Pläne, die Weltelite bereits diesen Sommer in den Fluss zu schicken, könnten trotz aktueller Bedenken immer noch aufgehen. Mitspielen muss vor allem das Wetter: Sollte es am Tag vorher oder sogar am Stichtag regnen, würde sich die Wasserqualität unheimlich verschlechtern, da die Kanalisation und Kläranlagen dem Druck nach heftigen Regenschauern nicht standhalten und unbehandeltes, schmutziges Wasser in den Fluss läuft. Zwei Optionen würden dann zur Wahl stehen: die Wettbewerbe kurzfristig verlegen – oder den Triathlon als Duathlon austragen lassen.
Ausquartiert oder falsch bemessen
Tahiti statt Paris: Für die Elite des Surfings geht die Reise im Sommer nach Teahupo’o – ins französische Überseegebiet. Kurzum – die mythische Surfhochburg im Pazifik ist für ihre Monsterwellen bekannt. Das Ganze ging aber nicht ohne Diskussionen über die Bühne, da eine Austragung im vergangenen Herbst sogar zeitweilig auf der Kippe stand. Grund dafür war ein Baustopp eines neuen 14 Meter hohen Turms für Fernsehübertragungen und Wertungsjury. Bei den Arbeiten hatte ein Kran Teile eines Korallenriffs beschädigt. Der Aufschrei und die Empörung waren groß, doch an sämtlichen Plänen wurde nach einer Unterbrechung dann trotzdem festgehalten.
Ebenso fernab des Pariser Trubels werden die Basketball- und Handball-Gruppenspiele in Villeneuve-d’Ascq (nahe Lyon) ausgetragen. Die Fußballspiele finden in zahlreichen Stadien Frankreichs statt: Nantes, St-Etienne, Nice, Lyon, Bordeaux, dem Pariser „Parc des Princes“ sowie dem „Vélodrome“ in Marseille. In der Hafenstadt finden ebenfalls die Segel-Wettbewerbe statt.
Kurioser ist dagegen der Umstand, dass die Schützen ebenfalls 279 Kilometer von der Hauptstadt, nach Châteauroux, umziehen müssen: 2022 stellte das Organisationskomitee fest, dass der geplante Bau eines Schießstands in Seine-Saint-Denis „zu klein“ wäre. Wie es später in L’Equipe hieß, soll es sich immerhin um drei Hektar Fläche gehandelt haben. Um die Gemüter der lokalen Politiker zu beruhigen, die plötzlich mit leeren Händen dastanden, wurden die Vorentscheidungen im Boxen als Entschädigung in die Vorstadt verlegt.
Noch steht nicht fest, ob sich ein Luxemburger Athlet für die Schwimm-Rennen qualifizieren wird. Zumindest wissen aber alle Beteiligten seit Januar, dass der große „Centre aquatique“ mit Platz für 17.000 Zuschauern etwas überschaubarer ausfallen wird. Die Halle in St-Denis wird 5.300 Fans beherbergen können und ist für das Water-Polo-Turnier, die Synchronschwimmer und Turmspringer reserviert. Währenddessen werden die Bahnen-Schwimmer im bestehenden Becken der Défense-Arena in Nanterre um Medaillen konkurrieren.
Panne bei der Generalprobe
Alexis Jandard kannten bis vor wenigen Wochen wohl nur die wenigsten. Der Franzose gehört zum Team der Turmspringer und sollte am 4. April bei der Eröffnung des „Centre aquatique“ in St-Denis mit zwei Kollegen synchron ins Wasser eintauchen. Vor den Augen von Präsident Macron und „ganz Frankreich“, wie der Athlet später in Interviews meinte. Daraus wurde allerdings nicht, denn der ehemalige Turner rutschte aus, knallte mit dem Rücken auf das Brett und fiel dann wenig glamourös ins Becken.
Allerdings bewies er im Anschluss sehr viel Humor: Auf Instagram meldete er sich am gleichen Tag zu Wort und kam mit einem großen Lachen auf den Sturz zurück. Zudem lud er später ein Video hoch, in dem er erklärt, wie man einen Sturz vom Dreimeterbrett am besten einstudieren kann – und warum man sich die Füße dafür zweimal mit „Savon de Marseille“ einreiben muss. Dafür wird er jetzt in den sozialen Medien gefeiert und dürfte bei Olympia einer der nationalen Lieblinge sein.
Kurzfristige Kostenexplosion soll vermieden werden
Wundern tut es niemanden: Die Kosten für die Olympischen Spiele werden höher sein als angekündigt. Was das Team um den Präsidenten des Organisationskomitees, Tony Estanguet, zunächst auf 6,2 Milliarden Euro bezifferte, wird im April 2024 aufgrund von Inflation und einigen Planänderungen auf 8,8 Milliarden Euro geschätzt. Die Hälfte für Bauarbeiten: die Errichtung eines olympischen Dorfes, des „Centre aquatique“ (für 151 Millionen Euro) und einer einzigen nagelneuen Sporthalle, die Arena „Porte de la chapelle“. Dort werden übrigens die Badminton-Spiele sowie die Rhythmische Gymnastik stattfinden und anschließend Para-Badminton und Para-Gewichtheben. Leer stehen wird der Neubau später nicht: Seit der Eröffnung im Februar ist der lokale Basketballverein dort beheimatet, zudem ist die Halle auch für Konzerte nutzbar.
Das Finanzinstitut Astères geht davon aus, dass noch weitere drei Milliarden Euro für die Sicherheit ausgegeben werden. Weiter laut Astères soll das Gesamtbudget 11,8 Milliarden Euro betragen (davon 5,2 Milliarden öffentliche Gelder), wie u.a. Libération berichtete. Insgesamt wären es die dritt-kostengünstigen Spiele seit 1988 – da Paris zu 95 Prozent auf bestehende Sportstätten zurückgreift und auf das Konzept von Langlebigkeit setzt, wie etwa bei der Reinigung der Seine.
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