Noah Scheidweiler / Der Swift-Torwart will die Hierarchie brechen
Der Sommer war turbulent für Noah Scheidweiler. Eigentlich wollte der Torwart in den USA studieren und spielen. Aus diesem Projekt wurde vorerst nichts. Vergangenes Wochenende stand er erstmals zwischen den Pfosten bei seinem neuen Verein Hesperingen und will sich jetzt als neue Nummer eins etablieren. Das Spitzenspiel gegen Déifferdeng 03 (Sonntag, 16.00 Uhr) böte für dieses Vorhaben eine optimale Gelegenheit.
Nach einer starken Saison bei der UN Käerjeng 97 standen Noah Scheidweiler alle Türen offen. Der damals 19-Jährige hatte sich in einem Jahr zu einem der besten Torhüter der BGL Ligue gemausert. Nach dem Abstieg der UNK war klar, dass der Sohn des ehemaligen Tennisspielers Mike Scheidweiler und der RTL-Journalistin Raphaëlle Dickes neue Ufer ansteuern würde.
Er hatte zwei Pläne: entweder in die USA ans College zu gehen und dort Sport mit einem Studium zu kombinieren oder den Sprung ins Profigeschäft zu schaffen. Von der Southern Illinois University Edwardsville bekam er ein Vollstipendium angeboten und hätte in diesem Herbst in der Mid-American Conference antreten können. Doch daraus wurde wegen eines Nachexamens in Volkswirtschaftslehre vorerst nichts. „Alles war für die USA vorbereitet. Leider haben mir 0,24 Punkte gefehlt, um mein Hauptfach zu kompensieren.“ Das Examen wurde mittlerweile nachgeholt und theoretisch könnte der Torwart zu Beginn des nächsten Semesters nach Edwardsville umziehen.
Da es mit dem Sprung ins Ausland nicht klappte und er auch nicht Ehrenpromotion spielen wollte, nahm er Mitte Juli das Angebot aus Hesperingen an. Beim Swift ist Geordan Dupire seit drei Jahren die Nummer eins und einer der Besten seiner Zunft in Luxemburg. Dies hielt Scheidweiler jedoch nicht davon ab, beim Becca-Klub zu unterschreiben. Im Gegenteil: „Er ist der beste Torwart in der BGL Ligue. Die Aussicht, von ihm zu lernen, hat mich davon überzeugt, beim Swift zu unterschreiben“, sagt der 20-Jährige. Aber auch sein neuer Torwarttrainer Luc Duville und die neuen Teamkollegen bewogen ihn zum Wechsel vom familiären Käerjeng ins professionelle Hesperingen. „Im ersten Training war ich nervöser als in Käerjeng. Beim Swift stehen die besten Spieler unter Vertrag. Es ist schon eine Extramotivation, mit Jungs wie Dominik Stolz oder Dejvid Sinani täglich trainieren zu können“, so der Torwart.
An den ersten fünf Spieltagen wurde die Hierarchie zwischen den Pfosten respektiert. Dupire lief als Nummer eins auf und Scheidweiler musste mit der Rolle des Ersatzmanns vorliebnehmen. Am vergangenen Sonntag in Rosport entschied sich Trainer Emmanuel da Costa jedoch dafür, seinem jungen Torwarttalent eine Chance zu geben.
Ein Grund war mit Sicherheit auch die peinliche 0:3-Pleite, die Hesperingen vor der Länderspielpause gegen Aufsteiger Bettemburg erlitten hatte. Mehrere Wechsel mussten her und diese fruchteten. Hesperingen fegte Rosport mit 5:0 vom Platz. Scheidweiler kassierte bei seinem ersten Einsatz kein Gegentor und kommt dadurch mit Sicherheit für einen Startelfeinsatz an diesem Wochenende in Frage. „Ich kenne die Gedanken des Trainers nicht im Detail, ich weiß jedoch, dass er meine Motivation und Präsenz im Training schätzt. Ob ich gegen Déifferdeng 03 im Tor stehen werde, weiß ich jedoch nicht. Sollte dies nicht der Fall sein, wäre es ein weiterer Grund, noch mehr an mir zu arbeiten.“
Dass die Hierarchie ausgerechnet gegen Meister FC Déifferdeng 03 komplett gedreht werden könnte, ist natürlich ein Zufall. Aber: Scheidweiler befand sich in diesem Sommer in fortgeschrittenen Gesprächen mit dem derzeit ungeschlagenen Leader der BGL Ligue: „Wegen meiner USA-Pläne habe ich zu diesem Moment jedem Verein abgesagt. Als sich später herausstellte, dass ich diesen Sommer nicht ans College gehen würde, war Hesperingen noch immer interessiert und deshalb bin ich schlussendlich dorthin gewechselt.“
Die Rolle als Nummer eins bei Hesperingen wäre auch vorteilhaft für seine Zukunft in der FLF-Auswahl. Derzeit ist Scheidweiler Teil der U21-Nationalmannschaft. Selten war bei einer luxemburgischen Jugendauswahl die Konkurrenz zwischen den Torhütern so groß. Mit Eldin Latik (21 Jahre alt, Progrès Niederkorn), Fabian Heck (19, 1. FC Kaiserslautern II/D) und eben Scheidweiler stehen U21-Coach Dan Huet drei Keeper zur Verfügung, die talentiert sind und zudem noch über Gardemaß für diese Position verfügen. „Diese Konstellation sagt einiges über die Entwicklung des Luxemburger Fußballs aus. Wir drei erfreuen uns an dieser Situation und es macht jedes Mal Spaß, in der Nationalmannschaft zusammenzukommen.“
Der 1,92-Meter-Mann will am Sonntag im Spitzenspiel der BGL Ligue gleich zwei wichtige Schritte machen. Scheidweiler will wieder auf dem Platz stehen und seine Position festigen. Durch einen Sieg könnte aber auch der Rückstand auf den Tabellenführer aufgeholt werden. „Differdingen ist eine richtig gute Mannschaft, aber wenn wir so auftreten wie am vergangenen Wochenende gegen Rosport, dann haben wir durchaus Chancen, aus diesem Duell als Sieger hervorzugehen. Ein Sieg muss unser Ziel sein“, so Scheidweiler.
Steckbrief
Name: Noah Scheidweiler
Geboren am 29.8.2004
Position: Torwart
Größe: 1,93 Meter
Bisherige Vereine: Itzig, Eintracht Trier (D), UN Käerjeng 97, Swift Hesperingen (seit 15.7.2024)
Leistungsdaten (insgesamt): 37 BGL-Ligue-Spiele
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