Analyse der Fußball-Länderspiele / Der zweite Anzug sitzt noch nicht
Nach den drei Länderspielen gegen Aserbaidschan (2:1), Serbien (1:4) und Katar (1:1) ist die Bilanz durchaus positiv. Allerdings können die Ergebnisse nicht darüber hinwegtäuschen, dass der zweite Anzug der FLF-Auswahl noch nicht komplett sitzt.
Physis und Personal
„Ich wiederhole es immer wieder. Wir müssen in Bestbesetzung antreten, damit wir gegen die stärkeren europäischen Mannschaften mithalten können.“ Diese Aussage von Luc Holtz trifft mehr als je zuvor zu. Nach dem 2:1-Sieg gegen Aserbaidschan, der einige Kräfte gekostet hatte, musste der Nationaltrainer drei Tage später gegen Serbien (1:4) mit einer fast identischen Mannschaft auflaufen. Die Konsequenz war, dass die Spieler schwere Beine hatten und gegen die Elf vom Balkan chancenlos waren.
Vahid Selimovic, Lars Gerson, Marvin Martins und Vincent Thill, die für einen Stammplatz infrage kommen, waren nämlich nicht dabei und können auch derzeit nicht gleichwertig von Bankspielern ersetzt werden. Holtz traut seiner Reserve derzeit noch nicht so viel zu wie seinen bewährten Kräften. „Es ist halt ein Unterschied, ob man in der Champions League spielt oder in der BGL Ligue“, erklärt Holtz seine Entscheidung.
Eine durchaus logische Schlussfolgerung. Allerdings hat die Vergangenheit auch gezeigt, dass es ohne das Top-Personal geht. Ein prominentes Beispiel dafür ist das 0:0-Unentschieden 2017 in Toulouse. An diesem 3. September standen bei Luxemburg nur vier Profis, aber sieben BGL-Ligue-Spieler in der Startelf.
Doch es ist ein schwieriger Balanceakt. Setzt Holtz nicht auf seine besten Spieler, weil sie schwere Beine haben, kann auch der Fußball nicht umgesetzt werden, den der Nationaltrainer spielen lassen will. Ergebnisse wie das Remis gegen Frankreich mit einer dezimierten Mannschaft bleiben zudem die Ausnahme.
Das Fazit lautet, dass die jungen Talente schnell erwachsen werden müssen und Holtz darauf hoffen muss, dass er immer auf eine maximale Anzahl von gestandenen Profis bauen kann. Nur so kann Luxemburg in Zukunft ausnahmslos jedem Gegner gefährlich werden und den nächsten Schritt in der Entwicklung machen.
Systemfragen
Eine Halbzeit lang versuchte Holtz gegen Serbien das 5-3-2-System anstelle des mittlerweile klassisch-luxemburgischen 4-3-3-Schemas. Gegen Katar lief die FLF-Auswahl von Beginn an in einem 4-2-3-1-System auf – das aber einige Gemeinsamkeiten mit dem 4-3-3 hat. Auch wenn die 5-er Kette in Belgrad nicht funktionierte, ist es trotzdem ein Modell für die Zukunft. Das System war nämlich nicht schuld, sondern die Müdigkeit. In den Testspielen gegen Schottland und Norwegen im vergangenen Juni deutete die Mannschaft nämlich an, dass dieses System Potenzial für die Zukunft bietet. Vor allem, weil Holtz mit Marvin Martins, Laurent Jans, Dirk Carlson und Mica Pinto über vier Außenverteidiger verfügt, die erstens physisch stark genug für diese taktische Variante sind und zweitens sehr gerne einen Ausflug nach vorne wagen.
Die Talente
Was für ein Auftritt von Yvandro Borges bei seiner erstmaligen Nominierung für die Startelf! Gegen Katar deutete der 17-Jährige an, welch großes Potenzial in ihm schlummert. Es ist keine Überraschung, dass er bei Borussia Mönchengladbach zu den größten Talenten seines Jahrgangs zählt. Borges bringt Leichtigkeit, Schnelligkeit und Spielverständnis mit. Er hat die Fähigkeit, Tempo aus dem Spiel rauszunehmen und ein paar Zehntelsekunden später wieder explosiv nach vorne zu stürmen. Außerdem hat er einen Riecher für das richtige Stellungsspiel im gegnerischen Strafraum, wie sein Tor gegen die Katarer zeigte. Borges ist noch jung und steckt noch im Körper eines Kindes. Zudem muss er sich noch an den Herrenfußball herantasten. Es besteht jedoch kein Zweifel daran, dass seine Fähigkeiten in sehr naher Zukunft ein Plus für die Mannschaft von Luc Holtz darstellen werden.
Nicht weniger talentiert ist der 18-jährige Timothée Rupil, der gegen Katar seine zweite Berufung feierte. Der kleingewachsene Mittelfeldspieler verfügt über eine gute Übersicht und bewegt sich elegant und schnell auf engstem Raum. In Mainz ist er in dieser Saison sofort zum Stammspieler in der Regionalliga-Mannschaft herangewachsen – dabei könnte er noch in der A-Jugend zum Einsatz kommen. Rupil könnte einen ähnlichen Weg wie Leandro Barreiro bei den Rheinhessen einschlagen. Der ist mittlerweile Stammspieler in der Bundesliga-Mannschaft und feierte dort sein Debüt mit 19 Jahren. Rupil hat also fast noch ein Jahr Zeit, diesen Sprung zu schaffen.
So geht es weiter
In genau einem Monat (9. Oktober) wird die WM-Qualifikation fortgesetzt. Beim Heimspiel gegen Serbien dürfen laut aktuellem Stand der Dinge wieder nur 2.000 Zuschauer ins Stadion. Das Rückspiel gegen Serbien wird ohne die gesperrten Führungsspieler Gerson Rodrigues und Christopher Martins stattfinden. Vincent Thill wird auch fehlen. Der Mittelfeldspieler beginnt erst wieder im Dezember oder Januar mit dem Mannschaftstraining. Voraussichtlich kann Holtz wieder auf Lars Gerson und Marvin Martins zählen. Das zweite Oktober-Spiel findet auswärts gegen Portugal statt. Den Abschluss der WM-Qualifikation bilden die Vergleiche gegen Aserbaidschan (11. November in Baku) und Irland (14. November im Stade de Luxembourg).
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